29.10.2015 18.15 Uhr
Im aktuellen Salon wird sich Paul Hofmann mit seinem ca. 70-minütigen Filmprogramm der Darstellung von Frauenarbeit im Revier widmen. Sichtbar wird die Rolle der Frauen in der Kriegswirtschaft, aber auch ihre Rückkehr in die alte Frauenrolle im Haushalt, zumindest medial inszeniert.
Die Bandbreite der Auswahl reicht vom Industriefilm im Ersten und Zweiten Weltkrieg bis zur Berichterstattung des WDR und Werbefilmen der Nachkriegszeit aus den 1950er und -60er Jahren.
Ergänzt wird diese Darstellung durch eine Einführung von Ingrid Telsemeyer, Wissenschaftlerin beim LWL-Industriemuseum. Sie stellt mit vorgelesenen Interviewausschnitten und mit Fotografien Frauen vor, die im 1.WK auf Zechen der Region gearbeitet haben.
Im wilhelminischen Deutschland waren, gerade im schwerindustriellen Ruhrgebiet, die Geschlechterrollen klar definiert. Erst die Zwänge der Kriegswirtschaft führten hier zu Zugeständnissen. Frauen wurden in der Rüstungsproduktion benötigt. Auch während des Zweiten Weltkriegs wurde es unumgänglich, im Widerspruch zur NS-Mutterideologie, eingezogene Stammarbeiter zum Teil durch Frauen zu ersetzen.
In damals entstandenen Filmen ist das dokumentiert, genauso wie der klare Wunsch in der Zeit des Wirtschaftswunders nach 1945, die alte Rollenverteilung wiederherzustellen. Nun aber an technisch hochgerüsteten Arbeitsplätzen rund um den heimischen Herd, die Arbeitserleichterung und (Frei-)Zeitgewinn versprachen.
Der Erste Weltkrieg bedeutete für die junge deutsche Filmindustrie einen dramatischen Einschnitt. Die Mobilmachung im August 1914 schnitt sie von ihren wichtigsten Partnern und Filmlieferanten, vor allem in Frankreich, ab. Die Folge war ein forcierter Ausbau deutscher Produktionskapazitäten. Film wurde zudem als Propagandamittel im In- und Ausland entdeckt. In diesem Zusammenhang entstanden, patriotischer Gesinnung wie auch ökonomischen Interessen folgend, mit großem Aufwand Filme und Filmreihen über die deutsche Rüstungsindustrie, im Ruhrgebiet vor allem bei Friedrich Krupp in Essen und in der Gutehoffnungshütte in Oberhausen.
Erhalten geblieben ist von diesen Produktionen u.a. ein Fragment des 1917 gedrehten Films über Granatenherstellung im Werk Sterkrade der Gutehoffnungshütte, der ganz selbstverständlich, so erstmals im Ruhrgebietsfilm gezeigt, Frauen und Männer nebeneinander an schweren Pressen in der Geschossfabrik zeigt. Der Produzent dieses Streifens, die Deutsche Lichtbild-Gesellschaft e.V. (DLG), spielte bei der kriegsbedingten Neugestaltung der deutschen Filmwirtschaft eine besondere Rolle. Sie war eine Gründung der deutschen Industrie, insbesondere der rheinischen Schwerindustrie, zur Beförderung ihrer Ziele im Ausland.
Ein 1942 entstandener Film zeigt Schaffnerinnen im Kriegseinsatz bei der Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahnen AG. Die gezeigten Werbefilme der Gas- und Elektizitätswirtschaft aus den 50er und 60er Jahren, die uns heute amüsieren, werben für eine leichtere Haushaltsführung durch neue Techniken.
Die regionale Berichterstattung des WDR ermöglicht realistischere Einblicke in den damaligen Alltag im Revier. Aus hunderten im WDR archivierter, aber nach ihrer Erstausstrahlung nie wieder gezeigter Reportagen dieser Jahre gestaltete Paul Hofmann die dreiteilige Collage „Als der Ruhrpott noch schwarz-weiß war“, die 2005 erstmals im Hauptprogramm gesendet wurde.
Die Kinemathek im Ruhrgebiet, 1988 von Paul Hofmann gegründet, strebt seitdem eine möglichst vollständige Dokumentation aller ruhrgebietsbezogenen Filmproduktionen an, um an historische Laufbilder der Region zu erinnern, auf ihre Bedeutung als historische Quelle hinzuweisen und sie vor dem Verlust zu bewahren.
Das Oral-History Archiv des LWL-Industriemuseums bewahrt privates Erleben und Wissen in einer sich verändernden Arbeitswelt vor dem Vergessen.
Aktuelles
Wir wollen Welterbe werden! Im Zusammenhang mit dem Bewerbungsverfahren entstand 2013 der Kurzfilm "Zollverein und die industrielle Kulturlandschaft Ruhrgebiet". Hier geht es zu dem Film auf unserem YouTube-Kanal.