Das Bauhaus in Dessau, die Weißenhofsiedlung in Stuttgart, das Shellhaus in Berlin – berühmte Bespiele für die Architektur der klassischen Moderne. Dass es auch an Rhein und Ruhr Perlen der architektonischen Avantgarde aus den Jahren 1919 bis 1939 zu entdecken gibt, zeigte eine Fotoausstellung im Westfälischen Industriemuseum Zeche Zollern II/IV.
Das besondere daran: Alle Bilder sind Ansichtskarten. Die Schau mit dem Titel zeigte eine Auswahl von 180 Bauten in Deutschland von Ludwig Mies van der Rohe bis Erich Mendelsohn, aufgenommen von den wichtigsten Fotografen der Zeit. Aus den fotografierten Bauten waren im Museum des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) zudem zahlreiche originale Objekte wie Leuchten, Beschläge und Möbel des Bauhauses sowie einige "vintage prints" (frühe Abzüge) bedeutender Architekturfotografen zu sehen.
Die einzigartige Privatsammlung des Designers Bernd Dicke, der an der Dortmunder Fachhochschule arbeitet, zeigt ein authentisches Bild der architektonischen Avantgarde zwischen expressionistischer Emphase und "befreiten Wohnen" in der sogenannten "Weißen Moderne". Zwischen Hamburg und Stuttgart, Köln und Breslau präsentiert die Sammlung weltberühmte Gebäude, aber auch nie gesehene Ansichten von Krankenhauszimmern und Nachtlokalen, Verwaltungsbauten und Schwimmbädern, Großsiedlungen und Ausstellungspavillons.
Besonderen Anteil an der wohl kalkulierten Wirkung der gebauten Visionen hatten vor allem die Fotografen des sogenannten ,neuen Sehens’, deren Kameraauge die Fabriken und Hochhäuser als strahlende Kuben menschenleerer Großplastiken inszenierten. Zwischen der Tristesse der Vorstadtsiedlung und der Opulenz der Art Deco Bars haben viele Bauten den Ausweis absoluter Modernität erst durch den selektiven Blick des "Neuen Fotografen" erhalten.
Die Ansichtskarte als erstes demokratisches, schnelles und preiswertes Bildmedium trug das Bild vom ,Neuen Bauen’ in die Welt und schuf in kurzer Zeit den wohl größten und noch weitgehend unbekannten Bilderschatz der Moderne. An den ersten beiden Ausstellungsstationen – im Meisterhaus Schlemmer in Dessau und in der Weißenhofgalerie in Stuttgart – war die Ausstellung ein voller Erfolg. Nach Dortmund geht die Schau voraussichtlich nach Tel Aviv.
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