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Mitteilung vom 22.04.13

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LWL hat Online-Datenbank zur NS-Straßenbenennung in Westfalen-Lippe freigeschaltet

Westfalen (lwl). Straßenumbenennungen bieten immer wieder Anlass für zum Teil heftige Kontroversen zwischen Gegnern und Befürwortern einer Namensänderung. Das hat nicht nur die inzwischen erfolgte Umbenennung des Hindenburgplatzes in Münster gezeigt. Im Fokus standen und stehen bislang hauptsächlich Straßennamen, die nach 1945 vergeben wurden und Personen wie Karl Wagenfeld, Agnes Miegel oder Friedrich Castelle ehren, deren Rolle in der NS-Zeit zunehmend kritisch hinterfragt wird. Ein bislang kaum beachteter Aspekt war die Neu- oder Umbenennung von Straßen, Wegen und Plätzen in der Zeit des Nationalsozialismus, dem das LWL-Institut für westfälische Regionalgeschichte nun eine deutschlandweit einmalige Online-Datenbank gewidmet hat, die der LWL jetzt unter der Adresse http://www.strassennamen-in-westfalen-lippe.lwl.org freigeschaltet hat.

In welchen Städten und Dörfern zwischen 1933 und 1945 Straßen um- oder neubenannt wurden, können historisch Interessierte in der neuen Online-Datenbank recherchieren. Sie ist Teil des Internet-Portals ¿Westfälische Geschichte". ¿Flächendeckend wurden nach der sogenannten Machtergreifung 1933 auch in Westfalen und Lippe Straßen umbenannt", so Dr. Marcus Weidner, wissenschaftlicher Mitarbeiter am LWL-Institut für westfälische Regionalgeschichte in Münster, der die Datenbank erstellt hat. ¿In der Machtsicherungsphase 1933/34 ging es der NSDAP nicht nur darum, ihre NS-Funktionäre durch Straßenbenennungen zu ehren und die Toten zu Vorbildern zu stilisieren, sondern auch Personen der Wiemarer Demokratie oder linker bzw. kommunistischer Parteien von den Schildern zu tilgen. Zugleich aber bemühte man sich, bürgerlich-konservative Milieus für sich zu gewinnen, z. B. auch durch die Benennung von Hindenburgstraßen", so Weidner weiter.

Die Online-Datenbank bietet nicht nur Informationen zu den Umständen der Benennung und den Verhältnissen in den einzelnen Kommunen, sondern auch zu den Namen, die auf den Straßenschildern standen. Um die Straßen, die heute oft einen anderen Namen tragen, leicht finden zu können, sind sie auf aktuellen Plänen eingezeichnet. Darüber hinaus bietet das Projekt Hintergrundinformationen zur Straßenbenennungspraxis in der NS-Zeit und Anregungen, wie das Thema Straßennamen im Schulunterricht genutzt werden kann.

Die Datenbank verzeichnet nicht alle in der NS-Zeit vorgenommenen Benennungsakte, sondern hat einen besonderen Fokus auf erinnerungskulturell relevante Straßenbezeichnungen. Das sind Straßen mit Bezeichnungen, deren Verwendung eine besondere Bedeutung und Funktion für die politischen Akteure hatte. Hierzu zählen Namen etwa von Personen oder Organisationen, die man durch eine Straßenbenennung bewusst ehren oder zu Vorbildern erheben wollte (z. B. Hitler, Göring, Wessel, SA), oder von Orten und Gebieten, die mit einer besonderen Geschichte verbunden waren, z. B. Schlachtorte des Ersten Weltkriegs (z. B. Tannenberg) oder Gebiete, die nach dem Versailler Vertrag abgetreten werden mussten (z. B. Elsaß, Malmedy). Bis jetzt hat Weidner für die heutigen 231 Kommunen Westfalen-Lippes über 1.800 derartige Benennungen recherchiert.

Hintergrund
Anstoß für dieses Projekt war eine Tagung des LWL-Instituts für westfälische Regionalgeschichte in Kooperation mit der LWL-Literaturkommission für Westfalen und dem Westfälischen Heimatbund, die sich 2011 mit dem Thema Straßenumbenennungen beschäftigt hat. Die Beiträge der Tagung wurden letztes Jahr in einem Sammelband veröffentlicht.

Internet-Portal ¿Westfälische Geschichte¿
Das Internet-Portal ¿Westfälische Geschichte¿ (http://www.westfaelische-geschichte.lwl.org) ist ein Webangebot zur Regional- und Landesgeschichte Westfalens. Konzipiert als ein themenspezifischer Informationspool, hält das im November 2004 gestartete Internet-Portal verschiedene Service- und Informationsangebote bereit: Einführungstexte in Epochen und Themen, Biografien, Quellen, Ereignisse, Links, digitalisierte Literatur, Medien und Karten. Einzelne Themen und Aspekte werden in Schwerpunkt- und Projektbereichen vertieft. Vernetzungen und Suchmöglichkeiten erschließen die Inhalte des Portals. Das Angebot ist kostenlos, zeit- und ortsunabhängig nutzbar. Die E-Mailing-Liste "Westfälische Geschichte" mit rund 1.500 Abonnenten bietet seit Mai 2003 ein Forum für Information und Kommunikation.
Das Portal richtet sich an historisch Interessierte, an Wissenschaftler und Mitarbeiter von Kultureinrichtungen oder auch an Lehrer und Schüler. Die zielgruppenspezifischen Angebote werden fortlaufend erweitert. 2011 hat der LWL das Modul ¿Digitale Westfälische Urkunden-Datenbank¿ (DWUD), das rund 90.000 inhaltliche Zusammenfassungen von Urkunden enthält (Regesten), freigeschaltet, 2013 kam ein Spielfilm hinzu, der Schüler in die Archivarbeit einführt.
"Westfälische Geschichte" versteht sich als Partner und Servicedienstleister im Bereich Geschichte und Kultur sowie als Plattform für Information und Austausch im Internet. Das Portal ist keine Website aus einem Guss, sondern wird ständig um neue Inhalte und Projekte der Portal-Redaktion und der Projektpartner erweitert. Die offene Konzeption macht es möglich, im Rahmen von Kooperationen Angebote zur Regional- und Landesgeschichte Westfalens ins "digitale Zeitalter" zu überführen und an der gemeinsamen Vernetzung zu arbeiten.



Pressekontakt:
Markus Fischer, LWL-Pressestelle, Telefon: 0251 591-235
presse@lwl.org



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LWL-Institut für westfälische Regionalgeschichte
Karlstr. 33
48147 Münster
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