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Mitteilung vom 28.06.13

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Dokumentationsstelle zur Kultur und Geschichte der Polen in Deutschland nimmt Arbeit auf

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Bochum (lwl). Als ¿wichtigen Baustein für die Erforschung der Geschichte und Kultur von in Deutschland lebenden Polen und polnisch-stämmigen deutschen Bürgern¿ bezeichnete Günter Winands, Stellvertreter von Kulturstaatsminister Bernd Neumann, die neue Dokumentationsstelle in Bochum. Durch ein zentrales Internetportal solle die gemeinsame Geschichte lebendig werden. Die Verwaltungsvereinbarung über die Einrichtung und den Betrieb der Dokumentationsstelle wurde heute im Industriemuseum Zeche Hannover des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) in Bochum offiziell übergeben.

¿Porta Polonica¿ lautet der Name der bundesweit agierenden Dokumentationsstelle. Sie wird vom LWL getragen und aus dem Etat von Kulturstaatsminister Bernd Neumann dauerhaft mit 300.000 Euro pro Jahr gefördert. Ziel der Dokumentationsstelle ist es, die Orte der wechselvollen Geschichte und vielfältigen Kultur der Polen in Deutschland sichtbar zu machen, ein neues Bewusstsein für deren Bedeutung im europäischen Kontext zu schaffen und ein Forum für den Austausch über Erinnerung, Geschichte, Identität und Kultur herzustellen. Zentrales Medium wird ein Internetportal, das die Informationen zur Kultur und Geschichte der Polen in Deutschland bündeln und dabei die Möglichkeiten der digitalen sozialen Netzwerke nutzen wird. Ein digitaler ¿Atlas der Erinnerungsorte¿ soll neue Zugänge zur Geschichte der Polen in Deutschland eröffnen.

Die Einrichtung der Dokumentationsstelle ist Teil des Aktionsprogramms, das der ¿Runde Tisch¿ mit Regierungsvertretern beider Länder und polnischen Organisationen in Deutschland vorgesehen und die Regierungen von Deutschland und Polen im vergangenen Jahr zum 20-jährigen Bestehen des deutsch-polnischen Freundschaftsvertrags beschlossen hatten.

"Das ist ein sehr wichtiger Tag für uns, der erste wichtige Schritt bei der Umsetzung unserer Anträge und Beschlüsse des Runden Tisches. Jetzt muss der zweite Schritt erfolgen, die bauliche Anpassung des Polnischen Hauses in Bochum, in dem die Dokumentationsstelle ihren endgültigen Sitz erhalten soll", sagte Josef H. Malinowski, Vorsitzender des Bundes der Polen in Deutschland, bei der Veranstaltung heute in Bochum.

Die Stadt Bochum war seit den 1890er Jahren das kulturelle und politische Zentrum der Polen in Deutschland. Mehr als 500.000 polnisch-stämmige Menschen lebten damals im Revier. Die wichtigsten Dachverbände und Organisationen hatten in der Bochumer Klosterstraße ihren Sitz, in der sich seit 1922 die Geschäftsstelle des Bundes der Polen in Deutschland befindet.

LWL-Direktor Dr. Wolfgang Kirsch betonte die Bedeutung der Zusammenarbeit von Fachleuten und der Bevölkerung mit deutschen und polnischen Wurzeln bei der Realisierung der Porta Polonica als ¿Tor zur Geschichte der Polen in Deutschland¿: ¿Um erfolgreich zu sein, müssen unterschiedliche Perspektiven und Erfahrungen in die Arbeit der Dokumentationsstelle einfließen. Es freut uns sehr, dass der Landschaftsverband Westfalen-Lippe, als erfahrener kultureller Dienstleister, die Realisierung der Porta übernehmen kann.¿

Um sofort mit der Arbeit beginnen zu können, stellt das LWL-Industriemuseum Zeche Hannover in Bochum, das seit einem Jahrzehnt den Themenschwerpunkt ¿Migrationsgeschichte und kulturelle Vielfalt¿ in NRW vertritt, Büroräume für die Dokumentationsstelle bereit. Die Leitung der Porta Polonica übernimmt der in Breslau geborene Kulturwissenschaftler Dr. Jacek Barski, der seit 1981 Jahren in Deutschland lebt.

Hintergrund
Das LWL-Industriemuseum hat 2011 für den Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien der eine Machbarkeitsstudie für eine Dokumentationsstelle zur Kultur und Geschichte der Polen in Deutschland erstellt.

In einem einjährigen Diskussionsprozess sowie einem Workshop mit 60 Vertretern polnischer Organisationen in Deutschland und Experten aus Kultur, Wissenschaft und Politik wurde das Konzept für die Dokumentationsstelle weiter entwickelt.

In Deutschland leben heute mehr als zwei Millionen Menschen mit polnischer Muttersprache und polnischer Identität. Beide Völker können auf eine lange und wechselvolle Geschichte zurück blicken. Sie ist geprägt von Phasen des Kriegs, der Verfolgung und des Leids, aber vor allem auch vom friedlichen Zusammenleben, guter Nachbarschaft sowie vielfältigen kulturellen und wirtschaftlichen Beziehungen.

Die Polen in Deutschland haben wesentlich zur kulturellen und wirtschaftlichen Entwicklung des Landes beigetragen. Neben gegenseitigen Beeinflussungen in Musik, Literatur und Politik vom Mittelalter bis ins 20. Jahrhundert war das vor allem der Beitrag der polnischen Zuwanderer, die Ende des 19. Jahrhundert als Landarbeiter und Industriearbeiter nach Deutschland kamen.

Am Vorabend des Ersten Weltkriegs lebte mehr als eine halbe Million Menschen polnischer Herkunft und polnischer Muttersprache im Ruhrgebiet. Sie arbeiteten dort nicht nur in Zechen, Eisenhütten und Stahlwerken und trugen damit zum Aufbau und Wohlstand des Landes bei, sondern etablierten in Bochum, im Herzen des aufstrebenden Ruhrgebiets, ein Zentrum der polnischen Verbände, Banken, Verlage und Vereine, das ins gesamte Deutsche Reich ausstrahlte.

Trotz des Wegzugs von zwei Dritteln der so genannten Ruhr-Polen aus dem Revier nach Wiedererstehen des polnischen Staates konnte Bochum als Zentrum der Polen bis 1939 seine Bedeutung erhalten.

Mit dem Überfall auf Polen, der Verschleppung und Vernichtung wurden in vielen Teilen Deutschlands die Wurzeln des Zusammenlebens, des kulturellen und wirtschaftlichen Austauschs zerschlagen. Die polnischen und deutschen Grenzverschiebungen und die Einbindung in unterschiedliche politische und militärische Bündnissysteme nach dem Zweiten Weltkrieg haben lange Zeit die Annäherung und Versöhnung der beiden Völker erschwert. Mit dem Aufbruch zur Demokratisierung der Ostblockstaaten, der Anfang der 1980er Jahre von Polen ausging, der endgültigen Bekräftigung der Grenzen und dem Vertrag zur guten Nachbarschaft und freundschaftlichen Zusammenarbeit haben beide Staaten 1991 die Weichen für die gemeinsame Zukunft in einem zusammenwachsenden Europa gestellt.

In der Phase des politischen Umbruchs sind hunderttausende Menschen aus Polen nach Deutschland gekommen. Im Gegensatz zu anderen Gemeinschaften von Zuwanderern tritt die Präsenz der Polen in Deutschland jedoch oft nur zurückhaltend in Erscheinung. Ihr weitreichender Beitrag zu einem gemeinsamen kulturellen Erbe, ihre Bedeutung für die Entwicklung und kulturelle Vielfalt in Deutschland ist daher vielen nicht bewusst.

Die Orte der wechselvollen Geschichte und vielfältigen Kultur der Polen in Deutschland sichtbar zu machen und ein Forum für den Austausch über Erinnerung, Geschichte, Identität und Kultur herzustellen ist, das Ziel der Dokumentationsstelle zur Kultur und Geschichte der Polen in Deutschland.

Kontakt Projekt Porta Polonica:

Telefon: 0234 23953731
info@porta-polonica.de



Pressekontakt:
Markus Fischer, LWL-Pressestelle, Telefon: 0251 591-235 und Christiane Spänhoff, LWL-Industriemuseum, Telefon: 0231 6961-127
presse@lwl.org



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44793 Bochum
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Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeitet als Kommunalverband mit 20.000 Beschäftigten für die 8,3 Millionen Menschen in der Region. Der LWL betreibt 35 Förderschulen, 21 Krankenhäuser, 18 Museen sowie zwei Besucherzentren und ist einer der größten deutschen Hilfezahler für Menschen mit Behinderung. Er erfüllt damit Aufgaben im sozialen Bereich, in der Behinderten- und Jugendhilfe, in der Psychiatrie und in der Kultur, die sinnvollerweise westfalenweit wahrgenommen werden. Ebenso engagiert er sich für eine inklusive Gesellschaft in allen Lebensbereichen. Die neun kreisfreien Städte und 18 Kreise in Westfalen-Lippe sind die Mitglieder des LWL. Sie tragen und finanzieren den Landschaftsverband, dessen Aufgaben ein Parlament mit 125 Mitgliedern aus den westfälischen Kommunen gestaltet.


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Kommentar(e)

10.07.2013 16:40
Kontakt zum Projekt Porta Polonica: Telefon: 0234 23953731 info@porta-polonica.de
Klaus-W. Vollgold10.07.2013 16:33
Eine wunderbare Idee. Ich habe jahrelang für die Evangelische Kirche v.Westfalen Kontakte gepflegt. Ich war in Breslau,im Riesengebirge und in Kreisau.Leider habe ich keinen Kontakt gefunden zuDeutsch-Polnischen Gesellschaften. Ich bin regelmäßiger Bezieher des Deutsch-Polnischen Magazins. Mit herzlichen Grüssen Ihr Klaus-W. Vollgold


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