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Mitteilung vom 15.02.19

Presse-Infos | Kultur

Der Absolute Film: Rhythmus und Licht

Sonderausstellung "Bauhaus und Amerika. Experimente in Licht und Bewegung" im LWL-Museum für Kunst und Kultur

Bewertung:

Münster (lwl). Mit der aktuellen Ausstellung "Bauhaus und Amerika. Experimente in Licht und Bewegung" richtet das LWL-Museum für Kunst und Kultur in Münster den Blick auf Künstlerinnen und Künstler, die nach der Schließung des Bauhauses 1933 nach Amerika emigrierten, um dort ihre Ideen weiterzuentwickeln. Gezeigt werden die Auswirkungen der Bauhausbühne als interdisziplinärem Laboratorium für Licht- und Bewegungsexperimente bis in die Gegenwart. Das Museum des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) stellt einzelne Künstler und Werke oder besondere Themen der Sonderausstellung exemplarisch vor.

Zentrale ästhetische Kategorien des beginnenden 20. Jahrhunderts waren Zeit, Bewegung und Licht. Im noch recht jungen Medium Film schienen diese in reinster Form zum Ausdruck gelangen zu können. Moholy-Nagy sagte 1923 über Licht als ein gestalterisches Medium: "Da sich diese Lichteffekte fast immer in Bewegung offenbaren, ist es offensichtlich, dass der Prozess seine höchste Entwicklung im Film erreicht." Am Bauhaus selbst wurde wegen fehlender finanzieller Mittel nie eine Filmwerkstatt eingerichtet. In den Überlegungen und den Experimenten mit bewegten Bildern und rhythmischer Lichtgestaltung am Bauhaus können dennoch als Vorläufer des experimentellen Films gesehen werden. Dass Hirschfeld-Macks "Farbenlichtspiele" tatsächlich mit dem avantgardistischen Kino in Verbindung gebracht wurden, zeigte 1925 das Programm der Berliner Film-Matinee "Der absolute Film".

Hans Richters (1888-1976) Rollenbilder kennzeichneten den Übergang von einer statischen optischen Gestaltung zur Bewegungskunst des Filmes. Der vierminütige Film "Rhythmus 21" (1921-1924) ist ein pulsierendes Spiel mit weißen, hell- und dunkelgrauen sowie schwarzen Rechtecken und Quadraten, die sich vergrößern oder verkleinern oder rhythmisch übereinanderlegen. Weiterhin zählen Viking Eggeling mit "Symphonie Diagonale" (1924) sowie Walter Ruttmann (1887-1941) zu den Pionieren des Absoluten Filmes.
Mit seinem abstrakten Film "Lichtspiel Opus I" (1921) markiert der Filmkünstler Walter Ruttmann die offizielle Geburtsstunde des experimentellen Films in Deutschland. Er zeigte ihn zunächst in einem Frankfurter Kino vor geladenen Gästen sowie Vertretern der Presse, dann öffentlich in Berlin. Für die Produktion von "Lichtspiel Opus I" verwendete Ruttmann einen Tricktisch mit drei übereinander angebrachten Glasplatten, die er mit Ölfarbe bemalte. Der Herstellungsprozess ist im Film nicht mehr zu erkennen, stattdessen sind abstrakte organische Formen in Rot, Blau und Grün zu sehen, die sich vor einem schwarzen Hintergrund bewegen. Musikalisch ist der Film mit der Aufnahme eines Streichorchesters unterlegt. Die Fortsetzungen "Lichtspiel Opus II - IV" (1921-1925) sind in der Ausstellung zu sehen. Als Regisseur des berühmten Films "Berlin - Die Sinfonie der Großstadt" schrieb Ruttmann 1927 erneut Filmgeschichte.

Insbesondere in New York gab es seit den 1920er Jahren ebenfalls vermehrt Experimente mit bewegtem Licht, die die amerikanische Kunstszene zu einer Beschäftigung mit dem abstrakten Film anregten. Es fand zudem ein reger Austausch zwischen den europäischen und amerikanischen Avantgarden statt. Wahrscheinlich war der erste rein abstrakte Film über das Licht, der in den USA öffentlich aufgeführt wurde, "Rhythm in Light" (1934) von der Filmpionierin Mary Ellen Bute (1906-1983). Begleitet von einem musikalischen Stück aus Edvard Griegs "Peer Gynt" inszenierte und dynamisierte Bute dreidimensionale Objekte, wie etwa Spielzeugpyramiden oder Pingpongbälle. Im Vorspann kündigt sie programmatisch an, dass der Film versuche, das zu veranschaulichen, was beim Hören von Musik im Geist passiert.
Wie viele ihrer europäischen Kollegen hinterfragte Bute das Medium Malerei: "Im Zuge des Versuchs, ein anderes Medium als Farbe zu finden und in abstrakten Formen ein Zeitelement darzustellen, begann ich mit optischen Instrumenten zu experimentieren. Die Farborgel interessierte mich, denn scheinbar konnte ich mit diesem Instrument genauso umgehen wie mit den Malfarben. Nur hantierte ich hier mit Licht und reiner Farbe." Die Auseinandersetzung mit Lichtexperimenten sowie die Bekanntschaft mit Leon Theremin, dem Erfinder des ersten elektronischen Musikinstrumentes, brachten Bute auf ihrer Suche nach einer "kinetischen, visuellen Form der Kunst" zum Film. Die Initialzündung kam jedoch von dem Bauhaus-Meister Wassily Kandinsky, der abstrakte Elemente gleich einer musikalischen Komposition auf die Leinwand brachte.


Besondere Hinweise
Eine Auswahl von sechs experimentellen Filmen sind im Kinosaal der Ausstellung fortlaufend zu sehen. Im Patio wird ab Einbruch der Dunkelheit während der Ausstellungsdauer zudem die Arbeit "Pas de deux" (1967) von Norman McLaren gezeigt.

Öffentliche Angebote
Jeden Samstag und Sonntag finden 13.30, 14, 14.45 und 15.15 Uhr einstündige geführte Ausstellungsrundgänge statt. Am Wochenende ermöglichen außerdem 25-minütige Spotlight-Rundgänge einen thematischen Zugang zur Ausstellung: zur Bauhausbühne, Samstag, 16 Uhr, und Sonntag, 11 Uhr, zur Lichtkunst, Samstag, 16.30 Uhr, und Sonntag, 11.30 Uhr, oder zu Fotoexperimenten, Samstag, 17 Uhr, und Sonntag, 12 Uhr. Weitere öffentliche Angebote finden Sie unter http://www.bauhaus-amerika.de



Pressekontakt:
Frank Tafertshofer, LWL-Pressestelle, Telefon: 0251 591-235 und Judith Frey, LWL-Museum für Kunst und Kultur, Telefon: 0251 5907-209, judith.frey@lwl.org
presse@lwl.org



LWL-Einrichtung:
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Tel.: 0251 5907-210
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48143 Münster
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