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Mitteilung vom 12.05.16

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Drei Fragen an Ausstellungsmacherin von ¿Homosexualität_en¿ zu Gutachten über Rehabilitierung von verurteilten Homosexuellen

Bewertung:

Münster (lwl). Ein neues Gutachten im Auftrag der Antidiskriminierungsstelle des Bundes sieht die Pflicht des Staates, verurteilte Homosexuelle zu rehabilitieren. Im Nachkriegsdeutschland wurden bis 1994 über 50.000 Männer nach dem Paragrafen 175 des Strafgesetzbuches verurteilt, der erst 1994 abgeschafft wurde.
Dr. Birgit Bosold ist Vorstandsmitglied des Schwulen Museums* Berlin und Projektleiterin der neuen Ausstellung "Homosexualität_en", die ab Donnerstag (12.5.) im LWL-Museum für Kunst und Kultur in Münster zu sehen ist


Frau Dr. Bosold, wie kommt die Verfolgung von Homosexuellen im Nachkriegsdeutschland in der aktuellen Ausstellung vor?

Die ganze Ausstellung mäandert im Grunde um dieses Thema. Auch wenn ab 1969 der berüchtigte Paragraf 175 liberalisiert wurde, war noch lange nicht die Tabuisierung zu Ende. Nur ein Beispiel aus der Ausstellung: Wir zeigen einen Gedenkstein für die verfolgten Homosexuellen aus dem NS-Konzentrationslager Dachau, der 1988 aufgestellt wurde. Er durfte aber nicht auf das Gelände der Gedenkstätte, sondern musste daneben auf einem Kirchengelände seinen Platz finden ¿ die Verfolgten wurden also auch 40 Jahre nach Kriegsende aus dem offiziellen Gedenken ausgeschlossen.


Wie wichtig wäre aus Ihrer Sicht eine rechtliche Rehabilitierung, wie sie das Gutachten fordert?

Sie käme für viele Betroffene zu spät, aber sie wäre wichtig, weil sie das Gesetz klar als einen Verstoß gegen die Menschenrechte werten würde, eine Geste der Anerkennung. Eine kleine Form der Anerkennung sind ja auch Ausstellungen so wie diese in Münster.

Das Schlusskapitel in Ihrer Ausstellung heißt ¿What¿s next?¿ Was kommt als nächstes?

Dass die Gesellschaft lernt mit Differenzen umzugehen, das betrifft ja nicht nur unterschiedliche sexuelle Identitäten, sondern auch unterschiedliche kulturelle oder religiöse Hintergründe. Eine zweite wichtige Herausforderung ist die Frage, wie wir Fürsorge und Verantwortung jenseits klassischer Familienstrukturen organisieren können. Dazu haben wir als Community ja sozusagen historische Erfahrungen. Spannend wird das dann, wenn die Party vorbei ist, wenn es um Lebenskrisen wie schwere Krankheiten geht. Die Aids-Krise ist eine solche historische Erfahrung, nämlich dass es gelang neue Formen der Solidarität zu entwickeln, die sich als tragfähig erwiesen.


Hintergrund
In seiner neuen Ausstellung "Homosexualität_en" widmet sich das LWL-Museum für Kunst und Kultur in Münster ab Donnerstag (12.5.) den Menschen, die gleichgeschlechtlich begehren oder non-konforme Geschlechtsidentitäten haben. Es sei keine ¿Schwulen-Ausstellung¿, sondern es gehe um Frauen liebende Frauen, um Männer liebende Männer und um die vielen Variationen von Geschlecht, die es zwischen männlich und weiblich gebe, so Matthias Löb, Direktor des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL).



Pressekontakt:
Frank Tafertshofer, LWL-Pressestelle, Telefon: 0251 591-235
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