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Mitteilung vom 08.02.08

Presse-Infos | Kultur

LWL-Landesmuseum zeigt die Entwicklung vom Jugendstil zum Expressionismus

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Münster (lwl). Das LWL-Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte in Münster präsentiert noch bis zum 17. Februar in einer umfassenden Ausstellung mit über 200 Exponaten die Kunst des ¿Blauen Reiters¿ (Kandinsky, Marc, Klee) und der ¿Brücke¿ (insbesondere Kirchner) in einem neuen Zusammenhang. Erstmals werden im Museum des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) mit der Ausstellung ¿Freiheit der Linie ¿ Von Obrist und dem Jugendstil zu Marc, Klee und Kirchner¿ die Ursprünge des Expressionismus im Münchner Jugendstil um 1900 aufgezeigt. In einer Serie stellt der LWL ausgewählte Exponate der Ausstellung vor. Gemeinsames Thema der ausgestellten Kunstwerke ist die Bewegung. In Kunsthandwerk und Architektur, in Bildern und Skulpturen gestaltete der Jugendstil ausdrucksvolle lineare Bewegungen, die bereits durch ihre bloßen Verläufe Empfindungen darstellen.

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts entdeckten einige Künstler ein neues Thema für die Kunst: den Ausdruck von Gefühl und Empfindung. Nicht biblische Themen, heilige Personen oder Heldentaten waren der Anlass für Bilder, auch nicht Landschaften oder Stillleben, sondern ein vom Künstler empfundenes Gefühl, ein innerer Seelenzustand. Heute erscheint es selbstverständlich, dass Kunst auch die Emotionen des Künstlers darstellen kann. Damals war diese Betonung des künstlerischen Seelenlebens etwas ganz Neues.

Der aus der Schweiz stammende Bildhauer, Gestalter und Lehrer Hermann Obrist (1862¿1927) war um 1900 eine zentrale Figur des Münchener Kunstlebens. Er begründete den dortigen Jugendstil und beeinflusste den beginnenden Expressionismus. Für Obrist stand fest: Kunst gibt nicht bloß das Sichtbare wieder, sie ahmt nicht nur nach, sondern ¿Kunst gibt gesteigerte, intensive Empfindungen, Kunst ist kondensiert empfundenes, kondensiert gegebenes und intensiv nachgefühltes Leben.¿

Sein künstlerisches Mittel war die Bewegung, ausgedrückt in der kurvigen Linie. Dem Betrachter bleibt bei all den dynamischen Ausdrucksschwüngen gar nichts anderes übrig, als ¿das Mitempfinden, das Nachfühlen, das Mitfühlen, die Einfühlung in die vom Künstler gegebenen verstärkten Empfindungen¿.

Eines der bekanntesten Werke von Hermann Obrist ist sein ¿Entwurf für ein Denkmal¿. Es ist eine Form gewordene Empfindung, eine Erfahrung des inneren Emporsteigens und der Loslösung von materieller Gebundenheit. Dargestellt wird diese Gefühlserfahrung durch einen schräg aufsteigenden Turm, der sich nach oben in dünne Stäbe auflöst und von einer ebenfalls aufsteigenden Spirale umwunden wird. Ganz oben zieht eine geflügelte Figur einen Menschen zu sich heran, und weiter unten erkennt man skizzenhafte Klumpen von sich andeutenden Gestalten, die sich in ihrer Bewegung nach oben ebenfalls zu menschlichen Figuren entwickeln könnten. Der Betrachter sieht dieses Emporsteigen nicht nur von außen her an, sondern er geht innerlich mit und verfolgt das Werden der Figuren.

¿Man hat über den aufwärts strebenden Turm von Obrist gesagt, er sei bereits eine abstrakte Skulptur¿, so der stellvertretende Museumsleiter Dr. Erich Franz. ¿Sicher, sie bildet nichts ab, sie ahmt die Natur nicht nach, aber sie stellt doch etwas dar, das wohl jeder Mensch schon erfahren hat: die Realität eines Gefühls, das wir mit Optimismus, innerer Kraft und Klarheit verbinden. Man erlebt es, wenn man auf einen Turm oder einen Berg steigt; auch von einem Kunstwerk, einem Musikstück oder einer menschlichen Begegnung kann man ¿emporgehoben¿ werden. Zugegeben: es ist ein pathetisches Gefühl, Nietzsche und Wagner erscheinen nicht weit. Und doch hat die Skulptur nichts von wilhelminischem Pomp, sondern sie zielt auf die Leichtigkeit einer Bewegung des Sehens.¿

Obrist ging es nicht um Nachahmung, sondern darum, dass die Künstler ¿ihren schöpferischen Eingebungen treu bleiben.¿ Später formulierte Franz Marc ganz ähnlich: ¿Der echte Künstler ging zu allen Zeiten von der Inspiration aus. Neu ist ihre heutige, nackte Anwendung. Man hängt nicht mehr am Naturbilde, sondern vernichtet es, um die mächtigen Gesetze, die hinter dem schönen Schein walten, zu zeigen.¿



Pressekontakt:
Frank Tafertshofer, LWL-Pressestelle, Telefon: 0251 591-235 und Claudia Miklis, LWL-Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte, Telefon: 0251 5907-168
presse@lwl.org




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