Mitteilung vom 27.03.19
Presse-Infos | Jugend und Schule
Die Ohren ersetzen die Augen
Landesweites Torballturnier der Förderschulen an der Martin-Bartels-Schule
Dortmund (lwl). Für die sehbehinderte Torball-Spielerin Jessica Laubecher (16) in Dortmund ist die Verständigung auf dem Spielfeld keine Hürde. Die Neuntklässlerin und ihre zwei Mitspielerinnen verlassen sich beim Spiel vor allem auf ihr Gehör, denn auf das kommt es an. Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) veranstaltete im März ein Torballturnier an einer seiner acht Förderschulen mit dem Förderschwerpunkt Sehen. Einmal jährlich findet das landesweite, zweitägige Turnier statt und ermöglicht es den insgesamt 124 Förderschülern und -schülerinnen und ihren Lehrkräften, sich neben dem Sport auszutauschen.
Was ist Torball eigentlich? Jessica Laubecher, Schülerin an der Martin-Bartels-Förderschule in Dortmund, dreht sich um und erklärt, worauf es bei diesem Spiel ankommt. Für sie ist es bereits das dritte Mal, dass sie an einem Torballturnier teilnimmt, trotzdem ist leichte Nervosität bei ihr zu spüren. "Gespielt wird diese Sportart auf einem 7 mal 16 Meter großen Spielfeld, das auf beiden Seiten ein Tor hat - ganz ähnlich wie beim Fußball. Nur der Ball wird hier nicht geschossen, sondern mit der Hand geworfen", erklärt die Schülerin. Ziel für sie und ihre zwei Mitspielerinnen ist es, mit dem fußballgroßen Ball das Tor auf der gegenüberliegenden Seite des Spielfelds zu treffen. Die Schwierigkeit ist, dass alle Teilnehmer eine lichtundurchlässige, sogenannte "Dunkelbrille" tragen und ihnen der letzte Sehrest genommen wird. Beim Tormachversuch kann es dabei durchaus passieren, dass der Ball ins Aus rollt oder aber die mit Glöckchen versehenen Leinen in der Spielfeldmitte berühren, was einem Foul gleichkommt.
"Zum Glück gibt der Ball Töne von sich", so Jessica - denn im Ball befinden sich Metallringe, die bei jeder Bewegung ein Geräusch erzeugen. "Während des Spiels muss man sich stark konzentrieren, denn alles kommt auf dein Gehör an, wo sich gerade der Ball befindet. Sowohl Schritte als auch das Flüstern der Zuschauer machen mich da schnell nervös", erzählt Jessica. Im Idealfall herrscht während eines Spiels in der Sporthalle eine Atmosphäre wie beim Tennis - alles ganz still. Störende Einflüsse außerhalb des Spielfeldes sind während des Spiels tabu, mit Ausnahme des Torjubels.
Als Orientierung für die Spieler dienen neben dem Tor drei 1 mal 2 Meter große Teppichmatten, die an vorgegebenen Stellen auf dem Boden festgeklebt sind. Sie helfen Jessica, sich auf dem Spielfeld zurechtzufinden, indem sie nach den Ecken der Matten greift. Zusätzlich zu diesen Orientierungspunkten unterstützen sich die drei Mitspielerinnen auch gegenseitig mithilfe von akustischen Absprachen wie z.B. einem Bodenklopfen oder schnellen Zurufen. "Im Sportunterricht haben wir uns in den letzten Monaten intensiv auf das Turnier vorbereitet. Wichtig ist, dass möglichst viel Torfläche abgedeckt wird. Wir wollen ja kein Gegentor kassieren", sagt Jessica, streckt ihre Arme und Beine aus und wehrt den Ball mit ihrer Leiste noch rechtzeitig ab. Jetzt ist sie an der Reihe, steht vom Boden auf und rollt den Ball mit Schwung unter die Leinen her. Ein Doppelpfiff des Schiedsrichters ertönt: Jessica hat das Tor getroffen! Torjubel auf den Rängen.
Jessica ist froh darüber, dass es einen Sport wie Torball gibt, der sich an Blinde und Sehbehinderte richtet. Blindenfußball sei ihr wegen des Risikos des Zusammenpralls mit anderen Spielern zu brutal, deshalb spielt sie Torball. "Das Besondere an Torball ist, dass Sehende, Sehbehinderte und Blinde diesen Sport gemeinsam ausüben können, denn die Augenabdeckung sorgt für gleiche Voraussetzungen", sagt Michael Belier, Förderschullehrer an der Opticus-Schule, der mit seinem Team aus Bielefeld angereist ist.
Im Vorfeld des Turniers bereiteten sowohl Lehrer als auch Schüler der Martin-Bartels-Schule das Drumherum vor. Organisationsteams kümmerten sich um die Essensausgabe, die Gepäckannahme, Namensschilder, die Logistik und den Toraufbau. "Zwei Tage inklusive Übernachtung in den Turnhallen brauchen viel Vorbereitung", weiß die Schulleiterin der Martins-Bartels-Schule, Ulrike Witte, und weist auf das große Einzugsgebiet hin, aus dem die Schüler kommen. "Bei der Vorbereitung des Turniers haben das gesamte Lehrerkollegium und die Schüler im Vorfeld sehr gut zuammengearbeitet."
Zum gemeinsamen Mittagessen gingen die Schülerinnen in die direkt nebenan liegende Mensa der LWL-Klinik Dortmund. "Für die doppelte Anzahl an Schülern, die wir sonst hier haben, war das Ausweichen auf die größere Küche nötig", sagt die Schulleiterin. Ein Sponsorenteam sorgte für eine kostenlose Teilnahme der Schüler. Am Ende erhielt jedes Team eine Urkunde - natürlich auch in Brailleschrift.
Hintergrund Torball
Torball ist ein speziell für blinde und sehbehinderte Sportler entwickeltes Ballspiel und zählt zu den wenigen Mannschaftssportarten im Blindensport. Jede Mannschaft, bestehend aus jeweils drei Mitspielerinnen, versucht in zehn Minuten, von ihrem 7 mal 16 Meter großen Spielfeld aus einen fußballgroßen Ball ins gegenüberliegende Tor zu werfen. Das verteidigende Team ver-sucht den Ball abzuwehren, um dann sofort einen Gegenangriff zu starten. Im Inneren des Balles befinden sich Metallringe, die ein deutlich wahrnehmbares Geräusch erzeugen, wenn der Ball in Bewegung ist. Beim Tormachversuch darf er allerdings nicht die mit Glöckchen versehenen Leinen in der Spielfeldmitte berühren. Die Spieler dürfen das Feld während des Spiels nicht verlassen, sich aber im Spielfeld frei bewegen.
Pressekontakt:
Sarah Rütershoff, LWL-Pressestelle, Telefon: 0251 591-5400, presse@lwl.org
presse@lwl.org
LWL-Einrichtung:
Martin-Bartels-Schule, LWL-Förderschule
Förderschwerpunkt Sehen
Marsbruchstraße 178
44287 Dortmund Karte und Routenplaner
Der LWL im Überblick:
Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeitet als Kommunalverband mit 20.000 Beschäftigten für die 8,3 Millionen Menschen in der Region. Der LWL betreibt 35 Förderschulen, 21 Krankenhäuser, 18 Museen sowie zwei Besucherzentren und ist einer der größten deutschen Hilfezahler für Menschen mit Behinderung. Er erfüllt damit Aufgaben im sozialen Bereich, in der Behinderten- und Jugendhilfe, in der Psychiatrie und in der Kultur, die sinnvollerweise westfalenweit wahrgenommen werden. Ebenso engagiert er sich für eine inklusive Gesellschaft in allen Lebensbereichen. Die neun kreisfreien Städte und 18 Kreise in Westfalen-Lippe sind die Mitglieder des LWL. Sie tragen und finanzieren den Landschaftsverband, dessen Aufgaben ein Parlament mit 125 Mitgliedern aus den westfälischen Kommunen gestaltet.
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