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Mitteilung vom 26.04.24

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Mit Ecken und Kanten

LWL-Museum Ziegelei Lage zeigt neue Ausstellung über Backsteinexpressionismus zwischen Rhein und Havel

Bewertung:

Lage (lwl). Um Bauten des Backsteinexpressionismus geht es in einer neuen Ausstellung, die der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) ab Sonntag (28.4.) in seinem Museum Ziegelei Lage (Kreis Lippe) präsentiert. Die Ausstellung "Mit Ecken und Kanten - Backsteinexpressionismus zwischen Rhein und Havel" zeigt rund 200 aktuelle Fotos expressionistischer Gebäude von Düsseldorf über das Ruhrgebiet und Bielefeld bis nach Hamburg und Berlin. Sie spiegeln die Vielfalt der Formensprache dieses Architekturstils aus der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen wider. Dreidimensionale Arbeiten von Studierenden der Technischen Hochschule OWL ergänzen die Präsentation.

Das Ende des Ersten Weltkriegs bedeutete auch in der Architektur eine Zäsur: Vorbei war die Zeit der Säulen und Stuckelemente des Historismus. Viele Bauherren setzten stattdessen auf die kühlen, kristallinen Formen des Expressionismus. Kennzeichnend sind Backsteinfassaden, die moderne Gebäude aus Stahlbeton und Glas verkleideten. "Der Stil entwickelte sich fast ausschließlich in Deutschland mit Schwerpunkt auf dem norddeutschen Raum. Parallel bauten viele Architekten bereits im Stil der Neuen Sachlichkeit, der sich einer noch viel nüchterneren Formensprache bediente. In Weimar und Dessau, aber auch in Düsseldorf experimentierten Gropius, Behrens und andere Architekten wiederum mit dem neuen Stil des Bauhauses", erklärte Museumsleiter Willi Kulke am Donnerstag (25.4.) bei der Vorstellung der Ausstellung in Lage.

Eröffnet wird die Schau am Sonntag (28.4.) um 11 Uhr im LWL-Museum. "Es ist faszinierend zu sehen, wie vielfältig und kreativ der Ziegel seit Jahrhunderten beim Bauen eingesetzt wird. In der expressionistischen Architektur rückt dieser Baustoff selbst in den Mittelpunkt", erklärt der stellvertretende Vorsitzende der Landschaftsversammlung Westfalen-Lippe, Kai Abruszat, der die Gäste bei der Eröffnung am Sonntag (28.4.) um 11 Uhr begrüßt. Interessierte sind herzlich willkommen.

Hintergrund
Wichtigste Baumaterialien des Expressionismus in der Architektur waren der namensgebende Backstein und Klinker. Während die weniger intensiv gebrannten Backsteine für die Wände verbaut wurden, boten die hart gebrannten Klinker Material für eine vielseitige Formensprache der Fassaden.

Die raue, etwas glasartige Oberfläche bot nicht nur Widerstand gegen die Umwelteinflüsse durch Rauch und Ruß. Die Klinker zeigten auch ein reichhaltiges Farbspektrum, das von Rot über Violett bis fast Schwarz reichte. "Die Fassaden strahlten dadurch viel Lebendigkeit aus - ein Eindruck, der durch die dekorativen Muster beim Vermauern der Klinker verstärkt wurde. Teilweise wurden sogar fehlgebrannte Klinkersteine wegen ihres individuellen Aussehens als dekorative Elemente verwendet", weiß Johanna Simon, wissenschaftliche Referentin im LWL-Museum und Kuratorin der Ausstellung.

Der Backsteinexpressionismus hatte seinen Schwerpunkt in Norddeutschland, Berlin und in den nordrhein-westfälischen Industrieregionen. Expressionistische Backsteingebäude sind selten in Europa - von einigen Bauwerken in den Niederlanden sowie in heute polnischen Gebieten abgesehen, gibt es außerhalb Deutschlands nur wenige.

Architekten
Nur wenige Architekten waren stilbildprägend für diesen Baustil. Fritz Schumacher in Hamburg, Fritz Höger in Hamburg, Hannover und Berlin, Alfred Fischer und Josef Franke im Ruhrgebiet sowie Erich Mendelsohn waren die herausragenden Protagonisten im Ziegelbau der 1920er Jahre. Dazu kamen Stadtbauräte in Berlin, Gelsenkirchen oder Oberhausen, die ihre Städte mit dem expressionistischen Baustil prägten.

Der jüdische Erich Mendelsohn schuf mit dem Einsteinturm nicht nur ein Denkmal für den großen Physiker, sondern glaubte auch an eine neue Architektur des Aufbruchs. Mit einem ähnlichen Anspruch baute auch Gustav Vogt für die Bielefelder Baugenossenschaft Freie Scholle Wohnsiedlungen für Arbeiter, die das neue Selbstbewusstsein der Arbeiterschaft zum Ausdruck brachten. Höger sah im Backsteinexpressionismus hingegen vor allem eine deutsche Architektur. Er diente sich wie auch einige andere expressionistische Architekten schon sehr früh den Nationalsozialisten an.

Kooperation
Museumsleiter Willi Kulke freut sich über die erneute Kooperation mit der Technischen Hochschule OWL bei diesem Ausstellungsprojekt: "Die Studierenden der Hochschule setzten sich im Rahmen eines Seminars von Professorin Vera Lossau mit dem Thema Expressionismus auseinander und erarbeiteten eigene Beiträge zu einer modernen Übertragung dieses Baustils in die heutige Zeit." Die Ergebnisse ihrer Arbeit, darunter Modelle von Gebäuden aus Ton, Mosaike und Räume, sind in der Ausstellung zu sehen.

Zur Ausstellung wird es Begleitveranstaltungen und museumspädagogische Angebote geben.

Mit Ecken und Kanten
Backsteinexpressionismus zwischen Rhein und Havel
LWL-Museum Ziegelei Lage
28.4. - 6.10.2024
Geöffnet Di - So 10 - 18 Uhr
http://www.ziegelei-lage.lwl.org



Pressekontakt:
Markus Fischer, LWL-Pressestelle, Telefon: 0251 591-235 und Christiane Spänhoff, LWL-Industriemuseum, Telefon: 0231 6961-127
presse@lwl.org



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