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Mitteilung vom 02.07.14

Presse-Infos | Kultur

Ich hab an Dich gedacht: Urlaubsgrüße aus der Ferne sind heute noch populär

LWL-Volkskundler sammeln historische und aktuelle Ansichtskarten

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Westfalen (lwl). ¿Wetter o.k., Unterkunft gut, Essen super¿, dazu noch eine Unterschrift sowie ein Bild einer klassischen Urlaubsidylle: mehr Informationen braucht es nicht, um den Daheimgebliebenen per Ansichtskarte von einem gelungenen Urlaub zu berichten. An-sichtskarten gibt es schon seit über 100 Jahren mit vielen sehr unterschiedlichen Motiven.

In den Anfängen beschränkten sich Urlaubskarten zunächst auf Abbildungen eines Ortes oder einer Landschaft, die zwar heute auch noch eine große Rolle spielen, zu denen aber im Laufe der Jahrzehnte zahlreiche Motive hinzugekommen sind. Die Volkskundliche Kommission für Westfalen beim Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) sammelt historische und aktuelle Ansichtskarten.

¿Sehr beliebt sind stereotype Abbildungen von vermeintlich regionaltypischen Besonderheiten. Das können Darstellungen von Nahrungsmitteln, folkloristischer Kleidung, oder jeglicher Alltagssituationen sein, die man für bezeichnend für die jeweilige Urlaubsregion hält¿, sagt Jutta Nunes Matias von der LWL-Kommission. ¿Auch der Nachdruck von historischen Ansichtskarten ist zu einem beliebten Postkartengenre geworden und könnte dem Empfänger signalisieren, dass der Postkartenschreiber auch an Kultur und Geschichte des Landes Interesse hat. Gute Urlaubslaune symbolisieren die humoristischen Urlaubskarten, die bisweilen ins Satirische gehen und den Urlauber zum Beispiel als einen unerfahrenen Fremden in der Ferne aufs Korn nehmen¿, so die Volkskundlerin weiter.

Die eher romantische Variante bieten die zahlreichen Abbildungen von Sonnenuntergängen über dem Meer, die auch heute noch in jedem Ansichtskartenständer eines Badeortes zu finden sind. Zu den Klassikern zählen Collagen, bei denen mehrere Abbildungen mit unterschiedlichen Motiven in Briefmarkengröße nebeneinander angeordnet sind und dem Betrachter gleich einer Diashow die ganze Bildpalette eines Ortes präsentieren. Postkarten in Richtung Erotik ¿ meist handelt es sich um Frauen, die sich leicht oder gar nicht bekleidet am Strand tummeln ¿ geben zumindest einen Hinweis darauf, was man alles an einem Urlaubsort erleben könnte. Letztere Variante führt dazu, dass ein Urlaubsort nicht nur als ein kulinarisches und visuelles Schlaraffenland gesehen wird, sondern dass auch ¿anderweitige Paradiese¿ in Betracht gezogen werden.

¿Als Information wird somit durch die Urlaubspostkarten nicht nur transportiert, dass der Urlauber hier war, sondern dass er auch etwas ¿Besonderes` erlebt hat¿, so Nunes Matias. ¿Die Karte ist immer ein Beweisstück für einen gelungenen Urlaub und benötigt dank der visuellen Botschaft nicht viele Worte.¿

Das entspricht dem ursprünglichen Konzept der Postkarte als einem Kurzinformationsmittel, das die deutsche Postverwaltung ab 1870 eingeführt hat. Sie sollte sich in Länge und Schreibweise stark vom Brief unterscheiden. Die ersten Ansichts- und Urlaubskarten, die kurz nach der Einführung der Postkarte aufkamen, gaben dem Schreiber gar keine Möglichkeit, sich aufwendig über den Aufenthalt in der Ferne auszulassen. Dem Schreiber blieb nur eine kleine Fläche auf der Vorderseite für seine Nachricht. Im Mittelpunkt der Ansichtskarte stand das Motiv. Durch Innovationen der Druckindustrie wie der Lithografie, aber auch durch den steigenden Bedarf an Urlaubskarten wegen des aufkommenden Massentourismus setzte eine wahre Bilder- und Motivflut ein. Dass die Druckereien nicht immer ein glückliches Händchen bei der Bildauswahl hatten, bezeugt ein Aufsatz aus den 1920er Jahren mit dem Titel ¿Bekämpft die Schundpostkarte¿. Der Autor beschreibt eine Karte mit einem westfälischen Schinken, in dessen Mitte eine Stadtansicht prangt, und bezeichnet diese schlichtweg als Geschmacklosigkeit.

Die Kritik tat der Freude am Kartensammeln keinen Abbruch. Schon seit Aufkommen des neuen Mediums hatten die Karten eine wahre Sammelleidenschaft ausgelöst. Einzelpersonen oder auch Vereine verschrieben sich den Karten, die natürlich besonders geschätzt wurden, wenn sie aus fernen Ländern abgeschickt worden waren.

Die LWL-Kommission besitzt in ihrem Archiv eine umfangreiche Sammlung von 17.000 Urlaubs- und Ansichtskarten, die von der Bedeutung und der Motivvielfalt dieses Mediums zeugt. ¿Gemeinsam mit aktuellen Urlaubsgrüßen, die via Internet SMS, Facebook oder anderen digitalen Informationsformen versendet werden, haben alle Urlaubsgrüße ¿ egal ob historisch oder aktuell - eine Botschaft gemeinsam: Ich hab an Dich gedacht¿, so Nunes Matias.



Pressekontakt:
Markus Fischer, LWL-Pressestelle, Telefon: 0251 591-235
presse@lwl.org



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