Mitteilung vom 12.12.16
Presse-Infos | Kultur
Kleine ¿Sonderausstellung¿ startet am Wochenende
Erste Halterner Holzfunde und der größte Bronzefund seit langem füllen Vitrinen im LWL-Römermuseum
Haltern. (LWL) Eigentlich hatten die Archäologen des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) mit der Unterkunft eines Centurios gerechnet. In der Ausgrabungsfläche im römischen Hauptlager in Haltern am See kam jedoch etwas völlig anderes zum Vorschein. Die ersten römischen Holzfunde und der größte römische Bronzefund der vergangenen fünf Jahre bereichern jetzt die Vitrinen und die Listen der außergewöhnlichen Funde in Haltern. Sie kamen ans Tageslicht, wo Flächen der Römerbaustelle Aliso bislang noch nicht untersucht worden waren, zu sehen ab dem Wochenende (10./11.12.) im LWL-Römermuseum.
15 Zentimeter Durchmesser hat die prächtige Bronzescheibe, die zum Ende der Ausgrabungen für eine Überraschung bei Grabungsleiterin Dr. Bettina Tremmel sorgte: ¿Die Größe ist beeindruckend und sticht unter den Bronzefunden der vergangenen Jahre besonders hervor.¿ Die Scheibe ist mit konzentrischen Kreisen verziert und nach über 2.000 Jahren sehr korrodiert. Entsprechend brüchig ist das Material, mit dem es jetzt die Restauratoren des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) im Zentralen Fundarchiv in Münster zu tun haben. Sie versuchen, die Scheibe zu stabilisieren und die Korrosionen zu beseitigen.
Entdeckt wurde der Überraschungsfund in einer von vielen Gruben nahe des nachgebauten Westtores auf dem Gelände der Römerbaustelle Aliso. Dort hatten die Archäologen eigentlich mit einer ganz anderen Befundlage gerechnet. ¿Mit Blick auf die bereits untersuchten Flächen am Nord- und Osttor haben wir einen Getreidespeicher oder auch das Wohnhaus eines Centurios vermutet¿, erläutert Dr. Bettina Tremmel. Stattdessen zeichneten sich im Boden ganz deutlich die Spuren eines Straßengrabens und zahlreicher Gruben ab, die den römischen Soldaten zumeist für die Entsorgung des Abfalls dienten. An dieser Stelle kreuzten sich zwei Lagerstraßen: Eine verband das Ost- und das Westtor miteinander, die andere lief an der Lagerbefestigung an der Innenseite entlang.
In einer weiteren Grube auf der Fläche fanden die Fachleute die ersten erhaltenen Holzrelikte überhaupt aus dem ehemaligen römischen Hauptlager in Haltern. In der mit einem Durchmesser von etwa fünf Metern ungewöhnlich großen Grube kamen an der Sohle in 2,9 Metern Tiefe viele Tausend Holzspäne, Stücke von Birkenrinde und auch Leistenstücke zum Vorschein. ¿Dabei handelt es sich vermutlich um Abfälle, die bei der Bearbeitung von Holz anfallen¿, schlussfolgert Tremmel. Die Archäologen werden jetzt versuchen, aus dem sehr kleinteiligen Material eine Altersbestimmung mithilfe der Dendrochronologie zu erzielen. Dabei geben die Altersringe der Baumstämme Aufschluss über das Alter.
Auffällig war die Anzahl an besonderen Einzelfunden bei dieser Grabungskampagne, die im Frühjahr mit der Unterstützung von Ehrenamtlichen, Flüchtlingen und Praktikanten begonnen hatte. So ergänzt eine außerordentlich gut erhaltene Bronzespatel das Fundrepertoire. Das Bronzestück diente mit seinen verschieden geformten Enden zum Anrühren von Salben für die Wundversorgung bei Verletzungen. Hinzu kommen zwei fast vollständig erhaltene Amphoren. Die ein Meter hohen Keramikgefäße transportierten vor über 2.000 Jahren spanisches Olivenöl und ergänzten so den Speisenzettel der Legionäre. Auf einem Tellerboden aus Terra Tigillata, dem typisch römischen Tischgeschirr mit glänzend rotem Überzug, ist noch die Inschrift des ehemaligen Besitzers gut sichtbar eingeritzt: ¿TITRICOVS¿ lauten die lateinischen Buchstaben. Auf dem Boden einer anderen Schale ist der Stempel des römischen Herstellers noch gut zu sehen: ¿Xanthvs¿ hieß der Mann, der die Schale gemacht hat.
Viele der Funde sind jetzt in zwei Vitrinen im LWL-Römermuseum zu sehen. Darunter auch eine kleine Auswahl der seltenen Holzreste und die Keramik. Die Bronzefunde müssen noch restauriert werden, bevor sie dazu stoßen werden. Dafür bereichert ein besonders schönes Detail die kleine Fundpräsentation, zu der es auch Fotos und Informationen an einer Informationssäule geben wird. Auf einer von drei Scherben eines Gefäßes mit grüner Glasierung ist ein Amor als Relief abgebildet. Bei dem Gefäß handelte es sich um einen sogenannten Skyphos, eine Trinkschale mit ohrenförmigen Henkeln.
Pressekontakt:
Frank Tafertshofer, LWL-Pressestelle, Telefon: 0251 591-235 und Katja Burgemeister, LWL-Archäologie für Westfalen, Telefon: 0251 591-8921.
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Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeitet als Kommunalverband mit 20.000 Beschäftigten für die 8,3 Millionen Menschen in der Region. Der LWL betreibt 35 Förderschulen, 21 Krankenhäuser, 18 Museen sowie zwei Besucherzentren und ist einer der größten deutschen Hilfezahler für Menschen mit Behinderung. Er erfüllt damit Aufgaben im sozialen Bereich, in der Behinderten- und Jugendhilfe, in der Psychiatrie und in der Kultur, die sinnvollerweise westfalenweit wahrgenommen werden. Ebenso engagiert er sich für eine inklusive Gesellschaft in allen Lebensbereichen. Die neun kreisfreien Städte und 18 Kreise in Westfalen-Lippe sind die Mitglieder des LWL. Sie tragen und finanzieren den Landschaftsverband, dessen Aufgaben ein Parlament mit 125 Mitgliedern aus den westfälischen Kommunen gestaltet.
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