LWL-Newsroom

Mitteilung vom 09.12.19

Presse-Infos | Kultur

Vom Streben nach Glück - und von einer "Miss Universum" aus Hattingen

LWL-Industriemuseum zeigt 200 Jahre Auswanderung nach Amerika

Bewertung:

Hattingen (lwl). "Hier lebt man besser als in Deutschland", berichtete 1830 der Amerika-Auswanderer Peter Horn aus Pennsylvania in einem Brief an seine Eltern. Wohlstand, Freiheit, Abenteuer - das waren die Hoffnungen, die über 300.000 Menschen aus Westfalen im 19. und 20. Jahrhundert dazu bewegten, in den USA ein neues Leben zu beginnen. Ihre Geschichte erzählt der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) in der Ausstellung "Vom Streben nach Glück" vom 14. Dezember 2019 bis 28. Juni 2020 in seinem Industriemuseum Henrichshütte Hattingen. Die Wanderausstellung wurde für ihre fünfte Station um "Hattinger Geschichten" erweitert. Die Eröffnung findet am Samstag (14.12.) um 19 Uhr statt. Gäste sind herzlich willkommen.

Hattinger Geschichten
Auch viele Menschen aus Hattingen haben ihr Glück in der Fremde gesucht - aus unterschiedlichen Gründen. "Die Geschichten, die wir in der Ausstellung erzählen, reichen vom Anfang des 19. Jahrhunderts bis in die heutige Zeit. Historische Persönlichkeiten wie Mathilde Franziska Anneke und die einzige deutsche Miss Universum, Marlene Hardin (geb. Schmidt), sind genauso vertreten wie heutige Studenten", erklärte Delia Pätzold, Kuratorin der Hattinger Präsentation, am Montag (9.12.) bei der Vorstellung der Ausstellung.

Das Spektrum der über 100 Exponate reicht von Fotos und Postkarten über landwirtschaftliche Gerätschaften bis hin zu persönlichen Gegenständen der Auswandererinnen, darunter auch das Kleid, in dem Marlene Schmidt 1961 "Miss Universe" wurde. Nach Wunsch des Teams soll die Schau kontinuierlich wachsen: "In einem Mitmach-Bereich haben Besucher die Möglichkeit, mit ihrer eigenen Geschichte zum Thema Auswanderung Teil der Ausstellung zu werden", erklärt Patrick Thiemig vom LWL- Industriemuseum.

Hintergrund
"Nicht nur wirtschaftliche Not, die vor allem in den ländlich geprägten Regionen Westfalens der Hauptgrund für die Auswanderung war, trieb die Menschen in die Ferne. Auch politische Gründe bewegten die Menschen dazu, ihre Heimat Deutschland zu verlassen", so Ausstellungskurator Willi Kulke. Das Streben nach politischer Freiheit brachte nach der Niederschlagung der demokratischen Revolution in Deutschland 1848/49 viele Aktivistinnen und Freidenker aus Westfalen in die USA. Die Vereinigten Staaten galten damals als das Vorzeigeland der Bürgerrechte, Freiheit und Gleichheit. Zu den Aktivistinnen, die nach dem Scheitern der Revolution nach Amerika emigrierten, gehörte unter anderem die Bürgerrechtlerin Mathilde Franziska Anneke aus Hiddinghausen bei Hattingen (Ennepe-Ruhr-Kreis) oder der Maler Carl Schlickum aus Hagen.

Agenten vermittelten den Ausreisewilligen die Schiffsfahrkarten für die Überfahrt in die USA. Die Reise begann meist in den beiden großen deutschen Auswandererhäfen in Bremerhaven und Hamburg. Postkarten und Werbeplakate der Reedereien zeigen, wie die Auswandererschiffe damals aussahen. Ein Schiffsmodell aus Privatbesitz erzählt die Geschichte vom Max Junghans, der zu Beginn des 20. Jahrhunderts als Heizer auf der Hamburg-Amerika-Linie unterwegs war.

Deutsche in der Neuen Welt
Zu Beginn des Ersten Weltkrieges hatten über acht Millionen Menschen in Nordamerika deutsche Vorfahren. Sie lebten als Farmer in den nördlichen Staaten des Mittleren Westens, waren aktiv in der Kultur, in der Politik und im Wirtschaftsleben der Vereinigten Staaten. Vor allem der Bundestaat Indiana mit seiner Hauptstadt Indianapolis wurde zu einem Zentrum deutschen Wirkens. In Fort Wayne brauten und vertrieben die Dortmunder Berghoff-Brüder "Dortmunder Beer". Clemens Vonnegut aus Münster brachte es mit einem Haushalts- und Eisenwarenhandel in kurzer Zeit zu Reichtum. Und William Edward Boeing, Sohn eines Einwanderers aus dem heutigen Hagen, gelang es gar, einen Weltkonzern aufzubauen.

Neben Wissen brachten die Deutschen auch das Vereinswesen mit in die neue Heimat: In den meisten Städten des Mittleren Westens gab es Männerchöre und Turnvereine, auch Karneval wurde gefeiert. Mit dem Eintritt der USA in den Ersten Weltkrieg veränderte sich das Verhältnis zwischen Amerikanern und Deutschen. Die hoch geachteten und von manchen auch beneideten deutschen Eliten gerieten in den USA stark unter Druck. Viele ließen ihre Familiennamen amerikanisieren. Deutsche Zeitungen, deutschsprachige Reklametafeln und deutsche Bräuche verschwanden binnen weniger Wochen aus der Öffentlichkeit. Das war ein entscheidender Einschnitt, von dem sich die deutsche Gemeinschaft kaum wieder erholen konnte. Ein eigenes Kapitel widmet die Ausstellung dem Thema Vertreibung und Verfolgung nach 1933. So wanderten über 120.000 deutsche Intellektuelle und Juden nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten nach Amerika aus.

Aktuelle Bezüge
Auch Diskussionen über zeitgenössische Entwicklungen kann der Blick in die Geschichte der Amerika-Auswanderung anregen. "Die Parallelen zu aktuellen Fragen von Migration und Integration sind in dieser Ausstellung offensichtlich. Das LWL-Industriemuseum versteht sich dabei als Forum, in dem gesellschaftlich relevante Themen zur Diskussion gestellt werden", erklärt Direktor Dirk Zache. Zwar seien die Deutschen damals nicht vor einem Bürgerkrieg geflohen, wohl aber aus einer hoffnungslosen Lebenssituation, die ihnen weder Auskommen noch berufliche Perspektive in ihrer Heimat bot.

Eröffnung
Bei der Eröffnung der Ausstellung am Samstag (14.12.) um 19 Uhr begrüßt Michael Pavlicic,
stellvertretender Vorsitzender der LWL-Landschaftsversammlung, die Gäste. Eine Einführung gibt Ausstellungskurator Willi Kulke, Leiter des LWL-Industriemuseums Ziegelei Lage (Kreis Lippe).

Katalog
Vom Streben nach Glück. 200 Jahre Auswanderung aus Westfalen nach Amerika. (Hg.) LWL-Industriemuseum, Westfälisches Landesmuseum für Industriekultur, Willi Kulke. 164 Seiten, Essen 2016, ISBN Preis: 14,95 Euro

Begleitprogramm

Offene Führungen jeden Sonntag 16.15 Uhr
Museumseintritt plus 2 Euro

"Fremd bin ich eingezogen..."
Vortrag von Stadtarchivar Thomas Weiß
Dienstag, 14. Januar, 19 Uhr
Hattingen war niemals eine isolierte Insel, ohne jeglichen Kontakt zur großen weiten Welt. Zu allen Zeiten kam es immer wieder zu Begegnungen und inspirierendem Austausch, aber auch zu Missverständnissen und Konflikten, die das alltägliche Zusammenleben von Alt- und Neu-Bürgern erschwerten. Eintritt frei

Titanic (USA/1997, FSK 12)
Filmabend
Mittwoch, 8. Januar, 19 Uhr
Das Spielfilmdrama erzählt die Geschichte des Luxusdampfers "Titanic", der bei seiner Jungfernfahrt über den Atlantik mit einem Eisberg zusammenstieß und bei spiegelglatter See und Windstille mit hunderten von Menschen an Bord unterging. Eintritt frei

Heaven's Gate (USA/1980, FSK 16)
Filmabend
Mittwoch, 19. Februar, 19 Uhr
Die Filmproduktion sprengte alle Budgetgrenzen, trotzdem schien der Film ein Flop an den Kinokassen zu werden; heute als Meisterwerk wiederentdeckt, schildert er die Auseinandersetzungen zwischen einheimischen Rinderzüchtern und Neueinwanderern in die USA. Der Film zeigt minutiös und in epischer Breite dramatische Szenerien. Eintritt frei

West Side Story (USA/1961, FSK 12)
Filmabend
Mittwoch, 11. März, 19 Uhr
Ein Klassiker der Filmgeschichte, die Geschichte der Liebe zwischen Maria und Tony - und die Geschichte zweier verfeindeter Jugendgangs, den Sharks und Jets; mit der Musik von Leonard Bernstein. Eintritt frei

Demokratie leben - Gemeinsame Demokratiekonferenz
Aktionstag
Samstag, 21. März, 15 Uhr
Anlässlich des Internationalen Tages gegen Rassismus stellen sich die Partnerschaften für Demokratie (PfD) des Ennepe-Ruhr-Kreises in einer gemeinsamen Demokratiekonferenz, im Rahmen des Bundesprogramms "Demokratie leben!" vor. Neben einer Podiumsdiskussion, zu der sich Mo Asumang und Peter Bandermann angekündigt haben, erwartet die Gäste ein Aktions- und Kulturprogramm rund um das Thema Demokratie.
Eintritt frei.

Exodus - Der weite Weg (D/2018, ohne FSK)
Filmabend
Mittwoch, 15. April, 19 Uhr
Der Dokumentarfilm zeigt in eindringlichen Bildern die Geschichte von sieben+ Menschen auf der Flucht - aus religiösen, wirtschaftlichen, politisch-militärischen oder ökologischen Gründen. Es geht um Syrien, Myanmar, Marokko und Algerien, den Sudan, und viele andere Länder der Welt: Der Film begleitet die Menschen über eine Zeit von zwei Jahren hinweg und zeigt ihre Not in der Mühe, ein neues Leben zu beginnen. Eintritt frei

Vom Pionier zum Millionär (Gebr. Beetz Filmproduktion, 5 Folgen)
Filmabend
Mittwoch, 6. Mai, 19 Uhr
Die fünfteilige Dokumentationsreihe erzählt die Geschichte der deutschen Unternehmer Henry John Heinz, Henry Steinway, Levi Strauss, John Jacob Astor und William Edward Boeing in Amerika. Heute weiß kaum noch jemand, dass die Levis-Jeans, die Boeing-Fluglinie, Heinz Ketchup, der Steinway Flügel oder das Waldorf-Astoria Hotel deutsche Wurzeln haben. In den fünf Folgen wird in Spielszenen die Geschichte der Protagonisten mit all ihren Höhen und Tiefen erzählt. Eintritt frei

Die andere Heimat-Chronik einer Sehnsucht (D/2013, FSK 6)
Filmabend
Mittwoch, 20. Mai, 19 Uhr
Der Spielfilm beruht auf der Zeit des Vormärz in den Jahren 1842 bis 1845 und thematisiert die damalige Auswanderungswelle aus dem Hunsrück nach Brasilien. Eintritt frei

Hotel New Hampshire (USA/UK/CDN 1984, FSK 16)
Filmabend
Mittwoch, 10. Juni, 19 Uhr
Die Tragikkomödie ist eine Verfilmung des gleichnamigen Romans von John Irving. Der Film erzählt die Geschichte der Familie Berry, die diverse Hotels in den USA und Europa führt. Er bietet eine Fülle an komischen, skurrilen wie auch tragischen Situationen und Charakteren. Eintritt frei


Vom Streben nach Glück
200 Jahre Auswanderung aus Westfalen nach Amerika

15. Dezember 2019 bis 28. Juni 2020
LWL-Industriemuseum Henrichshütte Hattingen
Werksstraße 31-33 | 45527 Hattingen
Geöffnet Dienstag bis Sonntag von 10 bis 18 Uhr



Pressekontakt:
Markus Fischer, LWL-Pressestelle, Telefon: 0251 591-235 und Christiane Spänhoff, LWL-Industriemuseum, Telefon: 0231 6961-127
presse@lwl.org



LWL-Einrichtung:
LWL-Museum Henrichshütte
Werksstr. 31-33
45527 Hattingen
Karte und Routenplaner



Der LWL im Überblick:
Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeitet als Kommunalverband mit 20.000 Beschäftigten für die 8,3 Millionen Menschen in der Region. Der LWL betreibt 35 Förderschulen, 21 Krankenhäuser, 18 Museen sowie zwei Besucherzentren und ist einer der größten deutschen Hilfezahler für Menschen mit Behinderung. Er erfüllt damit Aufgaben im sozialen Bereich, in der Behinderten- und Jugendhilfe, in der Psychiatrie und in der Kultur, die sinnvollerweise westfalenweit wahrgenommen werden. Ebenso engagiert er sich für eine inklusive Gesellschaft in allen Lebensbereichen. Die neun kreisfreien Städte und 18 Kreise in Westfalen-Lippe sind die Mitglieder des LWL. Sie tragen und finanzieren den Landschaftsverband, dessen Aufgaben ein Parlament mit 125 Mitgliedern aus den westfälischen Kommunen gestaltet.


Der LWL auf Facebook:
https://www.facebook.com/LWL2.0






Ihr Kommentar




zur Druckansicht dieser Seite

zu den aktuellen Presse-Infos