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Mitteilung vom 14.04.05

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LWL-Wanderausstellung ¿Ich und die anderen¿ zeigt Leben und Werk des Expressionisten Wilhelm Morgner

Bewertung:

Soest (lwl). Der Schaffensdrang von Wilhelm Morgner war gewaltig. In dem knappen Jahrzehnt bis zu seinem Tod im Ersten Weltkrieg schuf er über 2000 grafische Arbeiten. Einen Namen hat er sich aber vor allem damit gemacht, dass er als einer der ersten Künstler abstrakt gemalt hat. Unter dem Titel ¿Ich und die anderen¿ geben der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) und das Soester Wilhelm-Morgner-Haus in einer Wanderausstellung einen Einblick in das Leben und Wirken des expressionistischen Künstlers. Rund 100 Zeichnungen, Aquarelle, Druckgrafiken, zum Teil erstmals in einer Ausstellung gezeigt, stellen das Werk des Soesters vor. Briefzitate, Fotos und Gegenstände aus Morgners Besitz rücken den Menschen Wilhelm Morgner in den Mittelpunkt.

Der 1891 in Soest geborene Morgner war der Prototyp eines Expressionisten, der sich gegen alles Bürgerliche wandte und sich selbst zum genialen Überbringer einer neuen Kunst stilisierte. ¿Ich will das direkte Gegenteil von dem, was sie von mir glauben¿, mit solchen Aussagen provozierte er seine Umgebung gerne. Seine Heimatstadt Soest war für ihn ein ¿Spießbürgernest¿: ¿Ich komme mir manchmal, wenn ich mir die Spießbürger ansehe, vor wie ein Löwe unter einer Meute Hunde. Ich meine immer, ich gehörte nicht zu den Menschen. Ich kann sie nicht achten, sie sind zu veractungswürdig¿, schrieb er beispielsweise im November 1911 an Georg Tappert, bei dem er in Worpswede lernte.

Obwohl er wusste, dass die Soester seine Bilder für ¿ganz verrücktes Zeug¿ hielten und in ihm den ¿schlimmsten und verrücktesten Kerl¿ mit ¿rohen anarchistischen Anschauungen¿ sahen, blieb er in der westfälischen Stadt. Nur zu kurzen Studienaufenhalten in Worpswede und Berlin hat er sie verlassen. Weit entfernt von den großen Kunstzentren hat er sein Können und die abstrakte Malerei entwickelt.

¿Die anderen¿ verliert er trotzdem nicht aus dem Blick: 1912 ¿ in diesem Jahr ist seine Entwicklung bei der abstrakten Malerei angekommen ¿ hat er Kontakt mit Künstlern die sich im ¿Sonderbund¿ und dem ¿Blauen Reiter¿ zusammengeschlossen haben. Er beteiligt sich an Ausstellungen, mehrere seiner grafischen Arbeiten werden in den beiden wichtigsten expressionistischen Kunstzeitschriften ¿Der Sturm¿ und ¿Die Aktion¿ veröffentlicht. Damit wird er erstmals einer überregionalen Öffentlichkeit bekannt. Will Frieg, Morgners erster Biograf, schrieb beispielsweise: ¿Morgners Kunst ist visionär. Er fand den Zusammenhang zwischen äußerer und innerer Erscheinung und schritt von der Erscheinung zum Erscheinenden¿. ¿Gemeinsam mit Künstlern wie Kandinsky, Marc, Macke und Klee träumt er von einem neuen Leben, das von Kunst und freiem Ausdruck durchtränkt ist. Doch die Realität holt die junge Avantgarde schnell ein: Der Ausbruch des Ersten Weltkrieges macht den kollektiven Traum zur Utopie¿, so LWL-Ausstellungsmacherin Katrin Winter.

Nach seinem Tod geriet Morgner jedoch bald in Vergessenheit, die Nationalsozialisten werteten ihn als ¿entartet¿ ab. Es dauerte bis in die 1960er-Jahre, eher man sich auf ihn besann und wieder begann seine Werke auszustellen. Dabei standen allerdings meist die Gemälde im Mittelpunkt. Die LWL-Ausstellung ¿Ich und die anderen¿ geht einen anderen Weg und stellt die grafischen Arbeiten in den Mittelpunkt. Etwa 100 Zeichnungen, Aquarelle und Druckgrafiken aus dem Besitz des Wilhelm-Morgner-Hauses der Stadt Soest verdeutlichen, wie sich Morgner in der Zeit von 1908 bis zu seinem frühen Tod 1917 vom Realismus über den Spätimpressionismus zum Expressionismus entwickelt hat. Zur Ausstellung gehört aber auch das Ölgemälde der ¿Soester Spießbürger¿ von 1907. Hier zeigt ein dicker rotgesichtiger Mann, der mit Bierhumpen und dicker Zigarre im Mund auf einem Bierfass sitzt, was Morgner von den ¿Klatschbasen¿ und ¿Spießbürgern¿ seiner Heimatstadt gehalten hat. Den Zeitgeist des Expressionismus machen Audiostationen erlebbar, an denen die Besucher Morgners Briefe hören können.

Einen Einblick in das Leben des Künstlers geben auch weitere Exponate, wie zum Beispiel eine Seite aus Morgners Schulheft mit einer Lehrerkarikatur, für die er sich von den ¿Paukern barbarische Hiebe¿ eingefangen hat. Zu den Ausstellungsstücken aus Morgners Besitz zählen auch ein Fernglas, Briefe an seine Mutter sowie Mitbringsel aus dem Krieg wie Keramik aus Serbien, ein Brustbeutel oder ein Orden ¿Für den Kriegshilfsdienst¿, den er 1916/17 als Zeichner des Gräberkommandos in Serbien bekommen hat.

Zur Ausstellung ist ein gleichnamiger, 216-seitiger Katalog mit zahlreichen Abbildungen erschienen. Er beleuchtet nicht nur Morgners künstlerische Entwicklung, sondern belebt mit einem ausführlichen Beitrag zum Weltbild Morgners und zeitgenössischen Zitaten den Zeitgeist des Expressionismus. Der Katalog kostet 12,00 Euro und ist an der Museumskasse oder beim Westfälischen Museumsamt unter Tel. 0251 591-4692, E-Mail: wma.info@lwl.org zu bestellen. Zur Ausstellung hat das LWL-Museumsamt zwei museumspädagogische Programme erarbeitet: ¿Wilhelm Morgner: Der Lebensweg eines un-bequemen Künstlers am Anfang der Moderne¿ richtet sich an die Sekundarstufe I und II, das Programm ¿Mit Stift und Feder: Eine Einführung in die Welt der Zeichnung mit praktischen Übrungen¿ an Schüler ab Klasse 4.

Ich und die anderen.
Wilhelm Morgner ¿ Zeichnungen des Expressionismus

Eine Wanderausstellung des LWL-Museumsamtes und des Wilhelm-Morgner-Hauses
Wilhelm-Morgner-Haus, Thomästraße 1, Soest
17. Apri bis 12. Juni 2005
Geöffnet: dienstags bis samstags 10 bis 12 Uhr, 15 bis 17 Uhr,
sonntags 10.30 bis 12.30 Uhr

Weitere Ausstellungsstationen:

Kolvenburg Billerbeck
19. Juni bis 14. August 2005

Stadtmuseum Beckum
21. August bis 16. Oktober 2005

Medizin- und Apothekenhistorisches
23. Oktober bis 4. Dezember 2005
Museum Rhede

Museum der Stadt Bad Berleburg
7. Dezember 2005 bis 29. Januar 2006

Mindener Museum für Geschichte,
4. Februar bis 26. März 2006
Landes- und Volkskunde



Pressekontakt:
Markus Fischer, Tel. 0251 591-235
presse@lwl.org




Der LWL im Überblick:
Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeitet als Kommunalverband mit 20.000 Beschäftigten für die 8,3 Millionen Menschen in der Region. Der LWL betreibt 35 Förderschulen, 21 Krankenhäuser, 18 Museen sowie zwei Besucherzentren und ist einer der größten deutschen Hilfezahler für Menschen mit Behinderung. Er erfüllt damit Aufgaben im sozialen Bereich, in der Behinderten- und Jugendhilfe, in der Psychiatrie und in der Kultur, die sinnvollerweise westfalenweit wahrgenommen werden. Ebenso engagiert er sich für eine inklusive Gesellschaft in allen Lebensbereichen. Die neun kreisfreien Städte und 18 Kreise in Westfalen-Lippe sind die Mitglieder des LWL. Sie tragen und finanzieren den Landschaftsverband, dessen Aufgaben ein Parlament mit 125 Mitgliedern aus den westfälischen Kommunen gestaltet.


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