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Mitteilung vom 10.09.01

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Landschaftsverbände zur Eingliederungshilfe für behinderte Menschen: Integration fördern und Kostenlawine bremsen

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Düsseldorf/Köln/Münster - Die Selbständigkeit behinderter Menschen soll stärker gefördert werden. Gleichzeitig müssen wegen der stetig steigenden Zahl von Menschen mit Behinderungen und dadurch wachsenden Kosten auch Bund und Land in finanzielle Verantwortung genommen werden. Ein Umsteuern in der Behindertenpolitik forderten die Direktoren der Landschaftsverbände Rheinland (LVR) und Westfalen-Lippe (LWL), Udo Molsberger und Wolfgang Schäfer, am Montag (10. September)in Düsseldorf. Es gehe um den Ausbau ambulanter Wohnformen: Für die Betroffenen bedeute dies ein Gewinn an Autonomie und Lebensqualität, während sich die Kosten pro Wohnplatz etwa halbieren würden.

Die beiden Kommunalverbände mit Sitz in Köln und Münster zahlen für die Beschäftigung in Werkstät-ten für behinderte Menschen und die Betreuung in Wohneinrichtungen in diesem Jahr rund 4,5 Milliarden Mark. 2005 werden es voraussichtlich sechs Milliarden Mark sein, wenn der Bedarf weiterwächst wie bisher. "Das können unsere Mitglieder, die Städte und Kreise, in zwei bis drei Jahren nicht mehr schultern", warnten Molsberger und Schäfer. Die Landesdirektoren legten eine gemeinsame Publikation zur bisherigen Entwicklung und zur Zukunft der Eingliederungshilfe vor.

Aus der Darstellung geht hervor, dass von allen Hilfen, die nach dem Bundessozialhilfegesetz den Menschen mit schweren geistigen, seelischen oder körperlichen Behinderungen die Teilhabe am ge-sellschaftlichen Leben ermöglichen sollen, die Unterstützung der Betroffenen in Wohneinrichtungen die höchsten Kosten verursacht: In diesem Jahr sind es rund 2,5 Milliarden Mark, geschätzte Kosten im Jahr 2005: 3,6 Milliarden Mark.

Jährlich nimmt die Zahl der 38.000 Menschen, die Hilfen zum Wohnen brauchen, um etwa 1.900 zu. Wie LVR-Direktor Molsberger erläuterte, liegt der Grund hauptsächlich in der Altersstruktur der Gruppe der Behinderten. Sie seien erheblich jünger als die übrige Bevölkerung: "Heute ist ein Heimbewohner durchschnittlich 41 Jahre jung. Unter Behinderten ist die Zahl der über 60-jährigen halb so hoch wie unter Nichtbehinderten." Durch die Verbrechen in der Nazi-Zeit war fast eine ganze Generation behinderter Menschen ausgelöscht worden. Inzwischen sei auch, wie in der übrigen Bevölkerung, die Lebensrwartung behinderter Menschen gewachsen.

Dem Ziel eines selbständigen Lebens würden auch die derzeitigen Hilfen zum Wohnen in NRW nicht gerecht, so Schäfer. "Statt neue Heimplätze zu planen und zu bauen, muss das Betreute Wohnen flächendeckend ausgebaut werden", forderte der LWL-Direktor. Nur so lasse sich die Kostenlawine bremsen, während gleichzeitig die Autonomie von Menschen mit Behinderungen gestärkt werde.

Nach Schätzungen der Landschaftsverbände könnten in NRW über die bestehenden 9.000 Plätze im Betreuten Wohnen hinaus weitere 5.000 behinderte Menschen außerhalb von Heimen leben. Notwendig sei dafür eine Bündelung der Zuständigkeiten bei den Landschaftsverbänden, die für das Leben in Wohnheimen zahlen, während bisher die Städte und Kreise ambulante Hilfen wie zum Beispiel Betreutes Wohnen finanzieren. Ein Platz im Wohnheim kostet durchschnittlich 160 Mark. Im so genannten Betreuten Wohnen dagegen kostet der Tag pro Person etwa 60 Mark.

Das "Betreute Wohnen" gilt als ambulante Hilfeform. Während das Heim mit festem Personal die Rundum-Versorgung der Bewohner sichert, ermöglicht das "Betreute Wohnen" den Betroffenen, in ihren eigenen vier Wänden zu leben; sie erhalten dort ambulante Betreuung durch Fachpersonal nach ihrem individuellen Bedarf.

"Wir brauchen ein Bundesgesetz für Behinderte, das die Kommunen nicht mit den steigenden Kosten der Integration allein lässt, sondern Land und Bund angemessen an der Finanzierung beteiligt", sagte Schäfer. Er kündigte die Gründung einer bundesweiten Arbeitsgruppe von Experten und Betroffenen durch den Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge an. "Wir wollen eine Bestandsaufnahme der Behindertenhilfe für ganz Deutschland und praxisnahe Lösungsvorschläge ausarbeiten", so der LWL-Chef.

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Pressekontakt:
Frank Tafertshofer, Telefon 0251 / 591-235
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Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeitet als Kommunalverband mit 20.000 Beschäftigten für die 8,3 Millionen Menschen in der Region. Der LWL betreibt 35 Förderschulen, 21 Krankenhäuser, 18 Museen sowie zwei Besucherzentren und ist einer der größten deutschen Hilfezahler für Menschen mit Behinderung. Er erfüllt damit Aufgaben im sozialen Bereich, in der Behinderten- und Jugendhilfe, in der Psychiatrie und in der Kultur, die sinnvollerweise westfalenweit wahrgenommen werden. Ebenso engagiert er sich für eine inklusive Gesellschaft in allen Lebensbereichen. Die neun kreisfreien Städte und 18 Kreise in Westfalen-Lippe sind die Mitglieder des LWL. Sie tragen und finanzieren den Landschaftsverband, dessen Aufgaben ein Parlament mit 125 Mitgliedern aus den westfälischen Kommunen gestaltet.


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