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Mitteilung vom 14.06.18

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Ilva

Ausstellung im LWL-Industriemuseum folgt den eisernen Spuren in der Toskana

Bewertung:

Hattingen (lwl). Die Toskana ist die Wiege der europäischen Eisen- und Stahlproduktion. Über 3000 Jahre wurde hier "Ilva" (etruskisch für "Eisen") hergestellt. Seit den 1960er Jahren befindet sich die Region im Umbruch. 2015 und 2017 haben zwei deutsche Fotografinnen und drei italienische Fotografen Stätten dieses Strukturwandels dokumentiert. Ihre Aufnahmen zeigt der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) vom 17. Juni bis 9. September in seinem Industriemuseum Henrichshütte Hattingen. Die Spannbreite der Motive reicht von ästhetischen Details über die dokumentarische Totale bis hin zu Menschen an ihrem Arbeitsplatz. Manche Aufnahmen sind heute schon Geschichte. Sie zeigen, was war, bevor der Bagger kam.

"Bei der Toskana fallen uns ganz andere Dinge ein als ausgerechnet Hochöfen. Dabei steht die Geschichte der Region seit dem achten vorchristlichen Jahrhundert durch ihre reichen Erzvorkommen und deren Verhüttung auf einem eisernen Fundament", sagte LWL-Kulturdezernentin Dr. Barbara Rüschoff-Parzinger am Donnerstag (14.6.) in Hattingen.
"Nicht nur Kunst und Kultur, sondern auch Eisen und Stahl haben die Landschaft und ihre Menschen geprägt, das macht die Ausstellung sehr deutlich. Und ähnlich wie im Ruhrgebiet ist es jetzt der Niedergang der Branche, den die Region bewältigen muss."

Im toskanischen Piombino ist die Eisenhütte "AFERPI" mit ihren 2.000 Arbeitsplätzen jüngst in die Hände des indischen Konzerns Jindal übergegangen. "Das kommt uns hier in Hattingen sehr bekannt vor", so Bürgermeister Dirk Glaser. Er freut sich über die Zusammenarbeit der Regionen: "Hier sind in den vergangenen Jahren Verbindungen entstanden, die über den reinen kulturellen Austausch hinausgehen. Man kann sagen, dass die beiden Regionen sich über die Kultur kennen und schätzen lernen."

Bereits 2015 hatte das LWL-Industriemuseum einen fotografischen Blick in die Toskana geworfen: Pino Bertelli, einst selbst Hüttenarbeiter im gigantischen Werk Lucchini, zeigte in Hattingen unter dem Titel "Uomo e Macchina - Arbeit in der Toskana" seine Bilder von Menschen an ihrem Arbeitsplatz und ergänzte sie durch aktuelle Aufnahmen aus Hattingen. "Ilva knüpft an diese Schau an und setzt erneut einen Akzent im Bereich Fotografie", erklärte Dirk Zache, Direktor des LWL-Industriemuseums. Die Henrichshütte mausere sich mehr und mehr zu einem Ort der Fotografie - als Motiv, aber eben auch als Raum für Ausstellungen. "Das Museum - im besten Sinn - als Ort der Wahrnehmung." Und LWL-Museumsleiter Robert Laube ergänzte: "Bei der Fotografie kommen Bilder aus einer Maschine. Vielleicht ist sie die authentische Ausdrucksform des Industriezeitalters. Gerade Ilva zeigt, wie unterschiedlich die Geschichten sein können, die die Autoren aus ihren Maschinen herausholen."

Die Region
Die Ausstellung zeigt über 100 Fotografien von Annette Hudemann und Sabine Korth sowie Fabio Capaccioli, Andrea Cesarini und Mattias Crocetti. Sie alle haben sich mit ihren Kameras auf die Suche nach den "eisernen Spuren in der Toskana" gemacht. Die Insel Elba sowie die Städte Baratti, Follonica, Populonia und Piombono waren ihre Ziele.

800 v. Chr. begannen Etrusker auf Elba mit dem Bergbau und der Eisenproduktion. Die Griechen nannten die Insel "Aithalia", die Rauchende. Holzmangel beendete die Verhüttung. Erzbergbau wurde allerdings noch bis 1981 betrieben. Seine Spuren sind bis heute überall zu sehen und touristisch erschlossen.

Im 6. Jh. v. Chr. wurden die Hütten auf das Festland verlegt. Zwischen alten Gräbern errichteten die Etrusker Schmelzöfen und Schmieden. Baratti und die Stadt Populonia stiegen zum Handels- und Industriezentrum auf. Dann geriet Populonia zunehmend unter römischen Einfluss und wurde zur Waffenschmiede des Imperium Romanum. Die Verlagerung der Rüstungsproduktion sowie die lebensfeindlichen Bedingungen führten um die Zeitenwende zum im Wortsinn "Untergang" der Stadt, die allmählich unter einer bis zu 10 Meter hohen Schlackeschicht verschwand.

Im 16. Jh. bauten die Medici auch in Follonica ihr Eisenmonopol auf. Ende des 18. Jh. schufen die Habsburger eine regelrechte Hüttenindustrie mit katastrophalen Folgen für die Umwelt. In den 1960er Jahren wurde die Gießerei stillgelegt. Follonica hat sich aus der Krise zu einem mondänen Badeort entwickelt, in dem die Touristen überall den Spuren von Stahl und Eisen begegnen.

Der Weg nach Piombino führt vorbei am Kraftwerk "Enel", dem Röhrenwerk "Dalmine", dem Kaltwalzwerk "Magona", dem Hüttenwerk "AFERPI" sowie der Arbeitersiedlung Poggetto Cotone. AFERPI wurde 1897 als "Altiforni e fonderia di Piombino" gegründet und seither immer wieder umstrukturiert und umbenannt. Die 7.800 Arbeiter sprachen aber nur von "la fabbrica". Heute kämpfen etwa 2.000 Frauen und Männer um ihre Arbeitsplätze. "Nach 3.000 Jahren scheint sich die Eisenzeit auch in der Toskana ihrem Ende zuzuneigen. Aber auch hier gibt es Ansätze in den Bereichen Kommunikation, Kultur und Tourismus, die Wege zu einem erfolgreichen Strukturwandel aufzeigen", sagte Laube.

Ausführliche Informationen zur Ausstellung und zur Geschichte der Region sowie alle gezeigten Werken unter
http://www.lwl.org/industriemuseum/standorte/henrichshuette-hattingen/sonderausstellung

Eröffnung
Bei der Eröffnung der Ausstellung am Sonntag (17.6.) um 11 Uhr begrüßt Monika Schnieders-Pförtzsch, stellvertretende Vorsitzende der LWL-Landschaftsversammlung, die Gäste. Nach einem Grußwort von Bürgermeister Dirk Glaser gibt Sabine Korth, Fotografin und Kuratorin der Ausstellung, eine Einführung. Gäste sind herzlich willkommen. Der Eintritt ist frei.

Ilva. Eiserne Spuren in der Toskana
17.6. bis 9.9.2018
LWL-Industriemuseum Henrichshütte Hattingen
Geöffnet Di-So 10-18 Uhr
http://www.lwl-industriemuseum.de



Pressekontakt:
Christiane Spänhoff, LWL-Industriemuseum, Telefon: 0231 6961-127 und Markus Fischer, LWL-Pressestelle, Telefon: 0251 591-235
presse@lwl.org



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45527 Hattingen
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Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeitet als Kommunalverband mit 20.000 Beschäftigten für die 8,3 Millionen Menschen in der Region. Der LWL betreibt 35 Förderschulen, 21 Krankenhäuser, 18 Museen sowie zwei Besucherzentren und ist einer der größten deutschen Hilfezahler für Menschen mit Behinderung. Er erfüllt damit Aufgaben im sozialen Bereich, in der Behinderten- und Jugendhilfe, in der Psychiatrie und in der Kultur, die sinnvollerweise westfalenweit wahrgenommen werden. Ebenso engagiert er sich für eine inklusive Gesellschaft in allen Lebensbereichen. Die neun kreisfreien Städte und 18 Kreise in Westfalen-Lippe sind die Mitglieder des LWL. Sie tragen und finanzieren den Landschaftsverband, dessen Aufgaben ein Parlament mit 125 Mitgliedern aus den westfälischen Kommunen gestaltet.


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