Do, 17.4. 2008 18-20 Uhr
Rebecca Hanf (1863-1944): Jüdin, Frauenrechtlerin und Philosophin
Vorgestellt von Dr. Martina Kliner-Fruck, begleitet von Brigitte Koch (Rezitationen) Einem Portrait Rebecca Hanfs ist der nächste „Salon Frauenbilder“ gewidmet, zu dem der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) am Donnerstag, 17. April von 18 - 20 Uhr, in sein Industriemuseum Zeche Nachtigall nach Witten einlädt. Erinnert wird an eine Frau, die sich in Witten jahrzehntelang für die Stadtgesellschaft engagierte, und die am Ende ihres Lebens Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft wurde. Martina Kliner-Fruck, Leiterin des Stadtarchivs Witten, forscht als Historikerin und Soziologin zu Leben und Werk von Rebecca Hanf. Gemeinsam mit Brigitte Koch, die seit vielen Jahren als Amateur-Schauspielerin auftritt, u.a. bei der Ruhrbühne Witten e. V., wird sie Ihnen die Protagonistin auch in Bildern und mit Texten aus Briefen, Manuskripten u.ä. vorstellen. Die in Witten lebende Rebecca Hanf (1863-1944), geboren in Iserlohn, stammte aus der seit 1648 in Westfalen ansässigen jüdischen Familie Löwenstein-Porta. Nach ihrer Heirat mit dem Wittener Bankier Moritz Hanf zog sie 1885 nach Witten und widmete sich als sechsfache Mutter zunächst der Haus- und Familienarbeit. Mit dem Umzug der Familie in die 1903 errichtete „Villa Hanf“ im Johannisweg (heute Parkweg) engagierte sie sich zunehmend in der ehrenamtlichen Sozialarbeit und in der bürgerlichen Frauenbewegung. Sie war jahrzehntelang Vorsitzende des Jüdischen Frauenvereins und Vorstandsmitglied des überkonfessionellen „Verein Frauenwohl“ in Witten. Dieser hatte 1911 die „Auskunftsstelle über Berufswahl und Ausbildungsangelegenheiten für Frauen“ eröffnet. Gemeinsam mit der Wittener Politikerin und Frauenrechtlerin Martha Dönhoff war sie hier einmal wöchentlich beratend tätig. Zu Beginn des Ersten Weltkrieges zählte Rebecca Hanf zu dem Flügel der deutschen Frauenbewegung, der patriotisch an die Frauen appellierte, die „Heimatfront“ zu stärken, um den „Sieg der Nation“ voran zu treiben. Die Schrecken des Krieges und der Tod des eigenen Sohns, der 1918 als Vizefeldwebel in Frankreich sein Leben ließ, veränderte ihre Haltung. Nunmehr sah sie die Friedensarbeit als wichtiges Aufgabengebiet der Frauen und initiierte nach Kriegsende beispielsweise die Nachbarschaftshilfe in Witten, die sich um verarmte Kriegshinterbliebene kümmerte. Als assimilierte deutsche Jüdin zu Beginn des 20. Jahrhunderts bewegte sich Rebecca Hanf zwischen Räumen und Zeiten, zwischen einer (noch) traditionellen jüdischen Welt und einer zunehmend ausgrenzenden „christlichen“ Gesellschaft. Auf der Suche nach einem „eigenen“ Ort in Gesellschaft und Kultur verstärkte sie ihr kulturelles und bildungsbürgerliches Engagement: Schon längst waren Hausmusikabende und philosophische Gesprächskreise in der „Villa Hanf“ eine regelmäßige Einrichtung. Darüber hinaus führte sie als Anhängerin Kants rege Korrespondenzen mit namhaften deutschen Philosophen wie Ernst Marcus und Salomo Friedländer, den sie auch in der Emigration unterstützte. Emigration, Flucht, Illegalität, KZ-Haft und Tod sind das Familienschicksal der Wittener Familie Hanf. Rebecca Hanf, die mit ihrem Ehemann 1939 in die Niederlande geflohen war, wurde im Alter von 81 Jahren aus dem so genannten Sammellager Westerbork nach Auschwitz deportiert und dort im Januar 1944 ermordet. Eine Anmeldung zu der Veranstaltung ist nicht erforderlich. Der Eintritt ist frei.