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Mitteilung vom 13.12.19

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"Heimat wird mit etwas Positivem verbunden"

LWL veröffentlicht Buch über die Heimattage in Hessen, Baden-Württemberg und Westfalen

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Westfalen-Lippe (lwl). Heimat gerade Konjunktur. Aber was genau ist mit diesem Begriff gemeint? Und wie entsteht ein Heimatbewusstsein in der Gesellschaft? Antworten auf diese Fragen gibt jetzt ein Buch, das der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) veröffentlicht hat: "Heimattage. Methoden der Beheimatung in Hessen, Baden-Württemberg und Westfalen (1945-1985)".

"Heimat wird grundsätzlich mit etwas Positivem verbunden", erklärt Dr. Sebastian Hösch, Autor des im LWL-Institut für westfälische Regionalgeschichte erschienenen Bandes. "Am Beispiel regionaler Feste lässt sich aufzeigen, wodurch ein Verständnis von Heimat überhaupt zustande kommt und aus welchen Inhalten es sich zusammensetzt." In seiner 400-seitigen Dissertation vergleicht der Historiker fünf Feste wie den Hessentag, die Heimattage Baden-Württemberg oder den Westfalentag des Westfälischen Heimatbundes (WHB). Der WHB ist der Dachverband für rund 570 Heimatvereine und 700 ehrenamtliche Heimatpfleger in der Region und wird vom LWL institutionell gefördert.

Gemeinsam ist diesen Festen, dass sie bis in den 1980er Jahren hinein als Großevent begangen wurden. Umzüge, Trachten, Ausstellungen und die Bildung von Arbeitskreisen waren prägend für diese Veranstaltungen. "Es sollte ein Gefühl des 'Heimisch-Seins' erzeugt werden. Der Vergleich zwischen den Bundesländern zeigt auch, dass es sich in den nach 1946 neu entstandenen Bundesländern Hessen und Baden-Württemberg um staatliche Initiativen handelte", führt Hösch aus. "Die Westfalentage hingegen wurden schon 1920 begangen und waren zunächst nur für Funktionäre des WHB gedacht. Erst während des Nationalsozialismus entwickelten sich die Westfalentage zu regelrechten Massenveranstaltungen, an denen bis zu 200.000 Besucher teilnahmen." Bis heute findet der Westfalentag mit bis zu 500 Besucherinnen einmal im Jahr jeweils in einem anderen westfälischen Ort statt. In den 1980er Jahren rückte der WHB jedoch vom identitätsfördernden Massenevent ab. Vielmehr geht es seitdem um die inhaltliche und programmatische Arbeit der Heimatinteressierten.

Das Format der großen Heimattage besitzt heute nur noch in Hessen einige Popularität. Hösch zeigt in seiner Studie auf, warum diese Veranstaltungen in den meisten Bundesländern reduziert oder eingestellt wurden: Das Interesse der Landesregierungen ließ nach, während sich die Feste seit den 1970er Jahren gegen eine steigende Zahl anderer Events behaupten mussten. Für Westfalen gilt: "Dort - wo es ein Westfalenbewusstsein gibt - speist es sich nicht mehr aus der Teilhabe an Großveranstaltungen. Die 'bewussten' Westfalen berufen sich eher auf lokale Besonderheiten oder orientieren sich am Regionalmarketing von Unternehmen und Verbänden. Das spricht aber nicht grundsätzlich gegen die Erfolgsaussichten größerer Heimattage. Nur muss sich jemand finden, der sie auf die Beine stellt", schlussfolgert Hösch.


Sebastian Hösch:
Heimattage
Methoden der Beheimatung in Hessen, Baden-Württemberg und Westfalen (1945-1985)

Verlag Ferdinand Schöningh, Paderborn 2019, 415 Seiten, Festeinband
ISBN: 978-3-506-70269-2, Preis: 64 Euro





"Heimat das sind Mensch, Kultur und Natur"
Drei Fragen an Matthias Löb, LWL-Direktor und Vorsitzender des Westfälischen Heimatbundes

Westfalen-Lippe (lwl)
. Der Begriff "Heimat" wird derzeit häufig und in ganz unterschiedlichen Zusammenhängen verwendet. Im Interview spricht Matthias Löb, Vorsitzender des Westfälischen Heimatbundes (WHB) und LWL-Direktor, über die Bedeutung von Heimat und die Gestaltung eines Heimatbewusstseins vor Ort.

Herr Löb, wie bewerten Sie als Vorsitzender des WHB den aktuellen Hype um den Begriff "Heimat"?
"Heimat hat derzeit Konjunktur und begegnet uns in der Werbung, in Talkrunden wie in politischen Debatten. Es scheint, als würde der Begriff geradezu beliebig verwendet. Uns als WHB ist daran gelegen, den Begriff positiv mit Inhalt zu füllen und das öffentliche Interesse auf jene Menschen zu lenken, die sich tagtäglich ehrenamtlich für ihr Dorf, ihren Ort und ihre Region engagieren. Sie sind die wahren 'Heimat-Macher'."

Wie definieren Sie den Begriff Heimat?
"Dem derzeit fast inflationären Gebrauch des Wortes Heimat möchte ich die einfache Formel entgegensetzen, für die sich die Heimatbewegung schon seit mehr als 100 Jahren stark macht: Heimat das sind Mensch, Kultur und Natur. Heimat wird vor Ort gestaltet. Hier machen sich Menschen freiwillig stark für Geschichte, Gegenwart und Zukunft ihres Lebensumfeldes."

In der Zeit des Nationalsozialismus kamen zu den Westfalentagen bis zu 200.000 Besucher. Wofür steht der Westfalentag heute?
"Der Westfalentag ist das große Forum des Westfälischen Heimatbundes, Dachorganisation von derzeit rund 570 Heimat- und Bürgervereinen sowie 700 ehrenamtlichen Heimatpflegerinnen in der Region. Die Veranstaltung bietet Akteuren aus der Heimat- und Kulturlandschaft Westfalens eine Plattform, um sich zu vernetzen und gesellschaftsrelevante Fragestellungen zu diskutieren. Dabei werden sprechen sie über aktuelle Themen - von Aspekten der Migration über den demografischen Wandel bis hin zur Energiewende und der Zukunft der Dörfer."



Pressekontakt:
Markus Fischer, LWL-Pressestelle, Telefon: 0251 591-235 und Dr. Silke Eilers, Geschäftsführerin des Westfälischen Heimatbundes e.V., 0251 203810-12, silke.eilers@whb.nrw
presse@lwl.org




Der LWL im Überblick:
Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeitet als Kommunalverband mit 20.000 Beschäftigten für die 8,3 Millionen Menschen in der Region. Der LWL betreibt 35 Förderschulen, 21 Krankenhäuser, 18 Museen sowie zwei Besucherzentren und ist einer der größten deutschen Hilfezahler für Menschen mit Behinderung. Er erfüllt damit Aufgaben im sozialen Bereich, in der Behinderten- und Jugendhilfe, in der Psychiatrie und in der Kultur, die sinnvollerweise westfalenweit wahrgenommen werden. Ebenso engagiert er sich für eine inklusive Gesellschaft in allen Lebensbereichen. Die neun kreisfreien Städte und 18 Kreise in Westfalen-Lippe sind die Mitglieder des LWL. Sie tragen und finanzieren den Landschaftsverband, dessen Aufgaben ein Parlament mit 125 Mitgliedern aus den westfälischen Kommunen gestaltet.


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