LWL-Newsroom

Mitteilung vom 21.02.02

Presse-Infos | Der LWL

Haushaltsrede 2002
Heinz Entfellner, Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN

Bewertung:

- es gilt das gesprochene Wort -


Sehr geehrter Herr Vorsitzender, meine Damen und Herren!

Die finanzielle Situation der kommunalen Familie stellt sich unter den derzeitigen Rahmenbedingungen mehr als besorgniserregend dar. Dies bedeutete für die Haushalts-
Beratungen des LWL eine weitgehende Rücksichtnahme auf die Interessenlage der Mitgliedskörperschaften und deren Kommunen in Westfalen-Lippe.
Um es gleich vorwegzunehmen:
Meine Fraktion wird daher der vom Kämmerer bei seiner Haushaltseinbringung vorgeschlagenen Senkung der Landschaftsumlage um 0,2 Prozentpunkte zustimmen. Wohl wissend,
dass sich der LWL-Etat durch den Nachtrag zum GfG 2002 um weitere 19,3 Mio. ¿ verschlechtern wird. Damit ist nach meiner Ansicht das Ende der Fahnenstange erreicht.

Der uns vorliegende Haushaltsentwurf ist in einzelnen Bereichen durch massive Risiken
belastet, wir kennen sie alle. Insbesondere die zu erwartenden Steigerungen von Kosten
und Fallzahlen in der Eingliederungshilfe zehren nicht nur Entlastungen aus anderen Bereichen auf, sondern führen zu erheblichen Mehrbelastungen in diesem und mit Sicherheit auch in den folgenden Jahren. So ist abzusehen, dass die Phase jährlicher Umlagesenkungen mit diesem Haushaltsjahr zu Ende gehen dürfte. Mit Blick auf die derzeitige wirtschaftliche Situation und die finanzielle Lage der Mitgliedskörperschaften ist dies ¿ gelinde gesagt ¿
eine ungute Konstellation.

Lassen Sie mich an dieser Stelle zwei Anmerkungen über den Tellerrand unserer Verbands-
Politik hinaus machen, meine Damen und Herren:

1) Die Finanzströme zwischen Bund, Ländern und Kommunen bedürfen dringend einer Korrektur in Richtung Entlastung der kommunalen Familie

2) Es ist nicht mehr hinnehmbar, dass milliardenschwere Unternehmungen in diesem Land keinen einzigen Euro an Steuern bezahlen, während die öffentlichen Haushalte
Bankrott gehen.

Wir alle sollten uns bei unseren Kolleginnen und Kollegen in Bund und Land dafür stark machen, dass sich an diesen Punkten etwas verändert!

Zurück zum Haushalt :
Trotz der prekären Situation ¿ im Interesse der Klientel des LWL, also der Kundinnen und Kunden in seinen Einrichtungen, im Interesse einer Sicherung und Weiterentwicklung qualitativer Standards in der Aufgabenerbringung, aber auch im Interesse einer nachhaltig vertretbaren Finanzpolitik des Verbandes muss auch in den Folgejahren eine solide Finanzierungsbasis erhalten bleiben.
Kurz gesagt: Der LWL darf sich nicht kaputt sparen, oder besser gesagt, Sie meine Damen und Herren der CDU-Fraktion dürfen den LWL nicht kaputt sparen!
Dass Sie im Kulturbereich ¿ mit Unterstützung der SPD - gerade dabei sind, hat Ihnen Frau Steinheuser ja eben schon dargelegt.
Was es mit dem Sparen auf sich hat, Herr Dr. Kirsch, haben Sie uns jüngst ja aus Ihren Kindheitserinnerungen wissen lassen. Sparen hieße, so sagten Sie, Geld, das man hat, nicht auszugeben. Ein sehr einfaches Sparmodell ¿ koste es, was es wolle.
Und so einfach gestrickt waren dann auch etliche ¿Spargedanken¿ aus Ihrer Fraktion.
Am deutlichsten wurde dies im Personalbereich, weil da ja auch am meisten zu holen ist. Als Beispiel die Pressestelle: die hat 8,5 Planstellen, sagten Sie sich, da könnten wir eine weg¿sparen¿. Dass auch mit Ihren Stimmen das Kommunikationsmodell des LWL verabschiedet wurde, das wesentlich mehr professionelle Presse- und Öffentlichkeitsarbeit verlangt, ignorierten Sie geflissentlich. Oder Ihre Suche quer durch alle Verwaltungsbereiche nach nicht besetzten Stellen, um dort kw-Vermerke anbringen zu können, ohne zu fragen wer macht da was zu welchem Zweck und welche Auswirkungen hat das für diesen Bereich, nein, einfach nur um zu ¿sparen¿.
Dafür lehnten Sie unseren Antrag ab, die drastische Reduzierung des Aus- und Fortbildungs-Etats zurückzunehmen und ihn mit 200.000 ¿ wieder auf den vorherigen Ansatz zu bringen. Unser Anliegen war es, die Aus- und Fortbildungsstandards des Verbandes zu erhalten und auszubauen. Denn sie bilden die Grundlage für eine interne Optimierung der Verwaltungsabläufe und eine gute fachliche Qualität der Dienstleistungen. Beides wiederum ist Voraussetzung für eine dauerhaft effiziente Aufgabenerledigung.
Und das, meine Damen und Herren, Herr Dr. Kirsch, nenne ich dann wirtschaftliches und nachhaltiges Sparen, nämlich in die Zukunft zu investieren und bei Erhalt oder sogar Verbesserung der Qualität auf Dauer mehr einzusparen als ich investiert habe.

Dasselbe Vorgehen wie im Personalbereich praktizierten Sie mit unseren Anträgen im Gesundheitsausschuss zur Laienarbeit und zu den Klinikpartnerschaften. Nicht die Frage, wel-chen Effekt erzielen wir mit diesem geringen Mitteleinsatz ¿ es handelte sich um die Summe von 10.000 ¿ - sondern wiederum das Sparen als Selbstzweck, stand im Vordergrund bei Ihrer Ablehnung.

Ein weiteres Beispiel: in den Westfälischen Schulen muss der Pflegeschlüssel zur Betreuung behinderter Kinder und Jugendlicher dringend korrigiert werden. Die SPD-Fraktion hat dazu einen Vorschlag unterbreitet, den wir aus Überzeugung von der Notwendigkeit eines solchen Schrittes unterstützt haben. Sie von der CDU lehnen eine adäquate Ausstattung mit therapeu-tischem Personal ab ¿ und nennen das dann sparsamen Umgang mit Finanzmitteln.

Die Liste ließe sich beliebig erweitern. Werfen wir einen Blick auf den Umweltbereich:

Der erste Sparakt Ihrer Fraktion, Herr Dr. Kirsch, war die Auflösung des Umweltausschusses.
Auch hier stand nicht die Frage im Vordergrund, welches politische Signal mit dieser Ent-scheidung verbunden ist, sondern lediglich der monetäre Nutzen.
Was Sie als Stärkung des Umweltgedankens verkauften, entpuppte sich bei den Haushaltsberatungen als Begräbnis des Umweltbewusstseins. Nicht einmal 10.000 ¿ wert waren Ihnen
Agenda-Aktivitäten des LWL, obwohl sich seinerzeit alle Fraktionen für den Beitritt zum Kyoto-Protokoll ausgesprochen hatten. Aber Sie müssen ja sparen.
Noch immer sickern in Gütersloh die Abwässer in den Boden, weil Sie die nötigen Eigenmittel für die Kanalsanierung nicht zur Verfügung stellen, die aus den Einsparungen der neu eingebauten Heizzentrale kommen sollten. Aber Sie müssen ja sparen.

Und schließlich haben Sie auch unseren Antrag zum Intracting in allen Punkten abgelehnt.
Selbst unsere Forderung nach mehr Transparenz durch Ausweisung eigener Haushaltsstellen für die Einnahmen aus dem Intracting-Programm scheiterte an Ihrem Sparverständnis. Da die Mittel für die Gebäudeunterhaltung in den letzten Jahren spürbar zurückgefahren wurden, kommt da schon der Verdacht auf, dass man diese Einnahmen im Verwaltungshaushalt versickern lassen will, um mit dem Geld mehr und mehr die notwendige Gebäudeunterhaltung zu finanzieren , statt mit Energiesparmaßnahmen zukunftsweisend Zeichen zu setzen, um zusätzlich CO2 einzusparen.
Stattdessen wird von Ihnen sogar eine Diskussion um die 30% bisher für regenerative Energien eingesetzten Mittel geführt, bis hin zur Verweigerung eines ähnlich nichtssagenden Kompromisses, wie wir ihn aus dem Kulturbereich kennen.

Das traurige Fazit aus Ihrer Art des Sparens ohne Rücksicht auf die Folgen: Es findet keine Diskussion mehr über Standards und Qualität der Aufgabenerledigung statt, es wird nicht mehr inhaltlichfachlich entschieden, sondern alles dem Diktat der Kosteneinsparung unterworfen!

Noch ein Wort an Sie , Herr Gebhard, und Ihre Fraktion.
Sie haben ja ebenfalls die meisten unserer Anträge abgelehnt und sich letztlich auf die CDU und deren Sparkurs zu bewegt. Ist es so schwer, sich aus der Kuschelecke der Grossen Koalition herauszuwagen und auch mal nein zu sagen?
Meine Fraktion jedenfalls lehnt den von der CDU-Fraktion eingeschlagenen Sparkurs ab und lässt sich auch durch nichtssagende Kompromisse nicht einlullen. Wir werden diesen Haushalt ablehnen.

Das Jahr 2002 wird das Jahr der aufgabenkritischen Betrachtung der LWL-Leistungen. Die uns vorliegende Liste enthält an die 80 Prüf- und Sparvorschläge. Angesichts dieser Zahl stellt sich einem schon die Frage, ob dies nicht ein Jahr wird, in dem die Verwaltung sich hauptsächlich mit sich selbst beschäftigen muss, und ob dies denn der Erledigung der eigentlichen Aufgaben noch dienlich ist.
Aufgrund der in den Haushaltsberatungen gemachten Erfahrungen und nach der Art und Weise der Beratung der ersten Vorlagen zum Thema Aufgabenkritik befürchte ich, dass es aufgrund von rein monetären Betrachtungen zur Senkung von Qualität und Standards in der Aufgabenerledigung kommen wird, zu Lasten der Kundinnen und Kunden des LWL.

Damit wir uns nicht missverstehen: Ich halte eine dauerhafte aufgabenkritische Überprüfung der Leistungen des Landschaftsverbandes durchaus für sinnvoll und notwendig, wenn sie in einer offenen und positiven Weise angegangen wird. Die zentralen Fragen dabei müssen sein:

- Welche Aufgaben sind zu erfüllen?
- Mit welchen Mitteln ist die effizienz der Aufgabenwahrnehmung zu steigern?
· Welcher Ressourcen bedarf es zur Erledigung dieser Aufgaben?

Aber über allen Sparbemühungen dürfen wir nicht vergessen, dass der Landschaftsverband einen sozialpolitischen und einen kulturpolitischen Auftrag zu erfüllen hat. Wenn Sie, meine Damen und Herren, diese Zielsetzung aus den Augen verlieren, so ist dies zum Schaden der Menschen in Westfalen-Lippe und geht auch zu Lasten des verbandspolitischen Profils.
Wir jedenfalls wollen die lange und gute Tradition des Landschaftsverbandes, sich für benachteiligte, alte und kranke Menschen einzusetzen, sowie kompetenter Sachwalter von Kultur und Kulturpflege in Westfalen-Lippe zu sein, wir wollen diese Tradition erhalten wissen.
Dafür sind wir zu haben. Dabei machen wir, die Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen, mit!!
Danke für Ihre Aufmerksamkeit!

ca. 9747 Anschläge



Pressekontakt:
Bündnis 90/Grüne, Telefon: 0251/591-245
presse@lwl.org




Der LWL im Überblick:
Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeitet als Kommunalverband mit 20.000 Beschäftigten für die 8,3 Millionen Menschen in der Region. Der LWL betreibt 35 Förderschulen, 21 Krankenhäuser, 18 Museen sowie zwei Besucherzentren und ist einer der größten deutschen Hilfezahler für Menschen mit Behinderung. Er erfüllt damit Aufgaben im sozialen Bereich, in der Behinderten- und Jugendhilfe, in der Psychiatrie und in der Kultur, die sinnvollerweise westfalenweit wahrgenommen werden. Ebenso engagiert er sich für eine inklusive Gesellschaft in allen Lebensbereichen. Die neun kreisfreien Städte und 18 Kreise in Westfalen-Lippe sind die Mitglieder des LWL. Sie tragen und finanzieren den Landschaftsverband, dessen Aufgaben ein Parlament mit 125 Mitgliedern aus den westfälischen Kommunen gestaltet.


Der LWL auf Facebook:
https://www.facebook.com/LWL2.0






Ihr Kommentar




zur Druckansicht dieser Seite

zu den aktuellen Presse-Infos