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Mitteilung vom 22.02.11

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¿Doof bleibt doof, da helfen keine Pillen¿

Ein Verseschmied und Bühnengott. Ein Fred-Endrikat-Lesebuch online.

Bewertung:

Westfalen (lwl). Vor kurzem räumte die LWL-Literaturkommission mit ihrer Ausstellung ¿Kabarettheroen in Westfalen¿ mit dem Vorurteil auf, dass Kabarett keine richtige Literatur sei. Jetzt veröffentlicht die LWL-Literaturkommission eine Online-Version des Fred Endrikat-Lesebuchs http://www.lwl.org/LWL/Kultur/westbibl/Endrikat.

Endrikat ist heute nur noch Insidern ein Begriff. In den goldenen 1920er und 30er Jahren des Kabaretts galt er als ein ganz Großer, als ¿Verseschmied und Bühnengott¿, dem seine ¿besten Pointen zuflogen¿ und der es in einem einzigen Gedicht schaffte, Scherz und Ernst, Moral und Kalauerei zu verbinden. Hehres und Hohes waren nicht sein Ding und mit ¿feinen Pinkeln¿ und ¿Schreibartisten¿ konnte er nichts anzufangen. Über sie lästerte er: ¿So ein Fatzke, meist mit Monokel/ Geschniegelt gebügelt, blasiert wie ein Gockel¿. Sein bekanntestes Bonmot ist sprichtwörtlich geworden: ¿Doof bleibt doof, da helfen keine Pillen.¿

Endrikat war ein Bergarbeitersohn aus Crange und wuchs mit sechs Geschwistern auf. Bevor es ihn auf die Bühnen zog, hatte er schon einige harte Arbeitsjahre als Pferdejunge auf einer Zeche hinter sich. Mit 18 Jahren begann er Couplets, Chansons und Sketche zu dichten ¿ für Bühnengrößen wie Claire Waldoff und Marita Gründgens. Dann wagte er sich selbst auf die Bretter, die die Welt bedeuten. Und das mit Erfolg: In den 1920er und 1930er Jahren wurde Endrikat zu einem gefragten ¿Brettl¿-Solisten. Er tourte durch Deutschland und gastierte in den besten Häusern, im Berliner ¿Altbayern¿ und Hamburger ¿Bronzekeller¿. Sein Lieblingsbrettl aber blieb zeitlebens das legendäre Schwabinger ¿Simpl¿, in dem er 1930 den Kabarett-Heroen Ringelnatz beerbte.

¿Endrikats Verse sind gelenkig und niemals altbacken. Ihr Kunstanspruch tritt zwanglos, mal launisch, mal parodistisch und immer unreglementiert auf. Sie sind Ergebnis einer jahrzehntelangen Lebensschule und Menschenerkundung¿, sagt der Geschäftsführer der LWL-Literaturkommission Prof. Dr. Walter Gödden. ¿Allein die Titelgebung - ¿Unter Ameisen und Kaffeebohnen`, ¿Von Shakespiere bis Schmeling` oder ¿Sokrates und die Bratkartoffeln` - beweist sein Genie.¿ Und das Schönste daran: Endrikats Lyrik ist nie bevormundend und besserwisserisch, weder grob noch dumpf. Im besten Fall schließen Endrikats Verse mehrere Qualitäten in sich ein: sie rühren an, unterhalten, bewegen, regen zum Nachdenken an.

Höchste Zeit also für ein Endrikat-Lesebuch, dachten sich Walter Gödden und Joachim Wittkowski und vergruben sich in die deutschen Kabarettarchive. Ihre Entdeckungen aus der Verseschmiede Endrikats versammeln sie in der vorliegenden Edition. Im Nachwort schreibt Walter Gödden, Fred Endrikats heutige Vergessenheit habe mit der geringen ¿Halbwertzeit` eines Genres zu tun. ¿Ein Geistesverwandter Endrikats ist Heinz Erhardt, dessen sprach-spielerische Finesse oft unterschätzt wurde und vielfach erst heute eine gerechte Würdigung erfährt.¿

Für Dieter Hildebrandt steht fest: ¿Endrikat ist ein ganz Großer geblieben.¿

Das Online-Lesebuch ist in der Reihe Bibliothek Westfalica erschienen, in der die wissenschaftliche Kommission des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) Buchschätze vergangener Jahrhunderte in kurzweiligen Auswahlausgaben wieder verfügbar macht.



Pressekontakt:
Markus Fischer, LWL-Pressestelle, Telefon: 0251 591-235
presse@lwl.org



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