LWL-Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

Mitteilung vom 23.05.06

Presse-Infos | Der LWL

Ausstellungen, Ausgrabungen und Publikationen
Jahresbilanz der LWL-Archäologen

Bewertung:

Westfalen (lwl). In seiner 150-seitigen Jahresbilanz stellten die Archäologen des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) Fundplätze und Fundstücke, Ausstellungen und Publikationen aus dem vergangenen Jahr vor. ¿2005 hatten unsere Archäologen außergewöhnliche vielfältige Aufgaben zu bewältigen¿, fasst LWL-Chefarchäologin Museumsdirektorin Dr. Gabriele Isenberg die Arbeit zusammen. Die Fachleute untersuchten die verschiedensten Fundstellen von der Steinzeit bis hin zum Zweiten Weltkrieg in ganz Westfalen. Auch Fundmeldungen der ehrenamtlichen Mitarbeiter beschäftigten die Wissenschaftler. Einige der neuen Erkenntnisse stellten sie der Öffentlichkeit in Publikationen oder Ausstellungen, wie der Landesausstellung in Herne, vor. Auch im LWL-Römermuseum Haltern war für Überstunden gesorgt: Fast 130 000 Besucher sahen in nur dreieinhalb Monaten die Herculaneum-Ausstellung und machten sie damit zur erfolgreichsten archäologischen Ausstellung in Westfalen.

Die Herculaneum-Ausstellung im Westfälischen Römermuseum Haltern präsentierte Funde aus der Nachbarstadt Pompejis, die ebenfalls bei dem Ausbruch des Vesuv 79 n. Chr. verschüttet wurde, erstmals außerhalb Italiens. Neben Marmorstatuen, Bronzeskulpturen, Wandmalereien und Holzmöbeln waren auch zwei Papyrusrollen aus der Bibliothek der berühmten Villa dei Papiri, deren Erbauer der Schwiegervater von Julius Caesar war, zu sehen. Die erfolgreichste rein archäologische Ausstellung Westfalens schrieb sogar schwarze Zahlen.

Das Westfälische Museum für Archäologie in Herne eröffnete im April 2005 den zweiten Teil der Dauerausstellung: Im Forscherlabor können die Besucher an 14 Themenstationen die Methoden nachvollziehen, mit denen Wissenschaftler die Spuren der Vergangenheit entschlüsseln. In der Raummitte wird ein Ausschnitt aus den Großsteingräbern von Warburg (Kreis Höxter) nachgestellt und als Kriminalfall inszeniert. Von Themenstation zu Themenstation finden die Besucher mehr über die Menschen, die dort vor 6000 Jahren bestattet wurden, heraus.
Das zweite große Projekt des vergangenen Jahres in Herne war die Landesausstellung ¿Von Anfang an ¿ Archäologie in Nordrhein-Westfalen¿. Sie präsentierte auf 1000 Quadratmetern die bedeuten-desten Funde der Archäologie der letzten fünf Jahre.

Im Jahresbericht berichten die LWL-Archäologen und Paläontologen von ihren Bemühungen um die Denkmäler im Boden, dem unterirdischen Geschichtsarchiv. Auch 2005 mussten sie im Vorfeld von langfristigen Baumaßnahmen, bei kurzzeitigen Baustellenbeobachtungen oder Zufallsentdeckungen in ganz Westfalen aktiv werden. Dabei förderten sie neue Erkenntnisse zur Geschichte der Region zu Tage. Unterstützt wurden die Wissenschaftler von zahlreichen ehrenamtlichen Mitarbeitern, ohne deren Hilfe viele Arbeiten aufgrund der knapper werden Mittel und der dünnen Personaldecke nicht möglich gewesen wären.

Die LWL-Außenstelle Olpe untersuchte gemeinsam mit dem Deutschen Bergbau-Museum seit 2003 den Hüttenplatz am Trüllesseifen in Siegen-Oberschelden (Kreis Siegen-Wittgenstein). Anhand des gut erhaltenen Schmelzofens und der entdeckten Funde lässt sich die Metallverhüttung während der letzten Jahrhunderte v. Chr. rekonstruieren. Hier liegt erstmals können die Fachleute an einem alle Arbeitsprozesse rund um einen Schmelzofen im Detail studieren.

Gleich acht neue Fundstellen zwischen Reken (Kreis Borken) und Dülmen (Kreis Coesfeld) versprechen neue Erkenntnisse für die Zeit des Übergangs von der Lebensweise der Jäger und Samm-ler zu der Zeit der Ackerbauern und Viehzüchter. Die LWL-Archäologen der Außenstelle Münster entdeckten die Stellen bei Geländebegehungen entlang des geplanten Verlaufs der B 67n. Da die geplante Straßenführung hier durch ein Feuchtgebiet führt, sind weitere wichtige Ergebnisse zu erwarten: Denn in Feuchtgebieten haben sich zahlreiche pflanzliche Überreste wie Pollen erhalten, die Rückschlüsse auf Anbau und Ernährung der Menschen früher erlauben.

Wie groß die zeitliche Spanne der archäologischen Fundplätze in Westfalen ist, zeigt eine Ausgrabung in Lichtenau-Herbram-Wald (Kreis Paderborn). Die Archäologen der LWL-Außenstelle Bielefeld untersuchten hier Relikte eines Großtanklagers der Wirtschaftlichen Forschungsgesellschaft mbH, die 1934 gegründet wurde. Offiziell war sie für die Erbauung und den Betrieb von Versuchs- und Forschungsanlagen zuständig. Tatsächlich beschaffte, lagerte und transportierte sie Treibstoffe, Benzin und Schmierstoffen im Zuge der Kriegswirtschaft. Zum Ende des Zweiten Weltkrieges wurde die Anlage von den Alliierten zerbombt. Die archäologischen Untersuchungen ergänzen und korrigieren das Wissen aus schriftlichen Berichten dieser Zeit. So entdeckten die Wissenschaftler ein nicht in den historischen Karten verzeichnetes Gebäude. Seine Funktion ist noch unklar. Bomben aus dem Krieg, die auf dem Gelände entdeckt wurden, erschwerten die Arbeiten. Der Kampfmittelräumdienst barg mehr als 36 Bomben.

Einen grausigen Fund machte die LWL-Stadtarchäologie in Paderborn. Bei der Untersuchung eines mittelalterlichen Adelshofes und den nachfolgenden Bauten entdeckte sie 13 Ost-West ausgerichtete Grabgruben mit je bis zu sieben Skeletten. Einzelne der insgesamt etwa 40 Toten waren regelrecht in die Gruben geworfen worden und teilweise mit verdrehten Armen und Beinen liegen geblieben. Es sind Tagesgräber, die nötig wurden, als im 17. Jahrhundert die Friedhöfe überbelegt waren. Bei einem der Toten lag ein kleiner Leinenbeutel mit einer Silber- und vier Kupfermünzen.

Die jüngste Münze datiert ins Jahr 1622. Es ist noch unklar, ob die Toten Opfer der Kampfhandlungen im Dreißigjährigen Krieg, einer Hungersnot oder einer Seuche geworden waren.

Einige Projekte konnten 2005 mit ihrer Publikation endgültig abgeschossen werden. So die Auswertung der Ausgrabungen des Münsteraner Domklosters von Dr. Alexandra Pesch, die zeigte, dass die Stadtgeschichte Münsters umgeschrieben werden muss. Liudger, der 805 zum ersten Bischof von Mimigernaford geweiht wurde, hatte sein Kloster, anders als bisher angenommen, auf unbebautem Gelände errichtet. Die legendäre sächsische Siedlung Mimigernaford hat demnach nicht auf dem Domhügel gelegen. Wo genau sie zu lokalisieren ist, können vielleicht zukünftige Grabungen zeigen.

Interessierte können den Jahresbericht (¿Neujahrsgruß 2006¿) in den LWL-Museen (Westfälisches Museum für Archäologie in Herne, Westfälisches Römermuseum Haltern und Museum in der Kaiserpfalz in Paderborn) zum Preis von drei Euro erwerben oder unter Telefon 0251 5907-285 bzw. per E-Mail (ruth.schuelting@lwl.org) bestellen. Er kostet vier Euro
einschließlich Porto und Verpackung.

Achtung Redaktionen
Über 100 weitere Fundorte verzeichnet das Ortsregister, das dieser Mitteilung als Kopie beiliegt. Gern informieren wir Sie über die anderen Funde.



Pressekontakt:
Frank Tafertshofer, Telefon: 0251 591-235 und Jana Sager, Tel.: 0251 5907-287
presse@lwl.org



Anlagen:
Anlage 1: Register der Fundorte.doc



Der LWL im Überblick:
Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeitet als Kommunalverband mit 20.000 Beschäftigten für die 8,3 Millionen Menschen in der Region. Der LWL betreibt 35 Förderschulen, 21 Krankenhäuser, 18 Museen sowie zwei Besucherzentren und ist einer der größten deutschen Hilfezahler für Menschen mit Behinderung. Er erfüllt damit Aufgaben im sozialen Bereich, in der Behinderten- und Jugendhilfe, in der Psychiatrie und in der Kultur, die sinnvollerweise westfalenweit wahrgenommen werden. Ebenso engagiert er sich für eine inklusive Gesellschaft in allen Lebensbereichen. Die neun kreisfreien Städte und 18 Kreise in Westfalen-Lippe sind die Mitglieder des LWL. Sie tragen und finanzieren den Landschaftsverband, dessen Aufgaben ein Parlament mit 125 Mitgliedern aus den westfälischen Kommunen gestaltet.


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