LWL-Newsroom

Mitteilung vom 26.06.12

Presse-Infos | Kultur

Bunte Welten vor 500 Jahren

LWL-Denkmalpfleger entdecken seltene Fassadenbemalung und zeichnen Haus als Denkmal des Monats aus

Warburg (lwl). Im nächsten Jahr wird es 500 Jahre alt, es gilt als eines der ältesten, größten und am besten erhaltenen Fachwerkbauten Westfalens. Obwohl es daher sehr viel beachtet wird, birgt das Haus an der Bernhardistraße 2 in Warburg (Kreis Höxter) immer noch Überraschungen. Bei Vorbereitungen einer anstehenden Sanierung wurde jetzt deutlich, dass die Fassade des Hauses schon in der Erbauungszeit bemalt war. Da eine vergleichbare Bemalung für den nordwestdeutschen Raum bisher nahezu unbekannt war, hat der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) das Haus jetzt als Denkmal des Monats ausgezeichnet.

¿In der Erbauungszeit des Fachwerkhauses waren sich viele Fassaden bemalt, davon ist allerdings fast nichts erhalten geblieben. Deswegen kommt diesem Befunde besondere Bedeutung zu¿, erklärt LWL-Denkmalpfleger Dr. Fred Kaspar. In der Erbauungszeit habe man große Farbigkeit geliebt, davon zeugten heute noch die Dekoration und die Freude an vielfältigen Formen in Kirchenräumen sowie vereinzelt in Schlössern und Burgen.

Gefunden hat man die Bemalung jetzt an so genannten Füllbrettern: Diese Bretter hat man an der Vorderfront des Hauses eingesetzt. Mit diesen dünneren Brettern hat man die Zwischenräume zwischen den Balken verschlossen. Sie wurden mit leichter Neigung nach vorne in die Fachwerkkonstruktion eingesetzt. Zumindest an der Vorderfront hat man über dem hohen Dielengeschoss die zehn Füllbretter in die Gestaltung der Fassade durch eine farbige Gestaltung einbezogen. Ob dies darauf hinweist, dass ursprünglich die gesamte Fassade bemalt war, ist bislang nicht bekannt, da solche Gestaltungsformen meist wegen Verwitterung durch Regen und Wind, aber auch durch spätere Überstreichungen oder Verputzungen verloren gegangen sind.

Da sich die Füllbretter an einer sehr vor der Verwitterung geschützten Stelle befinden, hat sich zumindest auf ihnen eine reiche Bemalung erhalten. Es handelt sich um ornamentale Malerei, wie sie für die ersten Jahrzehnte des 16. Jahrhunderts typisch ist. Jede der Bohlen ist mit anderen vielfach verschlungenen Ornamentmustern versehen worden, die wohl unbekannten Musterblättern mit spätgotischer Dekoration entnommen sind. Eine der Bohlen, die sich über dem mittleren Torbogen des Hauses befindet, wurde besonders gestaltet: Hier findet sich das Wappen der Familie Santmann zusammen mit einem weiteren, bislang nicht identifizierten zweiten Wappen aufgemalt, wohl ein Hinweis auf das Ehepaar der ersten Bewohner. ¿Da die Familie Santmann schon 1546 mit dem Tod des Bauherren in Warburg ausgestorben sein soll, kann das Ehewappen als ein weiterer Beleg dafür gelten, dass die Malerei nur aus der Bauzeit des Hauses stammen kann¿, so Kaspar.

Hintergrund
Das Haus an der Bernhardistraße 2 in der Altstadt von Warburg ist ein bemerkenswertes Bürgerhaus, das im Jahr 1513 errichtet wurde. Nachdem es umfassend untersucht und gründlicher saniert wurde, dient es seit mehreren Jahrzehnten als Gemeindehaus der katholischen Kirche. Der Bauherr des Hauses lässt sich aus der Inschrift des Torbogens und seinem dazu gesetzten Wappen als Heinrich II Santmann identifizieren. Er gehörte zum Kreis der einflussreichen Kaufmannsfamilien der Region, die sowohl im Großhandel wie auch im Getreidehandel ihr Geld verdienten. Als Mittelpunkt eines solchen Großhandels und Lager dürfte zwischen 1512 und 1514 der großformatige Neubau entstanden sein. Heinrich II. Santmann wurde in Korbach geboren, lebte aber schon vor 1500 in Warburg und wurde dort zwischen 1534 und seinem Tod 1546 mehrmals zum Bürgermeister gewählt.



Pressekontakt:
Markus Fischer, LWL-Pressestelle, Telefon: 0251 591-235
presse@lwl.org



LWL-Einrichtung:
LWL-Denkmalpflege, Landschafts- und Baukultur in Westfalen
Fürstenbergstr. 15
48147 Münster
Karte und Routenplaner



Der LWL im Überblick:
Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeitet als Kommunalverband mit 20.000 Beschäftigten für die 8,3 Millionen Menschen in der Region. Der LWL betreibt 35 Förderschulen, 21 Krankenhäuser, 18 Museen sowie zwei Besucherzentren und ist einer der größten deutschen Hilfezahler für Menschen mit Behinderung. Er erfüllt damit Aufgaben im sozialen Bereich, in der Behinderten- und Jugendhilfe, in der Psychiatrie und in der Kultur, die sinnvollerweise westfalenweit wahrgenommen werden. Ebenso engagiert er sich für eine inklusive Gesellschaft in allen Lebensbereichen. Die neun kreisfreien Städte und 18 Kreise in Westfalen-Lippe sind die Mitglieder des LWL. Sie tragen und finanzieren den Landschaftsverband, dessen Aufgaben ein Parlament mit 125 Mitgliedern aus den westfälischen Kommunen gestaltet.


Der LWL auf Facebook:
https://www.facebook.com/LWL2.0




zur Druckansicht dieser Seite

zu den aktuellen Presse-Infos