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Mitteilung vom 23.04.08

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Die frühmittelalterliche Saline von Soest

Soest durch Salzproduktion reich geworden ¿ fortschrittliche Technik und Überregionaler Handel im Mittelalter

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Soest (lwl). ¿In Soest gibt es eine salzige Quelle...¿, schrieb der arabische Reisende Ibrahim ibn Jacub im 10. Jahrhundert. Nachdem Wissenschaftler lange Zeit den Wahrheitsgehalt dieses Berichtes angezweifelt hatten, haben die Archäologen des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) die mittelalterliche Saline von Soest tatsächlich entdeckt und ausgegraben. Sie beweist, dass die Soester mindestens seit dem 6. Jahrhundert Salz produziert haben. Die LWL-Archäologie für Westfalen hat nun die wissenschaftliche Publikation über diese Anlage unter dem Titel ¿Die frühmittelalterliche Saline von Soest im europäischen Kontext¿ veröffentlicht.

¿Die Entdeckung der Saline geschah völlig überraschend. Der hier gefundene Reichtum an Siedeöfen ließ schnell das Bild einer quasi industriell arbeitenden Saline entstehen. Die Produktion war so gut organisiert, dass Salz auch für den überregionalen Handel hergestellt wurde,¿ erklärt Dr. Gabriele Isenberg, Direktorin der LWL-Archäologie für Westfalen und damalige Grabungsleiterin bei der Vorstellung des Buches am Mittwoch (23.4.).

Die Archäologen haben die Saline von Soest von 1980 bis 1982 untersucht. Dort, wo heute ein Kaufhaus steht, fanden sie die Reste der Öfen, auf denen das Salzwasser gesiedet wurde. Außer-dem entdeckten sie Holzreste von Brennholzlagerplätzen und von Ofenumhegungen, die Holzabdeckung eines Kanals und die Überreste von Flechtwerkzäunen.

Die Soester Saline bestand bereits um 591, wie die Laboruntersuchung des Holzes belegt. Damit ist sie eine Ausnahme, denn Archäologen konnten bisher europaweit nur an wenigen Orten für diese Zeit Salzproduktionsstätten nachweisen.
Da die Ausgräber auch auf Bleistücke stießen, während tönerne Gefäße ausblieben, vermutet die Archäologin und Buchautorin Dr. Susanne Jülich, dass die Soester Siedemeister Bleipfannen benutzten. Diese fortschrittliche Technik verwendete auf dem Kontinent in dieser Zeit nur die Saline in Bad Nauheim. In Nordwestengland allerdings stellten die Salinen schon seit der Römerzeit mithilfe von Bleipfannen Salz her.
Bei dieser Siedetechnik bestand der Siedevorgang aus zwei Schritten ¿ dem sogenannten Stören und dem Soggen. Nachdem die Sieder die Sole in der Bleipfanne auf dem Ofen zum Kochen gebracht hatten, schöpften sie den entstehenden Schaum samt seinen Verunreinigungen ab. In der Soggephase ließen sie das Wasser verdunsten, sodass die Salzkristalle sich am Boden der Pfan-ne ansammelten.

Direkt am Hellweg gelegen, hatte Soest gute Voraussetzungen für den Handel. ¿Möglicherweise bildete die bislang unbekannte Siedlung der Soester Salzsieder sogar den Keim für das Wachstum des Ortes. Schließlich war die Stadt im Mittelalter ein Zentralort mit unterschiedlichen produzierenden Industrien, den auch die Kölner Erzbischöfe protegierten¿, erklärt Archäologin Jülich zur Bedeutung der Soester Saline.


Der Druck des zweibändigen Werkes mit über 130 Fototafeln und detaillierten Plänen wurde vom NRW-Bauministerium finanziert. Die Publikation kostet 49 Euro und ist über jede Buchhandlung erhältlich.

Susanne Jülich, Die frühmittelalterliche Saline von Soest im europäischen Kontext. Bodenaltertümer Westfalens 44 (Mainz 2007). 527 S. mit 70 Abb., 63 Tafeln; Schuber: 70 Tafeln. ISBN 978-3-8053-3821-9. 49 ¿.



Pressekontakt:
Frank Tafertshofer, LWL-Pressestelle, Telefon: 0251 591-235 und Stefanie Mosch, LWL-Museum für Archäologie, Tel.: 0251 5907-264
presse@lwl.org




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