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Mitteilung vom 21.02.19

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Die Interaktion der Farben: Op Art

Sonderausstellung "Bauhaus und Amerika. Experimente in Licht und Bewegung" im LWL-Museum für Kunst und Kultur

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Münster (lwl). Mit der aktuellen Ausstellung "Bauhaus und Amerika. Experimente in Licht und Bewegung" (bis 10.3.) richtet das LWL-Museum für Kunst und Kultur in Münster den Blick auf Künstler, die nach der Schließung des Bauhauses 1933 nach Amerika emigrierten und dort ihre Ideen weiterentwickelten. Gezeigt werden die Auswirkungen der Bauhausbühne als interdisziplinärem Laboratorium für Licht- und Bewegungsexperimente bis in die Gegenwart. Das Museum des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) stellt einzelne Künstler und Werke oder besondere Themen der Sonderausstellung exemplarisch vor.

Die Farben- und Formenlehre gehörte ab 1922 zu den elementaren Bausteinen der künstlerischen Ausbildung am Bauhaus. Besonders intensiv beschäftigten sich die Bauhaus-Meister Johannes Itten, Paul Klee und Wassily Kandinsky mit den Grundlagen von Farbe und Farbwirkung. Während sich die drei Lehrenden vor allem auf Künstler-Farbtheorien des 19. Jahrhunderts bezogen, gab es Werkstätten, die die streng schematische Farbordnung des Chemie-Nobelpreisträgers Wilhelm Ostwald bevorzugten. Insgesamt gab es keine einheitliche Farbentheorie am Bauhaus, es herrschten unterschiedliche Auffassungen nebeneinander.

Josef Albers (1888-1976), erst Schüler bei Itten, dann selbst Meister am Bauhaus, beeinflusste zahlreiche Künstlerinnen und Künstler. Nach der Schließung des Bauhauses 1933 ging er zusammen mit Anni Albers (1899-1994), die zuletzt die Webereiwerkstatt am Bauhaus leitete, in die USA. Sie folgten beide einem Ruf an das neu gegründete Black Mountain College in North Carolina. Bis 1949 unterrichteten sie dort: Josef verantwortete das künstlerische Programm und Anni lehrte in der Weberei. Beide prägten den interdisziplinären Charakter der Akademie und wollten mit ihrem Unterricht den Studierenden "die Augen öffnen" und sie zum bewussten Wahrnehmen anleiten.

Ab 1950 leitete Josef Albers das Art Department an der Yale University. Hier erschien 1963 sein wichtigstes Werk "Interaction of Color", in dem er seine Erkenntnisse zur Wirkung von Farben und Formen sowie der optischen Wahrnehmung festhielt. In der Einleitung heißt es: "In visual perception a color is almost never seen as it really is - as it physically is. This fact makes color the most rela¬tive medium in art." ("In der visuellen Wahrnehmung wird eine Farbe fast nie so gesehen, wie sie wirklich ist - so wie sie physikalisch ist. Dieser Fakt lässt Farbe zum relativsten Medium der Kunst werden.") Albers proklamiert sogar, alle Farbwahrnehmung sei Täuschung. Durch seine Überlegungen zu Optik und Wahrnehmung bereitete Albers die Op-Art-Bewegung der 1960er Jahre vor. Die Op Art, kurz für Optical Art oder Optische Kunst, beschäftigte sich mit einer Wissenschaft des Sehens und physiologischen Prozessen im Auge. Die Werke der Op Art enthalten geometrische Muster und Farbkontraste, die ein Flimmern auslösen, Bewegung simulieren und somit das menschliche Auge täuschen.

Der Name der Kunstströmung geht zurück auf eine Ausstellung von Julian Stanczak (1928-2017), der 1964 in der New Yorker Martha Jackson Gallery unter dem Titel "Julian Stanczak: Optical Painitings" seine Bilder zeigte. Stanczak kam 1950 in die USA und studierte an der Yale University bei Josef Albers. In der Ausstellung in Münster sind drei Arbeiten von ihm zu sehen, die Albers Einfluss sehr deutlich zeigen. Bei dem Siebdruck "Red Cut-Out Fold" (1970), auf Deutsch etwa "rote Ausschnittfalte", ist eine rote Fläche mehrfach gefaltet, so dass sich allein aus den Überlagerungen eine Bewegtheit ergibt. Es scheint, als hätte Stanczak das Quadrat seines Lehrers aufgebrochen. Dazu gesellen sich dünne schwarze vertikale Linien, die im Vordergrund weiter auseinanderliegen und im Hintergrund enger zusammenrücken und zu einer dreidimensionalen Wirkung beitragen. Das "Brim Two" (1972) betitelte Werk besteht lediglich aus weißen horizontalen Linien auf quadratischem schwarzen Grund - die akkuraten Linien werden auf der Bildmitte graduell abgeknickt, so dass neben dem Flimmereffekt auch eine starke Wölbung entsteht. Bei "See-Through, Light" (1983-84) steigert Stanczak die Komplexität des Zusammenspiels von Linien und Flächen, Zweidimensionalität und räumlicher Illusion.

Richard Anuszkiewicz (*1930), von 1954 bis 1955 ein Schüler von Albers am Art Department der Yale University, befasste sich mit der Wirkung von Komplementärfarben. In zahlreichen Gemälden stellte er diese einander gegenüber und erforschte die damit verbundenen Auswirkungen auf die visuelle Wahrnehmung. In seinem Gemälde "Temple to Albers" (1984) erzeugt die Komposition aus stark leuchtendem Orange, kontrastierendem Blau, einem satten Gelb und Schwarz den Eindruck von Tiefe. Durch die Anlage von fünf schmalen orangefarbenen Quadern, die in einem flimmernden Wechsel von gelben und schwarzen Linien eingefasst sind, entsteht die Illusion einer geradezu dreidimensionalen architektonischen Form. Die optische Bewegung wird verstärkt durch die unterschiedliche Breite der schwarzen Streifen, die anfangen zu pulsieren und die Bildoberfläche in Schwingung versetzen.

Mit ihren abstrakten Wandarbeiten überführt Tauba Auerbach (*1981) die Op Art in die Gegenwart. In Münster ist sie mit der Arbeit "Crumple IV" (2009) vertreten, die ein Punkteraster auf einer darunterliegenden zerknitterten Fläche zeigt. Ihre Arbeit entsteht zwischen konzeptueller Kunst, Abstraktion und Grafik unter Einbeziehung moderner Technologien und digitaler Möglichkeiten. Sie interessiert sich für die Natur von Farbe, Sprache, Logik, Dimensionen und erforscht die Grenzen visueller und räumlicher Wahrnehmung.

Öffentliche Rundgänge
Jeden Samstag und Sonntag finden 13.30, 14, 14.45 und 15.15 Uhr einstündige geführte Ausstellungsrundgänge statt. Am Wochenende ermöglichen außerdem 25-minütige Spotlight-Rundgänge einen thematischen Zugang zur Ausstellung: zur Bauhausbühne, Samstag, 16 Uhr, und Sonntag, 11 Uhr, zur Lichtkunst, Samstag, 16.30 Uhr, und Sonntag, 11.30 Uhr, oder zu Fotoexperimenten, Samstag, 17 Uhr, und Sonntag, 12 Uhr. Weitere öffentliche Angebote finden Sie unter http://www.bauhaus-amerika.de



Pressekontakt:
Frank Tafertshofer, LWL-Pressestelle, Telefon: 0251 591-235 und Judith Frey, LWL-Museum für Kunst und Kultur, Telefon: 0251 5907-209, judith.frey@lwl.org
presse@lwl.org



LWL-Einrichtung:
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