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Vom eigenbehörigen Bauern
zum rationellen Landwirt
 











„Fürstliche Münstersche In Vier Theile eingetheilte Eigenthums-Ordnung“
vom 10.5.1770
Quellennachweis
Bild vergrößern und Auszüge
 
Aus: Wolf-Dieter Könenkamp, Der weite Weg vom Holz zu Eisen. Die Modernisierung der westfälischen Landwirtschaft, in: „Zerbrochen sind die Fesseln des Schlendrians“ - Westfalens Aufbruch in die Moderne, hg. von Gisela Weiß in Zusammenarbeit mit Gerd Dethlefs, Münster 2002, S. 166f:


„‚Ist es ausgemacht, dass Dreifelderwirtschaft unter vielen Verhältnissen nichts tauge und eine andere Wirtschaftsart zum Vorteil des Einzelnen und des allgemeinen Besten eingeführt werden müsse, dass mehrere Früchte gebaut und folglich der Grund und Boden, besonders aber die arbeitenden Kräfte zum Wohlstand der Nation höher benutzt werden können, so folge daraus, dass der Ackerbau nur mit freien Händen betrieben werden müsse: denn mit Fronarbeit wird man das nie erreichen!‘

Als Albrecht Daniel Thaer, der große Theoretiker der Landwirtschaft um 1800 und unermüdliche Prediger ihrer Verbesserung, diese Sätze niederschrieb, war in Preußen mit dem Oktoberedikt von 1807, der nachmaligen sogenannten Bauernbefreiung, gerade ein wichtiger Schritt auf einem langen Weg getan. Die Auflösung der persönlichen Abhängigkeit des größten Teils der bäuerlichen Bevölkerung - auch in Westfalen als preußischer Provinz seit 1815 - hatte begonnen. Dieser größte Teil befand sich im 18. Jahrhundert in regional unterschiedlichen Formen der Grundherrschaft (Meierrecht, Leibeigenschaft u.a.) und musste für die Bewirtschaftung des Hofes, der Eigentum des Grundherrn blieb, bestimmte Dienste und Abgaben erbringen. Oder wie es die ‚Fürstlich-Münstersche Eigenthumsordnung‘ von 1770 formulierte: ‚Die Leibeigenschaft ist eine Personaldienstbarkeit, d.h. der Gebrauch eines Hofes ist an die Leistung jährlicher Dienste und Abgaben gebunden.‘ Dabei war die jeweilige Bezeichnung des Abhängigkeitsverhältnisses nicht entscheidend, sondern ‚die Qualität der Abhängigkeit, und diese war schlecht genug‘. Zu den Diensten zählte die Gestellung von Leuten, Pferden, Bodenbearbeitungsgeräten und Fuhrwerk. Art und Umfang der Dienste waren genau festgelegt, und die Grundherren wachten penibel darüber, daß sie regelmäßig und im geforderten Rahmen geleistet wurden. Das galt selbstverständlich ebenso für die Abgaben an Korn, Vieh, Geflügel - kaum ein Produkt, daß nicht als Abgabe dienen konnte. Dazu trat der Zehnt als Natural- oder Geldleistung.

Doch Zehntbestimmungen waren neuerungsfeindlich, weil sie auf ganz bestimmte Feldfrüchte fixiert waren. Art und Umfang der bäuerlichen Produktion waren festgeschrieben, Novationen wurden dennoch abgeschöpft, Kartoffel-, Klee- oder Futterrübenzehnt neu eingeführt. Der revolutionärer Umtriebe unverdächtige Justus Möser bemerkte am Ende des Jahrhunderts durchaus zutreffend zu dieser Zwangslage engagierter Bauern: ‚Sollte der Gutsherr seine Pächte, der Zehntherr seinen Zehnten und der Vogt seine Schatzungen wohl nachgegeben haben, wenn wir ihm erzählt hätten, dass wir neue Versuche gemacht und damit verunglückt wären?‘ - Dabei schadete das Fronsystem selbst der Wirtschaft des Grundherrn. Geradezu sprichwörtlich war die ‚Virtuosität‘ der Dienstleistenden im Langsamarbeiten - verhängnisvoll für die Arbeitsmoral besonders des Gesindes. Natürlich entging auch [dem Agrarreformer] Schwerz dieser Punkt nicht: ‚Der Bauer sieht in dem Dienstberechtigten nur mehr einen verhassten Zwingherrn; und wie diesem gedient wird, ist leicht einzusehen. Es ist höchstens eine halbe Arbeit.‘

Gefangen in der Zwangsjacke der Verhältnisse ist es erklärlich, daß der Landmann bis ins 19. Jahrhundert nicht zu Risiken und Investitionen tendierte, die zur Erneuerung seiner Landwirtschaft nötig gewesen wären. So klingt es fast resigniert, wenn Schwerz - zum wiederholten Mal - feststellt, daß die Abhängigkeit der Bauern für eine gewinnorientierte Landwirtschaft und das Markenwesen für die Viehzucht ‚nicht vortheilhaft‘ seien.“


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