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Mitteilung vom 23.05.12

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Pfingstbraut und Pfingstlümmel

Neue LWL-Datenbank informiert über Bräuche zu Pfingsten

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Westfalen (lwl). Wie kaum ein zweiter kirchlicher Feiertag hat das Pfingstfest in Westfalen viele unterschiedliche regionale Bräuche hervorgebracht. Mit einer Datenbank, die Texte, Bilder und Tondokumente über das Alltags- und Festleben in Westfalen enthält, ermöglicht die Volkskundliche Kommission für Westfalen beim Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) erstmals die Suche nach landschaftlichen Besonderheiten wie dem Pfingstlümmel und der Pfingstbraut.

Zum Ende der Osterzeit waren vor allem verschiedene Heischebräuche sehr beliebt. Kinder gingen singend von Haus zu Haus und sammelten Süßigkeiten und andere Lebensmittel. Begehrt waren vor allem Eier, weshalb diese Umzüge in Ravensberg und Lippe auch als ¿Eiersingen¿ bezeichnet wurden. Im Mindener Raum wurde dazu ein Pfingstkranz getragen, der mit Blumen, bunten Papierstreifen und bemalten Eiern geschmückt war. Im Siegerland und im Wittgensteiner Land stand der Pfingstlümmel im Mittelpunkt. Ein Zeitzeuge aus Siegen-Alchen erinnert sich: ¿Am Pfingstmorgen ging die Schar in die Hauberge und sammelte grünen, möglichst blühenden Ginster, der zum Backes [Backhaus] getragen wurde. Dort wurde der Pfingstlümmel nach dem Mittagessen mit Ginsterzweigen umbunden, von unten nach oben in sich überdeckenden Lagen, die mit Liederriemen festgebunden wurden. Das Gesicht war von Ginster verdeckt. Auf dem Kopf wurde eine spitze Ginsterhaube gesetzt, die ein Schellchen trug.¿ Der ¿Pfingstlümmel¿ wurde so eingebunden, dass er nichts mehr sehen konnte und von zwei anderen Jungen geführt werden musste. Außenstehende sollten ihn nicht erkennen. Der "Pfingstlümmel" wurde wie ein Tanzbär herumgeführt und musste obendrein noch Kunststückchen machen, für die die Gruppe dann kleine Belohnungen bekam.

In vielen Gegenden wurde anstelle des Pfingstlümmels eine Pfingstbraut bestimmt. ¿Zwischen Bocholt und Lüdinghausen zogen die Kinder als Hochzeitsgesellschaft durch die Straßen. Dabei gingen meist ein Mädchen als Braut und oftmals auch ein Junge als Bräutigam unter einem Blumenbogen mit großem Gefolge durch die Nachbarschaft", schildert Frederik Grundmeier von der Volkskundlichen Kommission. In einem Bericht aus Willebadessen-Borlinghausen (Kreis Höxter) heißt es dazu: ¿Am 1. Pfingsttag wurde ein etwa 3-jähriges Mädchen zum Nünneken (Nonne) ausgewählt. Es zog als Engel ein weißes Kleid an und trug einen einfachen Kranz. Alle Schulmädchen zogen nun mit ihrem Nünneken von Haus zu Haus und sangen dabei ein Lied. Ebenso machten es die Schulknaben mit ihrem Pöterken (Pater); dieser trug eine Schärpe. Es gab dafür Eier und Geld, das sich die Kinder teilten.¿

Spott für Spätaufsteherin
In anderen Gegenden Westfalens war der Titel der Pfingstbraut hingegen keine Ehre. Aus Nordkirchen (Kreis Coesfeld) findet sich folgender Bericht: ¿Die Leute aus dem Dorf hatten ihre Kühe in Gemeinschaftsweiden aufgetrieben. Wer dann am ersten Pfingsttag als letztes zum Melken erschien, wurde zur ¿Pingstebrut¿ ausgerufen. Sie musste den anderen Melkerinnen einen 'Söten' (süßen Likör oder Aufgesetzten) ausgeben. Ihre Kuh und sie selbst wurden bekränzt und durchs ganze Dorf geführt.¿ Die dabei gesungenen Spottverse sind ebenfalls im Archiv der Volkskundlichen Kommission erhalten: ¿Pfingstebraut, du faule Haut, wärst du eher aufgestanden, konntest du eher zum Melken gehen¿. Doch auch männliche Langschläfer waren dem öffentlichen Spott ausgesetzt und wurden als ¿Pinkelhammel¿ oder ¿ wie in Ahaus-Ottenstein (Kreis Borken) ¿ als ¿Pinkesvoß¿ bezeichnet. Dieser ¿wurde am ersten Pfingsttage nachmittags bei einer Wirtschaft am Ende des Dorfes 'inkledt', das heißt er bekam um den Leib einen Riemen oder ein Seil mit mehreren Kuhglocken. Unter den Riemen steckte man grüne Buchenzweige von ungefähr ein Meter Länge nach unten und oben. Über dem Kopf band man die Zweige zusammen, gab ihm eine lange Haselrute in die Hand, und 'de Pinkstevoß was ferrig. '¿

Weitere Informationen sind ab sofort in einer Onlinedatenbank verfügbar. ¿Eine benutzerfreundliche Recherche im Bild-, Manuskript-,Ton- und Volksliedarchiv ermöglicht intensive und thematisch breit gefächerte Einblicke in das Leben in Westfalen in den letzten 150 Jahren¿, sagt Christine Cantauw, Geschäftsführerin der Volkskundlichen Kommission. Weitere Informationen über das Projekt finden Interessierte im Internet unter: http://www.lwl.org/LWL/Kultur/VOKO.



Pressekontakt:
Markus Fischer, LWL-Pressestelle, Telefon: 0251 591-235
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Kommentar(e)

Mechthild Gandenberger28.05.2012 12:09
Auch ich kenne den "Pfingstlümmel" - brauch. Bei uns im Dorf( heute Kreuztal -Eichen )saß der Pfingstlümmel auf einem Bollerwagen und die begleitenden Jungen sangen" Pingstlümmel macht Gebrümmel" und der Pingstlümmel gab entsprechende Stimmen von sich. Ein weiterer schöner Brauch war das "Maikind". Das Mädchen, das in die Schule gekommen war, war das Maikind. Es trug ein weißes Kleid und auf dem Kopf ein geflochtenes Kränzchen aus frischen weißen Blüten. Mit den anderen Mädchen aus der Nachbarschaft zog man " der Mai ist gekommen" singend von Haus zu Haus und bekam Kuchen und Süßigkeiten für das nachmittägliche " Maifest"


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