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Mitteilung vom 04.07.22

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Schnitzereien unter dem Putz

Soester Fachwerkhaus ist LWL-Denkmal des Monats Juli

Bewertung:

Soest (lwl). Eigentlich sollte nur das Fachwerk saniert werden - doch dann kam unter dem flächendeckenden Zementputz reiches Schnitzwerk zum Vorschein. Das Haus an der Markstraße 11 in der Altstadt von Soest ist nicht nur für Überraschungen gut, es ist auch ein Beispiel für gelungene Lösungen bei der Instandsetzung einer Fachwerkfassade. Um dies zu würdigen, kürt der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) es zum Denkmal des Monats Juli.

"Hier ist es gelungen, im Rahmen denkmalpflegerischer Abstimmungen scheinbar widersprüchliche Befunde wieder zu einem Ganzen zu vereinen.", sagt Dr. Bruno Denis Kretzschmar, wissenschaftlicher Referent bei der LWL-Denkmalpflege, Landschafts- und Baukultur in Westfalen. Von Anfang an hat er die Arbeiten begleitet.

"Der ältere Kernbau wurde mit vier Verbindungen - Gebinden - als Stockwerksbau mit viermaliger sogenannter Vorkragung, die hervorsteht, erbaut, dazu mit einem noch vorhandenen Satteldach um 1660 auf der Straßenseite", so der Denkmalpfleger zur Geschichte des Bauwerks, "Der jüngere Erweiterungsbau entstand 1781 im rechten Winkel zum Kernbau."

2020 bestand dringender Handlungsbedarf für das repräsentative Altstadthaus: "Ziel war es, die gravierenden Schäden am Fachwerk von einem Zementputz in traditioneller Handwerkstechnik und materialgerecht zu beheben", erläutert Kretzschmar. Doch als der Zementputz abgenommen wurde, erlebten die Fachleute eine Überraschung: "Zum Vorschein kam reicher Dekor, eine Inschrift mit Ornamenten im Giebeldreieck, Füllhölzer und Konsolen, sogenannte Knaggen, aus dem 17. Jahrhundert.", erzählt der Denkmalpfleger, "Es wäre schwer vermittelbar gewesen, das kunstvolle Schnitzwerk wieder mit einer Putzschicht zu überdecken."

Gleichzeitig machte der schlechte Zustand der historischen Backsteinoberflächen in den Gefachfüllungen eine neue Kalkputzschicht unumgänglich. Die Schnitzereien dennoch sichtbar zu halten, stellte sich als knifflige Aufgabe heraus. "Eine besondere Herausforderung stellten die Übergänge dar", so Bruno Denis Kretzschmar, "Anhand von Musterflächen wurden diese handwerklich anspruchsvollen Übergänge abgestimmt, indem die Putzkanten unterhalb der Vorkragungen auslaufend und darüber mit einer klaren Abschlusskante modelliert wurden."

Doch auch das Holz selbst war zum Teil stark beschädigt: "Die mit Schnitzereien verzierten Füllhölzer waren stellenweise millimetertief verwittert und wiesen Brüche auf, ebenso gab es an den Balkenköpfen stark geschädigte Bereiche." Teilweise musste das Schnitzwerk deshalb neu angefertigt werden. Das Holz der erhaltungsfähigen Bereiche wurde mit einem Kunstharz im Streichverfahren gefestigt.

Zur Vereinheitlichung der Fassadenansicht erhielt der nun wieder sichtbare Baudekor einen weißen Anstrich, damit er sich in das Bild der Putzfassade einfügt. "Für den Farbauftrag musste ein Anstrich Verwendung finden, das mit dem Holzfestigungsmittel kompatibel ist", benennt Kretzschmar eine weitere Herausforderung, "Ein Kunstharzprodukt mit einem gewissen Anteil an Leinöl erwies sich hier als geeignet."

Der Denkmalpfleger freut sich über das gelungene Ergebnis der Instandsetzung: "Die Schauseite des Baudenkmals zeigt nun wieder die vereinheitlichte und zeittypische Putzfassade der Zeit um 1800, ohne den markanten Bauschmuck des 17. Jahrhunderts zu verbergen. Die interessante Baugeschichte ist somit bei genauem Hinsehen unmittelbar an der Fassade ablesbar."



Pressekontakt:
Markus Fischer, LWL-Pressestelle, Telefon: 0251 591-235
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