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Mitteilung vom 10.07.02

Presse-Infos | Der LWL

Ein Franzose in Westfalen - LWL-Archäologe seit 25 Jahren

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Bielefeld (lwl). Dr. Daniel Bérenger, Archäologe beim Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) feiert am 15. Juli 2002 sein 25-jähriges Dienstjubiläum. "Mit seiner Arbeit hat der Leiter der Außenstelle Bielefeld des Westfälischen Museums für Archäologie und LWL-Amtes für Bodendenkmalpflege die Archäologie in Westfalen-Lippe bekannter gemacht", würdigte LWL-Chefarchäologin Dr. Gabriele Isenberg die Arbeit des gebürtigen Franzosen.

Die Frage nach der Nationalität ist immer dieselbe, die Antwort inzwischen
routiniert: "Ja, ich bin Franzose." Der Fragende hakt nach: "Dachte ich es mir - mit dem Akzent. Aber wie kommt man als Franzose nach Westfalen?" Auch auf diese Frage ist die Antwort bereits fertig. "Eine Frau, meine Frau" mit einem geübten Blick zum Ehering.

Dr. Daniel Bérenger lebt seit 25 Jahren in Bielefeld. Seitdem arbeitet er in der LWL-Außenstelle, 1996 wurde er ihr Leiter. Seit Anfang des Jahres 2002 ist der Franzose auch Stellvertreter von LWL-Chefarchäologin Isenberg.

Der 53jährige, der 1977 in das ihm damals völlig unbekannte Westfalen kam, ist heute ein anerkannter Experte für die Ur- und Frühgeschichte des östlichen Landesteils. Bei seinen zahlreichen Rettungsgrabungen kam viel Überraschendes zu Tage: In Borchen-Etteln (Kreis Paderborn) die Überreste einer eichenen Totenhütte, die vor 3.250 Jahren offenbar von selbst in Flammen aufging - kurz bevor die beeindruckte Trauergemeinde darüber einen Grabhügel aufschüttete.

Er fand die Menschen und Pferde im frühmittelalterlichen Friedhof von Fürstenberg bei Bad Wünnenberg (Kreis Paderborn), deren über 1.200 Jahre alte Skelette so gut erhalten waren, dass man sie noch "zum Sprechen" brachte über ihr Geschlecht, Alter, ihre Krankheiten. Oder die kleine bronzene Ente aus einem 2.300 Jahre alten Brandgrab in Eilshausen bei Hiddenhausen (Kreis Herford) - künstlerisch überzeichnet, als ob Walt Disney sie entworfen hätte. Dazu gehört auch die Grabung im Zentrum von Bielefeld (Parkplatz Welle), die sich zur Kenntnis der mittelalterlichen Stadt als so bedeutend erweist. Und nicht zu vergessen die so genannten "Damen von Ilse": 17 junge Frauen aus Baden-Württemberg, die vor 2.550 Jahren bei Petershagen an der Weser (Kreis Minden-Lübbecke) starben und sich, fern ihrer Heimat, in ihrer eigenen, schmuckreichen Tracht beerdigen ließen.

An den Früchten der Forschungen kann demnächst jeder teilhaben: Für das neue Westfälische Museum für Archäologie in Herne (Eröffnung im Frühjahr 2003) betreut Dr. Bérenger im Team der LWL-Wissenschaftler die Zeitspanne der letzten 2.000 Jahre vor Christi, in der Bronze und Eisen die wichtigsten Rohstoffe waren.

Die Bronze- und Eisenzeit liegen ihm besonders am Herzen. Rund 2.000 Grabhügel aus dieser Zeit gibt es in den Wäldern von Ostwestfalen-Lippe. Der LWL-Archäologe hat sie alle gesehen und einige davon selber entdeckt. Etwa 30 davon, deren Zerstörung unvermeidbar war, hat Bérenger mit seinen Technikern vorher wissenschaftlich untersucht. In seinem Arbeitsalltag machen dem Bodendenkmalpfleger, dessen oberstes Ziel der Schutz und Erhalt der Bodendenkmäler im Regierungsbezirk Detmold ist, allerdings am meisten jene Metallsondengänger zu schaffen, die die "Spielregeln" aus dem Denkmalschutzgesetz nicht respektieren und sich selbst als Schatzsucher bezeichnen.

Der Mann mit Vollbart, der selten ohne seine Pfeife und seinen roten Schal anzutreffen ist, studierte in Poitiers, Bonn und Münster Ur- und Frühgeschichte, Geschichte und Geographie. In seiner Dissertation hat er die Keramik der Eisenzeit und römischen Kaiserzeit (500 v. Chr. bis 500 n. Chr.) untersucht, an der man die Rolle Ostwestfalens als Kontakt- und Durchgangsraum zu jener Zeit ermessen kann. Daneben entstanden zahlreiche wissenschaftliche Publikationen und populärwissenschaftliche Beiträge. Die frühe Geschichte von Westfalen kann heute jeder nachlesen.

Als jüngstes Werk betreut Bérenger zusammen mit Wulf Brebeck, dem Leiter des Kreismuseums Wewelsburg, einen vierbändigen Archäologischen Führer für die Kreise Paderborn und Höxter. Dass Westfalen längst zu seiner zweiten Heimat geworden ist, kann man auch an seinem Engagement für die von ihm mitbegründete "Gesellschaft zur Förderung der Archäologie in Ostwestfalen" ermessen.

"Nicht nur den umsichtigen Bodendenkmalpfleger und Wissenschaftler schätze ich in Herrn Bérenger, sondern vor allem seine Kreativität und sein mitgestaltendes Engagement bei den zahlreichen Aufgaben, die unser Haus in der jüngsten Zeit zu schultern hat - und dass ihn selbst im größten Stress nie sein Charme und sein Humor verlassen" so Gabriele Isenberg über ihren Stellvertreter, von dem eine Journalistin schon behauptet hat, er habe im Regierungsbezirk Detmold bereits jeden Stein einmal umgedreht.

Und dennoch kennt der Archäologe auch ein Leben außerhalb der Archäologie. Bérenger engagiert sich in der Kunstszene Bielefeld unter dem Pseudonym "Daniel". Das dortige Künstlerhaus "Artists Unlimited" hat er 1985 gegründet und über viele Jahre aktiv gestaltet. "Künstler sind ein bisschen verrückt und sehr lebendig. Sie sind ein guter Ausgleich zu der Beschäftigung mit Tod und Vergangenheit. Die Kunst überhaupt ist mir wichtig", betont der Archäologe "- und meine Frau". Mit ihr hat er gerade in seinem Heimatdorf Niort in Westfrankreich im Schoß der Bérenger-Sippe Silberhochzeit gefeiert.









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Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeitet als Kommunalverband mit 20.000 Beschäftigten für die 8,3 Millionen Menschen in der Region. Der LWL betreibt 35 Förderschulen, 21 Krankenhäuser, 18 Museen sowie zwei Besucherzentren und ist einer der größten deutschen Hilfezahler für Menschen mit Behinderung. Er erfüllt damit Aufgaben im sozialen Bereich, in der Behinderten- und Jugendhilfe, in der Psychiatrie und in der Kultur, die sinnvollerweise westfalenweit wahrgenommen werden. Ebenso engagiert er sich für eine inklusive Gesellschaft in allen Lebensbereichen. Die neun kreisfreien Städte und 18 Kreise in Westfalen-Lippe sind die Mitglieder des LWL. Sie tragen und finanzieren den Landschaftsverband, dessen Aufgaben ein Parlament mit 125 Mitgliedern aus den westfälischen Kommunen gestaltet.


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