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Mitteilung vom 19.10.17

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Ältester Nachweis von Bienenwachs als Klebstoff in Europa

LWL-Archäologen entdecken Überraschung an steinzeitlicher Speerspitze

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Hamm (lwl). Die Entdeckung eines Forscherteams unter Federführung von Archäologen des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) sorgt aktuell für internationale Aufmerksamkeit. An einer Speerspitze aus der Altsteinzeit haben die Wissenschaftler Spuren von Bienenwachs entdeckt. Der 13.000 Jahre alte Fund ist damit einer der weltweit frühesten Belege für die Verwendung von Bienenwachs als Klebstoff. Für die Forscher bietet dieser Nachweis eine aufschlussreiche Quelle zur Technologiegeschichte, Klima und Umweltbedingungen in der Altsteinzeit.

Seit 80 Jahren liegt die Spitze aus der Altsteinzeit im Gustav-Lübcke-Museum in Hamm, ohne dass ihr außergewöhnlicher wissenschaftlicher Wert bisher bekannt war. Die Speerspitze wurde in den 1930er Jahren bei Flussbegradigungen der Seseke bei Bergkamen-Oberaden (Kreis Unna) gefunden. Sie ist aus Knochen gefertigt und mit Widerhaken versehen. Solche Speere wurden in der Steinzeit zum Fischfang verwendet.

Völlig überraschend stellten die Forscher an dem 13.000 Jahre alten Stück nun Spuren von Bienenwachs fest. "Ich freue mich sehr, dass wir mit unserem Museumsstück die Forschung ein ganzes Stück weiterbringen konnten", so Susanne Birker, Kuratorin für die Ur- und Frühgeschichte am Gustav-Lübcke-Museum Hamm. Im unteren Bereich der Spitze haftet eine schwarze Substanz, die erst jetzt näher analysiert wurde. Lange Zeit ging man davon aus, dass es sich hierbei um Reste von Birkenpech handelte. Birkenpech wurde als Klebstoff für die Steinzeit häufig nachgewiesen. Damit wurden die Spitzen von Speeren und Pfeilen im Schaft befestigt. Erst jetzt konnte Frank Mucha vom Naturwissenschaftlichen Labor an der Fachhochschule Erfurt in Zusammenarbeit mit den LWL-Archäologen durch moderne chemische Analysen das überraschende Geheimnis der Speerspitze lüften. "Zum ersten Mal können wir jetzt nachweisen, dass schon in der europäischen Altsteinzeit Bienenwachs als Klebstoff verwendet wurde", erklärt Prof. Michel Baales von der LWL-Archäologie für Westfalen. "Dieses Ergebnis liefert uns aber weitaus mehr Erkenntnisse als bloß das Rezept für steinzeitlichen Klebstoff."

Die Untersuchung belegt zugleich, dass sich die Europäische Honigbiene bereits in der späten Altsteinzeit wieder nördlich der Alpen ausgebreitet hatte - 2000 Jahre früher als bislang angenommen. Das Klima in Mitteleuropa war zu diesem Zeitpunkt also wieder deutlich milder. Während der letzten Eiszeit hatte sich die Honigbiene in wärmere Gebiete rund um das Mittelmeer zurückgezogen. Die Pfeilspitze beweist, dass sie vor 13.000 Jahren erneut in Mitteleuropa heimisch wurde.

"Darüber hinaus ist der Fund ein Zeugnis dafür, dass die Menschen in der späten Altsteinzeit Honigwaben ausgeschöpft haben", so Baales. "Offenbar haben sie nicht nur den Honig genossen, sondern wussten auch, das Wachs zu nutzen."

Ihre Studie hat das Forscherteam in einer der renommiertesten europäischen Fachzeitschriften für Archäologie, der britischen "Antiquity", veröffentlicht. Diese steht im Internet zum Download zur Verfügung. "Wir freuen uns sehr darüber, dass westfälische Forschung solch hervorragende Ergebnisse liefert und weltweit wahrgenommen wird", so Baales.

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