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Mitteilung vom 06.07.20

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Zuerst die LWL-Archäologen, dann die Architekten

Stadtkirche unter dem Goetheplatz in Bad Berleburg

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Bad Berleburg (lwl). Nach Abschluss der Grabungen am Goetheplatz in Bad Berleburg (Kreis Siegen-Wittgenstein) ziehen die Archäologen der Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) gemeinsam mit der Stadt Bilanz.

Vor dem Bad Berleburger Schloss wird nach Jahren der Planung zurzeit der Goetheplatz direkt vor dem Schlosstor umgestaltet. Bei Grabungen, die das Bauprojekt von Anfang an begleiteten, fanden die Archäologinnen unter anderem Keramik aus dem 19. Jahrhundert, einen Buntmetallknopf mit Verzierung sowie eine Münze von 1806.

Hintergrund der Grabungen: in diesem Bereich stand bis 1839 die zweite Stadtkirche von Bad Berleburg. Diese Kirche wurde nach dem Brand der ersten Stadtkirche weiter nördlich im Bereich des südlich gelegenen alten Marktplatzes erbaut. Eine Verlegung des Kirchenstandortes war aufgrund von Erweiterungsplänen für das Schloss getroffen worden. In der untypischerweise "genordeten" Saalkirche befand sich unter dem Chor eine Krypta, die als fürstliche Gruft genutzt wurde.

"Das vor allem Reste dieses eingetieften Bauteils bei den Bodeneingriffen zutage kommen könnten, war dann auch wenig erstaunlich", so Archäologin Dr. Eva Cichy von der LWL-Archäologie für Westfalen.
An den Ergebnissen der Experten habe selbstverständlich auch die Familie zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg Interesse, erläutert Johannes Röhl, Leiter der Wittgenstein-Berleburgâ¿¿schen Rentkammer: "Wir konnten uns laufend von der professionellen Behandlung auch der ehemaligen Grablege des Fürstlichen Hauses durch den LWL und die gesamte Baustellenleitung überzeugen."

Der Bad Berleburger Architekt Hans F. Petry, der sich ausführlich mit der Geschichte der Kirche beschäftigt hat, konnte den Archäologinnen neben seinem Wissen über die Geschichte der Kirche auch Planunterlagen mit Schnitten durch den ehemaligen Kirchenbau zur Verfügung stellen.


Geschichte der Stadtkirche
Die Kirche wurde im 19. Jahrhundert derart baufällig, dass man sie 1833 schließen musste. 1839 wurde sie völlig abgetragen und an anderer Stelle wiederaufgebaut. Freigelegt wurde neben der Krypta bislang auch die nördliche Außenmauer der spätmittelalterlich bis frühneuzeitlichen Kirche auf einer Länge von etwa elf Metern. "Die Krypta war direkt in den anstehenden Fels gehauen worden", erklärt Grabungsleiter Rafael Roth. Nach dem Abriss sei der gesamte Bereich mit Abbruchschutt verfüllt worden, nachdem man die sterblichen Überreste umgebettet habe, so Roth weiter.

Funde
In dem Schutt fanden die Fachleute nur noch vereinzelt und verstreut ein paar menschliche Knochenreste, teils stark fragmentiert, verlagert und nicht in ursprünglicher Lage. Ein Buntmetallknopf mit Verzierung stammt von einem Totengewand oder von einer Uniform. Gefundene Keramik aus der Verfüllschicht der Gruft lässt sich grob in das 19. Jahrhundert datieren und belegt das Datum der Räumung.

Im Süden stießen die Archäologen auf den Eingangsbereich mit einer Treppe, die in die noch ein Meter tief erhaltene Gruft führte. Direkt auf der ersten Treppenstufe lag eine Münze, ein sogenannter Stüber von 1806. "Die Münze ist nicht abgegriffen, was gegen eine lange Umlaufzeit spricht. Vielleicht wurde sie von einem der letzten Besucher der Gruft verloren, bevor man die Kirche endgültig aufgab" spekuliert Cichy.

Entwicklung des Goetheplatzes
Ziel der Stadt Bad Berleburg ist nach Auskunft von Bürgermeister Bernd Fuhrmann, dass sich in Zukunft Menschen jeden Alters wieder gerne auf dem Platz aufhalten. Der Goetheplatz solle wieder lebendiger werden. Zukünftig solle dort auch die Geschichte konkret erlebbar werden. Die Vitalisierung des Goetheplatzes wird mit gut 900.000 Euro aus Mitteln der Städtebauförderung unter dem Dach der Südwestfalen Regionale 2013 gefördert.

"Die Planung und auch die ersten Bürgerbeteiligungen zum Goetheplatz haben sicherlich etwas zu lang gedauert und waren ab einem gewissen Punkt festgefahren", räumt Fuhrmann ein. "Mit der Methode des Bürgerrats haben wir dann einen neuen Weg genutzt, um Bürgerinnen und Bürger zu beteiligen. Das hat im Ergebnis zu einer Lösung geführt, die politisch von der Stadtverordnetenversammlung beschlossen wurde und seit Mai auch umgesetzt wird. Wir gehen fest davon aus, dass auch das Ergebnis gut angenommen werden und einen Beitrag zu einer lebenswerten Zukunft in unserer Stadt der Dörfer leisten wird."



Pressekontakt:
Frank Tafertshofer, LWL-Pressestelle, Telefon: 0251 591-235 und Sandra Maus, LWL-Archäologie für Westfalen, Tel.: 0251 591-8946
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