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Mitteilung vom 24.11.05

Presse-Infos | Der LWL

Socken für den Westen
Strumpfformer erzählt vom Neubeginn in Sprockhövel

Bewertung:

Sprockhövel/Dortmund (lwl). Ein abstraktes Kunstwerk? in neumodischer Trockenständer für Socken? Auf den ersten Blick wirft der Strumpfformer der Strumpfstrickerei ¿Ruka¿ in Sprockhövel (Ennepe-Ruhr-Kreis) durch sein skurriles Aussehen bei den Betrachtern viele Fragen auf. Das auffällige Ausstellungsstück ist eines von rund 300 Objekten, die der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) in der Sonderausstellung ¿Aufbau West. Neubeginn zwischen Vertreibung und Wirtschaftswunder¿ im Westfälischen Industriemuseum Zeche Zollern II/IV in Dortmund präsentiert. Im Mittelpunkt der Schau stehen die Leistungen und Erfahrungen der Flüchtlinge und Vertriebenen aus dem Osten, die nach 1945 mit Arbeitskraft, Know-how und Unternehmergeist zum Wiederaufbau hierzulande beigetragen haben.

Einen Neuanfang im Westen wagte auch Karl Rüger. Seine Strumpfstrickerei im sächsischen Kaufungen gehörte ¿ anders als die ¿Großen¿ der Branche wie Kunert oder Elbeo ¿ zu den zahlreichen kleinen Familienbetrieben. Der Betrieb wurde von der DDR-Regierung enteignet, Rüger selbst interniert. Nach seiner Entlassung kam der Geschäftsmann durch private Beziehungen nach Sprockhövel und begann dort 1950 in einer Steinbaracke mit der Produktion von rundgestrickten Strümpfen. Firmenname des Betriebes wurde ¿Ruka¿: Ru für Rüger und Ka in Erinnerung an den Heimatort Kaufungen.

Mit der Umsiedlung seines Familienbetriebes in den Westen war Rüger in der Strumpfindustrie kein Einzelfall: ¿Ursprünglich konzentrierte sich die gesamte deutsche Feinstrumpfbranche in Sachsen und im Sudentenland, so dass hier über 98 Prozent der gewirkten Nahtstrümpfe produziert wurden. Von Demontage und Enteignung bedroht, gingen die meisten Strumpf-Fabrikanten nach 1945 in den Westen und nutzten hier ihre Chance¿, so Textilfachmann Dr. Arnold Lassotta vom Westfälischen Industriemuseum. Durch diese Entwicklung gab es in Westdeutschland nahezu alle Produktionsarten, die vor dem Krieg noch über ganz Deutschland verteilt waren.

Auch Hanna, Karl Rügers Tochter, floh aus der DDR nach Westdeutschland. Zunächst in Augsburg bei der Neugründung des Strumpf-Riesens ¿Elbeo¿ beschäftigt, folgte sie schließlich ihrem Vater nach Sprockhövel und stieg hier mit in das Familienunternehmen ein. Später waren bei ¿Ruka¿ zwölf Rundstrick-Maschinen in Betrieb, auf denen monatlich ca. 10.000 Paar Socken hergestellt wurden. Um die Strümpfe nach der Produktion zu glätten und verpacken zu können, wurden die Socken ab-schließend über einen Strumpfformer gestülpt. Aluminium-Schablonen bildeten dabei die verschie-denen Sockengrößen und -längen nach. Elektrisch beheizt, brachten sie die Strümpfe wie beim Bü-geln in die entsprechende Form.

¿Ruka¿ produzierte in Sprockhövel bis zum Tod des Firmengründers 1972. Im Jahr 1999 erhielt das Westfälische Industriemuseum einen Strumpfformer des Unternehmens für seine Sammlung und dokumentierte die Betriebsgeschichte der Familie Rüger. Besucher der Zeche Zollern II/IV in Dortmund können das geschichtsträchtige Exponat noch bis zum 26. März 2006 in Sonderausstellung ¿Aufbau West¿ sehen.

¿Aufbau West. Neubeginn zwischen Vertreibung und Wirtschaftswunder¿
18.9.2005 bis 26.03.2006
Westfälisches Industriemuseum Zeche Zollern II/IV
Grubenweg 5, Dortmund-Bövinghausen
Geöffnet dienstags bis sonntags von 10 bis 18 Uhr



Pressekontakt:
Nancy Bodden, Tel. 0231 6961-237 und Markus Fischer, Tel. 0251 591-235
presse@lwl.org




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