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Mitteilung vom 14.08.01

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Als die Zuckertüten noch auf Bäumen wuchsen
LWL-Volkskundlerin zum Brauch, den ersten Schultag zu versüßen

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Münster (lwl). Sie gehört zum ersten Schultag wie der Tornister auf dem Rücken und die Zahnlücke im Mund: die Schultüte. Gefüllt mit Bonbons, Lakritz, Buntstiften oder Spielsachen, versüßt sie den ABC-Schützen den Aufbruch in die komplizierte Welt der Buchstaben und Zahlen. Heute kommen die meisten Schultüten aus dem Kaufhaus oder der elterlichen Bastelstube, früher wuchsen sie angeblich auf einem Baum. "Das glaubten zumindest viele Kinder, denn der Fabel nach wuchs im Schulkeller ein Baum, von dem der Lehrer braven Kindern eine Zuckertüte abpflückte", weiß Christiane Cantauw von der Volkskundlichen Kommission des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL).

Der Brauch, Kindern zum Schulbeginn Süßigkeiten zu schenken, geht ins 19. Jahrhundert zurück. "Das Zuckertütenbuch für alle Kinder, die zum ersten Mal in die Schule
gehen" aus dem Jahre 1850 ist Beweis dafür. Verbreitet
war der Brauch zunächst in Thüringen, Anhalt, dem Vogtland und dem Erzgebirge. "Aus Lippe wird berichtet, dass
die Kinder um die Jahrhundertwende zu ihrer Einschulung
einen Zuckerstuten, Brezeln, einen Apfel oder eine Birne erhielten. In den 30er Jahren kamen die Süßigkeiten dann in die Tüte", so Cantauw. Im westfälischen Raum sind die typischen Schultüten, wie wir sie heute kennen, seit den 50er Jahren bekannt.

Von großen Unterschieden beim Inhalt der Schultüten, weiß Cantauw zu berichten: "Während die Tüte bei wohlhabenderen Familien oft randvoll mit Naschwerk gefüllt war, fanden ärmere Kinder in ihrer Schultüte stattdessen praktische Dinge wie ein Paar Stiefel, oder eine Kleinigkeit in Form eines Weckens oder von sehr wenig Süßigkeiten."

Wie heute sorgten auch damals in der Regel Eltern oder Paten dafür, dass Geschenke in die Tüten
kamen. Übergeben wurden die Schultüten früher aber meistens vom Lehrer - als Motivation für das Lernen. Eine solche Entschädigung für den beginnenden "Ernst des Lebens" hatte offensichtlich auch mancher nötig. In den Lebenserinnerungen des Forschers Josef Meder jedenfalls heißt es: "Damit wir nicht etwa gleich am ersten Vormittag heulend davonliefen, redeten uns alle Angehörigen wochenlang den Zuckerbaum vor, der mit Näschereien dicht behangen in der Schulstube stehe und nur für die Erstlinge bestimmt sei."

ca. 1908 Anschläge



Pressekontakt:
Markus Fischer Telefon: 0251 / 591-235
presse@lwl.org




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