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Mitteilung vom 09.10.23

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Romanische Hallenkrypta ist Denkmal des Monats

LWL-Bauforschung im Paderborner Dom bringt neue Ergebnisse zur Entstehungsgeschichte

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Paderborn (lwl). Die romanische Hallenkrypta des Paderborner Doms ist Denkmal des Monats Oktober des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe (LWL). Anlass für die Auszeichnung sind neue Erkenntnisse, die die sanierungsbegleitende Bauforschung durch die Denkmalpfleger:innen des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) erbracht hat. "Es zeigte sich, dass auch an einem intensiv erforschten Denkmal noch grundlegende Entdeckungen möglich sind", sagt LWL-Bauforscher Dr. Bernhard Flüge. "Unser wichtigstes Forschungsergebnis ist, dass die romanische Hallenkrypta während eines durchgehenden Bauprozesses errichtet wurde. Sie kann nicht in zwei Phasen mit zwischenzeitlichem Teilabbruch entstanden sein, wie es bisher vermutet wurde."

Den Beweis liefern unter anderem die Reste einer Arkadenmauer mit drei Bogenöffnungen. Einst trennte sie den westlichen Teil der Krypta unter der Vierung (Vierungskrypta) vom östlichen Teil unter dem Hochchor des Doms (Chorkrypta). Durch einen Teileinsturz des Doms wurden die Bögen im 13. Jahrhundert zerstört. Lediglich die Wandpfeiler an Nord- und Südwand der Krypta blieben erhalten. Sie tragen aussagekräftige Bauspuren.

"Vor allem wegen der tiefen Lage der Wandpfeiler-Kapitelle im Verhältnis zu den aktuellen Gewölben wurde die Arkadenmauer bislang einer früheren Bauphase als die Chorkrypta zugeordnet", so Flüge. "Verschiedene Baubefunde in der Krypta wurden bislang als Abrissspuren einer vermuteten Vorgängerkrypta gedeutet. Diese wäre dann aber nach höchstens 30 Jahren Standzeit schon wieder abgebrochen worden."

Doch von einem Abbruch fehlt jede Spur. "Zunächst zeigte sich, dass die Oberkante der vom schadhaften Putz befreiten Sockelzone der Außenmauern keine Abbruchkrone, sondern ein in Chor- und Vierungskrypta durchlaufendes Bankett darstellt, auf dem die Wandpfeiler der Chorkrypta standen", erklärt Bernhard Flüge. "Auch zwischen der Chorkrypta und den Wandpfeilern der Arkade wurde keine Abbruchspur festgestellt. Unterschiedliche Bearbeitungsspuren und die improvisiert wirkende Gestaltung an der Übergangsstelle weisen vielmehr auf eine Planänderung im Bauverlauf hin."

Hintergrund
Wie aber passen die hohen Gewölbe und der niedrige Bogenansatz der Arkadenmauer zusammen? Eine Antwort darauf liefern - neben den Befunden der Mauerstruktur - die Profile der Wandpfeiler. Sie stehen nach zwei Seiten über, nämlich zur Vierungskrypta und zum Bogenansatz der ehemaligen Arkade. In Richtung der Chorkrypta bilden sie eine Fläche mit der Wand. "Man nahm bisher an, dass die Profilsteine hier nachträglich abgearbeitet wurden", so Flüge. "Jedoch wurde übersehen, dass die Profile an allen Kanten, auch an den Lagerfugen, einen Randschlag tragen, der nur vor ihrem Einbau hergestellt worden sein kann. Das zeigt, dass die Pfeilerkapitelle von Beginn an asymmetrisch ausgebildet waren. Auf der Seite der Vierungskrypta saßen die zur Bauzeit niedrigeren Gewölbe auf den Profilsteinen auf. Auf der Seite der Chorkrypta standen sie bereits so hoch wie heute."

Durch die neuen Forschungsergebnisse wird die Rolle der Arkadenmauer für die Architektur der romanischen Krypta erst verständlich. "Es ging neben der Einteilung des Kryptenraums darum, die einst unterschiedlich hohen Gewölbe von Vierungs- und Chorkrypta abzustufen - denn auch zwischen der darüber liegenden Vierung und dem Hochchor gibt es eine Stufe. Nach dem Einsturz im 13. Jahrhundert wurden die Gewölbe der Vierungskrypta direkt mit den Gewölben der Chorkrypta verbunden, wie es sich noch heute zeigt", so Flüge. Der Bauforscher betont, wie wichtig feine Bearbeitungsspuren und spezielle Details im Mauerbild als historische Quelle sind: "Sie können Auskunft zur früheren Baugestalt, zu Bauabläufen und zu historischen Verfahren und Arbeitsweisen geben, über die wir ansonsten nichts erfahren würden. Ihr Erhalt am Denkmal ist daher von höchstem Wert."



Pressekontakt:
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