Mitteilung vom 24.04.25
Presse-Infos | Kultur
Römisches Miniaturschloss kommt ins Museum - zunächst nach Haltern am See
Haltern (lwl). Ein römisches Miniatur-Dosenschloss aus Gold und Eisen hatten die Archäologie-Fachleute des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) der Öffentlichkeit im Januar vorgestellt, jetzt kommt es ins Museum: Ab dem 1. Mai haben Interessierte erstmals Gelegenheit, sich das Minischloss im LWL-Römermuseum in Haltern am See selbst anzugucken. 2023 hatte der lizenzierte Sondengänger Constantin Fried das Stück aus dem 3. oder 4. Jahrhundert in Petershagen-Frille (Kreis Minden-Lübbecke) auf einem Acker entdeckt.
An einer passenden "Mitmachstation" im Museum können sich Besuchende außerdem als Sonnengänger:innen erproben. Dabei sollen sie auf spielerische Weise einen verantwortungsvollen Umgang mit der eigenen Geschichte lernen, denn hier können sie ganz offiziell nach Metallgegenständen suchen - ohne Erlaubnis ist dies in Deutschland verboten. Warum? "Weil Archäologinnen und Archäologen genau wissen müssen, wo ein Fund lag, um seine Geschichte zu verstehen. Wird ein Fund einfach herausgeholt, gehen viele wichtige Hinweise verloren", so Museumsleiter Dr. Josef Mühlenbrock.
In der neuen Vitrine "Rom in Westfalen" in Haltern sollen zukünftig immer wieder besondere Funde aus römischem Zusammenhang zu sehen sein. 2026 zieht das römische Miniatur-Dosenschloss weiter in seinen dauerhaften Ausstellungsort, das LWL-Museum für Archäologie und Kultur in Herne.
Drei Fragen an den Finder Constantin Fried
War Ihnen sofort klar, dass dieser Fund etwas Besonderes ist?
Constantin Fried: "Zuerst habe ich an einen dieser Schnapsflaschen-Deckel gedacht, die hier zuhauf auf den Äckern liegen. Aber nachdem ich das Stück ein wenig saubergemacht hatte, passten Gewicht und Material nicht. Da war mir klar, dass es sich um Gold handeln musste. Was es genau war, wusste ich aber noch nicht. Erst ein ehrenamtlicher Bodendenkmalpfleger aus Brandenburg machte mich darauf aufmerksam. Die Richtung römisches Dosenschloss stimmte, nur die Größe nicht."
Sie arbeiten ja als lizensierter Sondengänger. Was haben Sie nach dem Fund mit dem Stück gemacht?
Constantin Fried: "Als lizensierter Sondengänger darf ich ja auf bestimmten Ackerflächen mit dem Metalldetektor laufen. Etwa alle halbe Jahre mache ich eine sogenannte Fundvorlage bei der LWL-Archäologie für Westfalen. Für mich ist die Außenstelle Bielefeld zuständig. Schön daran ist, dass es nach der Abgabe eine wissenschaftliche Auswertung gibt und die Funde der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Darüber freut sich ein Finder natürlich wahnsinnig. So kann ich etwas zur Geschichte beitragen."
Was bedeutet Ihnen dieser Fund persönlich?
Constantin Fried: "Dieser Fund ist etwas ganz Besonderes für mich, den hier vor den Toren von Minden zu finden. Denn er hat hier ja überhaupt nicht seinen Ursprung. Er ist etwas Einzigartiges, es gibt keinen Vergleich bisher. Mal hautnah mitzuerleben, was nach der Abgabe mit so einem Fund passiert, ist natürlich super. Das gibt einem ein richtig tolles Gefühl."
Drei Fragen an LWL-Restaurator Eugen Müsch und Dr. Ulrich Lehmann, LWL-Archäologe und Spezialist für Metalluntersuchungen
Welche Methode war nötig, um ins Innere des Schlosses zu schauen und damit seiner Funktionsweise auf die Spur zu kommen?
Eugen Müsch: "Dafür reichte unsere hauseigene Röntgenanlage nicht aus. Auch ein Röntgen-CT bei einer externen Firma brachte nicht die erhofften Ergebnisse. Das war fast der Grund zu sagen, dass sich im Innern überhaupt kein Schlossmechanismus befindet."
Ulrich Lehmann: "Glücklicherweise gibt es noch eine weitere Methode, von der wir schon gehört hatten: die Neutronen-Computertomographie. Neutronen haben den großen Vorteil, dass man damit auch durch hochdichte Materialien gucken kann, weil sie anders mit Stoffen reagieren. So konnten wir sehen, welche einzelnen Bauteile sich im Innern verbergen und dass es tatsächlich ein funktionsfähiges Schloss war. Ohne diese Ergebnisse wäre eine Rekonstruktion des Schlosses nicht möglich gewesen."
Haben Sie eine Idee, was dieses Miniatur-Dosenschloss einst verschlossen haben könnte?
Ulrich Lehmann: "Das Schloss könnte für ein Kästchen gewesen sein oder Amulett-Charakter gehabt haben. Grundsätzlich ist es dafür da, etwas zu verschließen. Welches Objekt das genau war, wissen wir nicht."
Eugen Müsch: "Es stelle auch damals schon ein Kuriosum da. Man wollte zeigen, in welcher Miniatur man etwas herstellen konnte."
Was bedeutet Ihnen dieser Fund?
Ulrich Lehmann: "Dieser Fund ist ein herausragendes Beispiel dafür, wie Teamarbeit funktionierten kann: angefangen mit dem Sondengänger auf dem Acker, den Archäolog:innen, die die Stücke annehmen und begutachten, den Restauratoren, die unter anderem auch solche Nachbauten anfertigen können und nicht zuletzt den Kolleg:innen in den Naturwissenschaften im Paul Scherrer Institut, die die entsprechende Untersuchungsmethode liefern."
Hier Infos von der Vorstellung im Januar mit Detailfotos und Filmen: https://www.lwl.org/pressemitteilungen/nr_mitteilung.php?urlID=60628.
Informationen bei Interesse am Sondengehen: https://www.lwl-archaeologie.de/de/kontakt/sachgebiet-sondengehen-und-magnetangeln/.
Weitere Informationen:
http://www.lwl-roemermuseum-haltern.de
LWL-Römermuseum, Weseler Straße 100, 45721 Haltern am See
Tel.: 02364 93760, E-Mail: lwl-roemermuseum@lwl.org
Geöffnet dienstags bis freitags von 9 bis 17 Uhr sowie samstags, sonntags und an Feiertagen von 10 bis 18 Uhr.
Pressekontakt:
Frank Tafertshofer, Tel.: 0251 591-235 und Dr. Julia Großekathöfer, Tel.: 0251 591-8907
presse@lwl.org
LWL-Einrichtung:
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Der LWL im Überblick:
Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeitet als Kommunalverband mit 20.000 Beschäftigten für die 8,3 Millionen Menschen in der Region. Der LWL betreibt 35 Förderschulen, 21 Krankenhäuser, 18 Museen sowie zwei Besucherzentren und ist einer der größten deutschen Hilfezahler für Menschen mit Behinderung. Er erfüllt damit Aufgaben im sozialen Bereich, in der Behinderten- und Jugendhilfe, in der Psychiatrie und in der Kultur, die sinnvollerweise westfalenweit wahrgenommen werden. Ebenso engagiert er sich für eine inklusive Gesellschaft in allen Lebensbereichen. Die neun kreisfreien Städte und 18 Kreise in Westfalen-Lippe sind die Mitglieder des LWL. Sie tragen und finanzieren den Landschaftsverband, dessen Aufgaben ein Parlament mit 125 Mitgliedern aus den westfälischen Kommunen gestaltet.
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