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Mitteilung vom 29.09.06

Presse-Infos | Der LWL

Broschüre über Wege
Verkehrsregeln schon im Mittelalter ¿ Löffelkraut kommt über die Autobahn

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Münster (lwl). ¿Wege durch die Landschaft¿ heißt eine neue Brosmit dem Westfälischen Naturwissenschaftlichen Verein erstmals die enge Verknüpfung von historischen, archäologischen und naturkundlichen Aspekten von Straßen und Wegen in Westfalen in früheren Zeiten. Die 56-seitige reich bebilderte Broschüre ist im Buchhandel für fünf Euro erhältlich.

Der einführende Beitrag von Cornelia Kneppe beleuchtet die allgemeine Geschichte und Entwicklung von Straßen und Wegen in Mittelalter und früher Neuzeit. Dazu gehört auch die Frage, wer für den Bau und die Instandhaltung von Wegen zuständig war. Die LWL-Historikerin des Westfälischen Museums für Archäologie stellt verschiedene Wegetypen vor, angefangen von der überregionalen
Königsstraße bis hin zum Leich- oder Kirchweg, der die
Höfe eines Kirchspiels mit der Pfarrkirche verbunden hat.

Es zeigt sich, dass schon die Menschen des Mittelalters Verkehrsregeln einzuhalten hatten, zum Beispiel musste ein unbeladener Wagen einem beladenen ausweichen. Solche Regeln standen am Anfang des modernen Verkehrswesens. Besondere archäologische Zeugnisse des mittelalterlichen Straßensystems sind die so genannten Hohlwege, die sich an Berghängen tief eingeschnitten haben und in manchen Waldgebieten bis heute erhalten sind.

Bisweilen sind Hohlwege auch Reste ursprünglich stark befahrener Überlandstraßen. Genutzt haben diese Wege auch Pilger, die von Westfalen aus zum Grab des Heiligen Jakobus im spanischen Santiago de Compostela oder in andere Pilgerzentren gezogen sind. Ulrike Spichal stellt in ihrem Beitrag das Projekt ¿Wege der Jakobspilger in Westfalen¿ der LWL-Altertumskommission für Westfalen vor und zeigt, auf welche Einrichtungen Pilger entlang ihres Weges angewiesen waren oder sie passieren mussten, bevor sie ihre Ziele erreichten. Dabei sind Landwehrdurchlässe, Hospitäler, Galgen- und Gerichtsplätze wichtige Wegemarken ¿ auch für die Rekonstruktion der Handelsrouten, da die Pilger gerade diese ¿Hauptstraßen¿ benutzten.

Dass sich das heutige kleinräumige Wegenetz grundsätzlich von dem historisch gewachsenen System unterscheidet, vermittelt der Beitrag von Thomas Starkmann. Er beschreibt die Flurbereinigungen nach dem Zweiten Weltkrieg, die das Ziel hatten, die Produktivität der Landwirtschaft zu erhöhen und die Bewirtschaftungseinheiten zu vergrößern. So wurden allein in Westfalen-Lippe bis in den Anfang der 80er-Jahre mehr als 150 Flurbereinigungsverfahren durchgeführt. Dies hatte auch Auswirkungen auf die Straßen und Wege, indem sie verlegt und ¿maschinengerechter¿ ausgebaut wurden. Alte Wegeführungen wurden in der Folgezeit begradigt, die natürliche Straßendecke durch Asphalt ersetzt und so den Ansprüchen der Landwirtschaft optimal angepasst.

Wie sich die Beschaffenheit von Straßen auf die Pflanzen- und Tierwelt Westfalens auswirkt, beschreiben die LWL-Geographen und Landschaftsökologen Andreas Kronshage und Bernd Tenbergen vom Westfälischen Museum für Naturkunde.

Es mache einen großen Unterschied, ob ein Weg noch eine natürliche Oberfläche besitzt und naturnahe Randbereiche aufweist oder ob er vollständig versiegelt ist: Hohe Natürlichkeit biete Vögeln, Schmetterlingen, Kleinsäugern und anderen Tieren einen wichtigen Lebensraum. Dagegen stellen asphaltierte Straßen für viele Tiere eine unüberwindliche oder schwer passierbare Barriere dar, wie die Kröten bei ihren Frühjahrswanderungen zeigen. Die hohe Wärmeentwicklung auf Teerstraßen lockt insbesondere Reptilien an, die dann durch den Straßenverkehr extrem gefährdet sind.

Andererseits kann eine Straße auch als Ausbreitungshilfe dienen: So verbreitet sich etwa das Dänische Löffelkraut derzeit entlang der Autobahnen in Westfalen von Norden nach Süden, weil die salzhaltigen Boden liebende Pflanze gute Bedingungen am Rand der im Winter mit Salz gestreuten Verkehrswege findet.

Abschließend informiert die Broschüre über zwei alte Wege beziehungsweise Orte, die sie passierten: Der Laerbrock bei Schapdetten, der Hohlweg bei Darup (beide Kreis Coesfeld) und ein vergessener Abschnitt des Horstmarer Landweges (Kreis Steinfurt) sind im einzelnen beschrieben und können mit Hilfe einer Straßenkarte in der Broschüre nachgefahren werden.

Die Broschüre ist für fünf Euro im LWL-Museum für Archäologie in Herne und im LWL-Museum für Naturkunde sowie im Buchhandel erhältlich.

Westfälisches Museum für Archäologie (Hrsg.); Wege durch die Landschaft. Münster 2006. 56 Seiten mit 116 überwiegend farbigen Abbildungen. ISBN 3-00-018916-5. 5 Euro.



Pressekontakt:
Dr. Yasmine Freigang, Tel. 0251 5907-267 und Frank Tafertshofer, Telefon: 0251 591-235
presse@lwl.org




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