Mitteilung vom 28.09.22
Presse-Infos | Psychiatrie
Klaus Dörner verstorben
LWL-Klinikchef war führender Vertreter der Sozial- und Gemeindepsychiatrie
Gütersloh (lwl). Der ehemalige Ärztliche Direktor des LWL-Klinikums Gütersloh, Prof. Dr. Klaus Dörner, ist am 25. September in Gütersloh im Alter von 88 Jahren verstorben. "Er stand seit den 1980er Jahren wie kaum ein anderer für die Sozial- und Gemeindepsychiatrie in Deutschland", sagte der Direktor des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL), Dr. Georg Lunemann. "Der LWL und viele seiner Weggefährten trauern um ihn. Wir würdigen seine Lebensleistung für eine humane, soziale und gemeindeorientierte Psychiatrie. Davon profitieren wir bis heute."
Dörner wurde im Jahre 1980 zum neuen Ärztlichen Leiter in Gütersloh bestimmt und arbeitete dort bis zu seinem Ruhestand 1996. LWL- Gesundheitsdezernent Prof. Dr. Meinolf Noeker: "Klaus Dörner entwickelte sich zum wohl bekanntesten und überzeugendsten Pionier einer konsequenten Sozial - und Gemeindepsychiatrie in der Bundesrepublik. Sein offensiv verfolgtes Ziel war es, die traditionellen, ausgrenzenden Anstaltsstrukturen der Nachkriegszeit zu überwinden."
Im Zentrum stand sein Engagement für die vielfach vergessenen Langzeitpatient:innen mit schwersten Beeinträchtigungen und Benachteiligungen. Anstelle von langjähriger Hospitalisierung und Ausgrenzung sollten sie in Wohngruppen in die Gemeinde entlassen werden. Dort sollten sie die Unterstützung erhalten, die sie ganz lebenspraktisch benötigen. Wiedergewonnener Alltag in Normalität sollte helfen, verschüttete Fertigkeiten und Beziehungen wiederzubeleben, um Selbstbestimmung zurückzugewinnen.
Neben der Auflösung der Langzeitbereiche und ihrer Überführung in die heutigen LWL-Wohnverbünde und LWL-Pflegezentren hatte Dörner auch den Impuls für die Gründung des Vereins "Daheim e.V." gesetzt, der Dörner selbst in dessen letzter Lebenszeit betreute.
Klaus Dörner war nicht nur Psychiater, sondern auch promovierter Historiker. In seinem Buch "Bürger und Irre" hatte er die Linien der Psychiatriegeschichte und das schwere und langwährende Erbe des Nationalsozialismus gesellschaftskritisch nachgezeichnet. "Immer mit dem Impuls: Was folgt daraus für eine humane Psychiatrie der Zukunft", so Noeker.
Er habe die traditionsreichen "Gütersloher Fortbildungstage zu einem bundesweiten Mekka der Gemeinde- und Sozialpsychiatrie gewandelt". Die Fortbildungstage seien der Ort für intensive Kontroversen zu den Reformschritten gewesen, um Anstaltsstrukturen zu überwinden und Unterstützung in den Lebensbereichen Wohnen, Arbeit und Freizeit aufzubauen. Dabei sei das LWL-Klinikum+ in Gütersloh zum "Experimentallabor für diesen umfassenden Transformationsprozess" geworden.
Noeker weiter: "Dörner hat früh deutlich gemacht, dass die Person eines psychisch kranken Menschen mehr ist als seine Diagnose. Neben Symptomen und Eigenheiten teilt die Person die gleichen Bedürfnisse nach Kontakt und Beisammensein, aber auch Rückzug, nach sinnvoller Beschäftigung, nach Zuwendung und Liebe. Dörner rückte das Allgemeinmenschliche eines jeden Menschen in den Mittelpunkt und nicht das psychopathologisch Trennende. Das bedeutet menschliche Gemeinsamkeit - zwischen vermeintlich normalen und beeinträchtigten, behandelnden und behandelten Menschen."
Pressekontakt:
Frank Tafertshofer, LWL-Pressestelle, Telefon: 0251 591-235 und Thorsten Fechtner, LWL-Pressestelle, Telefon: 0251 591-235
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