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Mitteilung vom 13.11.08

Presse-Infos | Soziales

Wende beim Wohnen: Erfolg des Ambulant Betreuten Wohnens

Erstmals weniger Menschen mit Behinderungen in Heimen

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Münster (lwl). Seit Mitte 2008 sinkt in Westfalen-Lippe erstmals die Zahl der Menschen mit Behinderungen in Heimen auf rund 20.600. Bis 2003 verzeichnete der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) jährlich einen Zuwachs von rund 800 Fällen pro Jahr, im Juni diesen Jahres ging die Zahl der Menschen zum ersten Mal seit den 80er Jahren um 60 zurück. Das Angebot für behinderte Menschen, in den eigenen vier Wänden zu wohnen, hat sich dagegen in den vergangenen fünf Jahren in Westfalen-Lippe verdoppelt.

¿Jedem behinderten Menschen, der die Voraussetzungen dafür mitbringt, wollen wir in Zukunft westfalenweit eine eigene Wohnung statt eines Heimplatzes anbieten können¿, sagte LWL-Direktor Dr. Wolfgang Kirsch am Donnerstag (13.11.) in Münster in der LWL-Landschaftsversammlung zum so genannten Ambulant Betreuten Wohnen. Kirsch kündigte an, dass der LWL außerdem in Heimen alle 254 Plätze in Mehrbettzimmern bis Ende 2011 abbauen werde. Rund 17.600 Heimplätze (76 Prozent) in Westfalen-Lippe sind als Einzelzimmer eingerichtet, 5.300 (23 Prozent) als Doppelzimmer.

¿Gutachter und das Düsseldorfer Sozialministerium bescheinigen uns: Wir haben die Aufgabe in den vergangenen fünf Jahren gut erledigt ", so Kirsch. Gegenüber etwa 6.000 Menschen im Jahr 2003 lebten inzwischen über 12.000 im Ambulant Betreuten Wohnen in Westfalen-Lippe. "Längst nicht jeder behinderte Mensch braucht die umfassende Betreuung, die ein Wohnheim bietet. Im Gegenteil: Für viele bietet die eigene Wohnung zusätzliche Lebensqualität", betonte Kirsch. Weder die Qualität der Betreuung leide noch werde jemand gezwungen, aus dem Heim auszuziehen.

Kirsch weiter: "Wir wollen aber den LWL und damit die Städte und Kreise entlasten, die das alles bezahlen." Ein Platz im Heim kostet pro Tag durchschnittlich 100 Euro, die Betreuung in den eige-nen vier Wänden dagegen zwischen 40 und 60 Euro täglich. Der LWL gibt pro Jahr fast eine Milliarde Euro an so genannter Eingliederungshilfe für behinderte Menschen zur Unterstützung des Wohnens aus (ambulant betreutes und stationäres Wohnen erwachsener Menschen mit Behinderungen).

Der LWL strebe ein Verhältnis von mindestens 40 Prozent Ambulant Betreutem Wohnen zu 60 Prozent stationärer Unterbringung an (2004: 30 zu 70 Prozent, 2008: 38 zu 62 Prozent). Nach Schätzungen werde die Zahl der Menschen mit Behinderung wegen der besonderen Altersstruktur noch bis Mitte des nächsten Jahrzehnts steigen, erläuterte Kirsch.

Benno Hörst (CDU-Fraktion) würdigte die Arbeit des LWL in der Behindertenhilfe und wies darauf hin, dass Mehrbelastungen für den LWL-Haushalt durch die steigende Zahl der Menschen mit Behinderungen unvermeidbar seien. Diesen Trend, so der SPD Abgeordnete Siegfried Pogadl, könne der LWL nicht stoppen, aber auch kein Oberbürgermeister oder Landrat. Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen kritisierte Gertrud Meyer zum Alten Borgloh die ihrer Meinung nach zu starke Orientierung an den Kosten. Dr. Wolfgang Ballke (FDP) sprach sich dafür aus, beim Betreuten Wohnen auch alternative örtlich-kommunale Modelle neben den Landschaftsverbänden zu erproben.

Hintergrund:
Nach einer Entscheidung der Landesregierung sind die Landschaftsverbände weiter für das Ambulant Betreute Wohnen behinderter Menschen verantwortlich. Seit dem 1. Juli 2003 - damals befristet und jetzt um weitere fünf Jahre verlängert - sind die Landschaftsverbände nicht nur für die Heimbetreuung verantwortlich, sondern finanzieren auch die ambulante Unterstützung beim Selbstständigen Wohnen von Menschen mit Behinderung.

In NRW werden zur Zeit über 26.400 Menschen mit Behinderung in ihrer eigenen Wohnung betreut, 2004 waren es nur 15.300. Zur Zeit leben in NRW noch 42.900 Menschen mit Behinderung in Wohnheimen. Sie sind wegen ihrer meist geistigen oder mehrfachen Behinderung in der Regel dauerhaft auf fremde Hilfe angewiesen. Für viele von ihnen könnte jedoch mit entsprechender Vorbereitung und Unterstützung das selbständige Leben in der eigenen Wohnung Realität werden. Konzepte zur Weiterentwicklung der ambulanten Angebotsstrukturen auch für Personengruppen mit hohem oder komplexen Unterstützungsbedarf werden zur Zeit erarbeitet.

Weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit steigt in Deutschland die Zahl der behinderten Personen mit Betreuungsbedarf Jahr für Jahr an, jährlich um rund 10.000 Personen, in NRW um zirka 2500 pro Jahr. Der medizinische Fortschritt und die moderne Betreuung tragen dazu bei, dass heutzutage erfreulicherweise auch viele sehr schwer behinderte Menschen ein normales Lebensalter erreichen.



Pressekontakt:
Frank Tafertshofer, LWL-Pressestelle, Telefon: 0251 591-235
presse@lwl.org




Der LWL im Überblick:
Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeitet als Kommunalverband mit 20.000 Beschäftigten für die 8,3 Millionen Menschen in der Region. Der LWL betreibt 35 Förderschulen, 21 Krankenhäuser, 18 Museen sowie zwei Besucherzentren und ist einer der größten deutschen Hilfezahler für Menschen mit Behinderung. Er erfüllt damit Aufgaben im sozialen Bereich, in der Behinderten- und Jugendhilfe, in der Psychiatrie und in der Kultur, die sinnvollerweise westfalenweit wahrgenommen werden. Ebenso engagiert er sich für eine inklusive Gesellschaft in allen Lebensbereichen. Die neun kreisfreien Städte und 18 Kreise in Westfalen-Lippe sind die Mitglieder des LWL. Sie tragen und finanzieren den Landschaftsverband, dessen Aufgaben ein Parlament mit 125 Mitgliedern aus den westfälischen Kommunen gestaltet.


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