Mitteilung vom 06.12.19
Presse-Infos | Jugend und Schule
LWL-Tagung zu 30 Jahre UN-Kinderrechtskonvention
Trotz Verbesserungen Chancengleichheit noch weit entfernt
Münster (lwl). In den vergangenen 30 Jahren habe sich zwar die Situation der Kinder in Deutschland eindeutig verbessert, so die Teilnehmer einer Tagung von Kinder- und Jugendexperten in Münster am Freitag (6.12.). Als Beispiele nannte Matthias Löb, Direktor des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL), dass Kinder seit dem Jahr 2000 ein gesetzlich verankertes Recht auf eine gewaltfreie Erziehung haben, die Netzwerke frühe Hilfen und den Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz. "Es gibt aber auch noch viel zu tun: Immer noch entscheiden zum Beispiel in Deutschland der Geldbeutel und die Bildung der Eltern maßgeblich über die Chancen der Kinder", sagte Löb. "Es gibt keine Chancengleichheit - anders als es die auch von Deutschland unterzeichnete UN-Kinderrechtskonvention den Kindern verspricht. Wir geben jedes Jahr weit über 150 Mrd. Euro für familienbezogene Leistungen aus. Wir erlauben es uns aber immer noch, in einem reichen Land wie Deutschland viel zu viele Kinder abzuhängen. Die heutigen Förder- und Unterstützungssysteme müssen umfassend auf den Prüfstand gestellt werden. Ein wichtiger Schritt ist z. B. der weitere Ausbau der schulischen Ganztagsbetreuung. Wir müssen den Ganztag endlich in der Fläche so gestalten, dass Kinder und Jugendliche hier die notwendige Unterstützung erfahren; die Nachmittage dürfen nicht nur Verwahrung sein".
Vor 30 Jahren haben die Vereinen Nationen die UN-Kinderrechtskonvention verabschiedet, die auch Deutschland unterzeichnet hat. Mit der Frage, was in den vergangenen 30 Jahren bisher erreicht worden ist, beschäftigten sich 150 Expertinnen auf der Tagung "Kinderrechte in Deutschland - zwischen Anspruch und Wirklichkeit", die der LWL zum Jubiläum der Kinderrechte veranstaltet hat.
Dieter Gebhard, Vorsitzender der LWL-Landschaftsversammlung, sieht Handlungsbedarf der Politik: "Ich halte die Aufnahme von Kinderrechten in das Grundgesetz für überfällig. Damit wäre eine entscheidende Verpflichtung, dass bei allem Handeln in Verwaltungen und in der Politik die Bedürfnisse junger Menschen ohne Wenn und Aber Berücksichtigung zu finden haben."
Das forderte auch Lena Behnke, Sprecherin im Kinder- und Jugendrat: "Zwar hat man im Alter zwischen acht und 18 Jahren meist nicht studiert, keine bis wenig Berufserfahrung gesammelt, weder ein Haus gebaut, noch die halbe Welt bereist, aber dennoch haben wir eine eigene Meinung", so die 19-Jährige. "Wir betrachten die Dinge aus einer Perspektive, die man eben mit all den aufgezählten Erfahrungen nicht mehr hat. Es kommt auf die Perspektive an, denn wer kann wohl besser beurteilen, in welchem Takt die Busse am sinnvollsten fahren sollten, welcher Spielplatz besser ausgestattet werden müsste, welcher Standort am besten für das neue Jugendzentrum geeignet ist, als diejenigen, die direkt davon betroffen sind."
"In Sachen Beteiligung sind wir in NRW auf einem guten Weg - zu dem Ergebnis kommt auch der erste Kinderrechte-Index, den das Deutsche Kinderhilfswerk am vergangenen Mittwoch vorgestellt hat. Jetzt kommt es darauf an, die Kinder- und Jugendbeteiligung in der Fläche strukturell zu verankern", so Birgit Westers, LWL-Jugend- und Schuldezernentin. "Es kann nicht vom Zufall oder von einzelnen Akteuren abhängen, ob und wie Kinder und Jugendliche an wesentlichen Gestaltungs- und Entscheidungsprozessen beteiligt werden. Hier braucht es verbindliche Regelungen über die Verfahren und Instrumente. Echte Beteiligung setzt aber insbesondere auch ein Umdenken bei den erwachsenen Entscheidungsträgern voraus. Hier braucht es Vertrauen in die Meinung der Jugend, aber auch die Bereitschaft, eigene Entscheidungsbefugnisse und Macht abzugeben".
"Wir wollen die Kinderrechte stärken und sichtbarer machen. Dazu gehört auch die Verankerung im Grundgesetz, um zu verdeutlichen: Alle Kinder und Jugendlichen in Deutschland haben die gleichen Rechte - egal woher sie kommen, welcher Religion sie angehören oder in welcher Situation sie leben", sagte Kinder- und Jugendstaatssekretär Andreas Bothe.
Mit der UN-Kinderrechtskonvention hat die Generalversammlung der Vereinten Nationen deutlich gemacht, dass Kinder von Anfang an Träger der Menschenrechte sind. "Weil sie nun einmal sehr jung sind, haben Kinder meist nur mit Hilfe von Erwachsenen, die sie in ihren Anliegen unterstützen, Zugang zu ihren Rechten", sagte Claudia Kittel Leiterin der Monitoringstelle beim Institut für Menschenrechte in Berlin. Die UN-Kinderrechtskonvention habe deshalb betont, dass Kinder selbst Rechte haben und die Rolle der Erwachsenen darin liege, sie zu unterstützen diese Rechte wahrzunehmen. "Das kann nur richtig umgesetzt werden, wenn die Kinder daran beteiligt werden", so Kittel weiter.
Pressekontakt:
Markus Fischer, LWL-Pressestelle, Telefon: 0251 591-235
presse@lwl.org
LWL-Einrichtung:
LWL-Landesjugendamt, Schulen, Koordinationsstelle Sucht
Warendorfer Straße 25
48145 Münster Karte und Routenplaner
Der LWL im Überblick:
Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeitet als Kommunalverband mit 20.000 Beschäftigten für die 8,3 Millionen Menschen in der Region. Der LWL betreibt 35 Förderschulen, 21 Krankenhäuser, 18 Museen sowie zwei Besucherzentren und ist einer der größten deutschen Hilfezahler für Menschen mit Behinderung. Er erfüllt damit Aufgaben im sozialen Bereich, in der Behinderten- und Jugendhilfe, in der Psychiatrie und in der Kultur, die sinnvollerweise westfalenweit wahrgenommen werden. Ebenso engagiert er sich für eine inklusive Gesellschaft in allen Lebensbereichen. Die neun kreisfreien Städte und 18 Kreise in Westfalen-Lippe sind die Mitglieder des LWL. Sie tragen und finanzieren den Landschaftsverband, dessen Aufgaben ein Parlament mit 125 Mitgliedern aus den westfälischen Kommunen gestaltet.
Der LWL auf Facebook:
https://www.facebook.com/LWL2.0
zur Druckansicht dieser Seite
zu den aktuellen Presse-Infos