Mitteilung vom 16.04.12
Presse-Infos | Kultur
Jakobsweg wird von Minden über Bielefeld und Lippstadt nach Soest führen
Ausschilderung und Führer 2013
Münster (lwl). In Westfalen wird es ab Frühjahr 2013 einen weiteren durchgehenden Weg der Jakobspilger nach historischem Vorbild geben. Nach den Strecken von Osnabrück nach Wuppertal, von Marburg über Siegen nach Köln und der Trasse des alten Hellwegs von Höxter nach Bochum wird derzeit eine Route von Minden über Bielefeld und Lippstadt mit Anschluss an den Hellweg in Soest zunächst wissenschaftlich erforscht und dann als rund 140 Kilometer langer Pilgerweg ausgeschildert werden, wie der Direktor des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL), Dr. Wolfgang Kirsch, am Montag (16.04.) in Bielefeld mitteilte.
Kirsch kündigte außerdem für das Frühjahr 2013 einen Pilger- und Wanderführer der Nord-Süd-Verbindung an (zirka 14 Euro, auch für Radwanderer). Der Führer werde den historischen Weg, die über 1.000 Jahre alte Tradition der Pilgerreise nach Santiago de Compostela (Spanien) und viele Sehenswürdigkeiten entlang der Trasse in Westfalen beschreiben. Neben ausführlichem Kartenmaterial werden zudem pilgergerechte Unterkünfte und Öffnungszeiten nachzuschlagen sein. Neu ist, dass gleichzeitig mit dem Buch auch der begleitende GPS-Track auf der Internetseite der Altertumskommission abrufbar sein wird.
So können sich technikbegeisterte Pilger nicht nur von der Ausschilderung, sondern auch von ihrem GPS-Gerät oder ihrem Smartphone über den Weg leiten lassen (Internet: http://www.jakobspilger.lwl.org)
Der Wanderweg ist das Ergebnis der Forschungen der Altertumskommission für Westfalen, die der LWL mit jährlich 38.000 Euro finanziert. Hinzu kommen seit 2008 eine Förderung der LWL-Kulturstiftung von 29.000 Euro pro Jahr.
Die Trasse
Die Trasse von Minden nach Soest (vom Startpunkt am Dom in Minden über den Wittekindsberg, Bad Oeynhausen-Eidinghausen, Löhne-Gohfeld, Herford, Bielefeld, Gütersloh, Rheda-Wiedenbrück, Langenberg, Lippstadt, Benninghausen, Weslarn nach Soest) werde jetzt den Gemeinden vor Ort vorgestellt und bis zum Frühjahr 2013 mit der charakteristischen Jakobsmuschel (europaweit gelb auf blauem Grund) ausgeschildert, erläuterte Projektleiterin Ulrike Spichal. In Soest finde der Weg Anschluss an den bereits ausgeschilderten und 2010 eröffneten Weg von Höxter ins Ruhrgebiet.
Der entstehende Pilgerweg ist nach Angaben von Spichal weitgehend an historisch belegte Wegführungen angelehnt. Spichal: "Wir haben Reste von Hohlwegen gefunden, die sich durch die schweren Fuhrwerke ins Gelände eingegraben hatten. Auch ehemalige Galgenstandorte und Landwehrdurchlässe sind beispielsweise Zeugnisse der alten Wegetrasse.¿
Dass auch tatsächlich Pilger diesen Weg benutzten, zeigen zum Beispiel Ordensgemeinschaften in Minden und Bielefeld, die sich vor allem der Sorge um die vorbeiziehenden Pilger verpflichtet sahen. In vielen Städten bestanden Herbergen für durchreisende Pilger, so z. B. in Herford, wo es gleich mehrere gab. In Lippstadt zeugt möglicherweise ein Relief im Tympanon der Marienkirche von der Pilgerreise ihres Erbauers, Bernhard zur Lippe.
Ausblick
Eine weitere Strecke in Westfalen ¿ von Bielefeld über Warendorf, Münster und Coesfeld an den Niederrhein (2014) ¿ ist das nächste Projekt der LWL-Altertumskommission, so ihr stellvertretender Vorsitzender Prof. Dr. Torsten Capelle. Das Projekt wolle die mittelalterlichen Wege und die Spuren der Jakobspilger in Westfalen möglichst genau rekonstruieren: "Es gab für die Pilger in Westfalen und anderswo keine eigenen Wege, im Gegenteil: Sie suchten aus Angst vor Überfällen stark frequentierte, bekannte Trassen."
Die Geschichte der Jakobspilgerwege
Die Pilgerfahrt zum Grab des Apostels Jakobus des Älteren im über 2.000 Kilometer entfernten nordspanischen Santiago de Compostela hat eine Tradition, die bis ins Mittelalter zurückgeht. Man versprach sich die Heilung von Körper und Seele als Lohn für den Besuch der Kultstätte.
Seit dem 10. Jahrhundert kamen aus ganz Europa Pilger, Männer und Frauen aus allen Schichten, nach Spanien, zu Fuß oder zu Pferd. Als Beleg und Erkennungszeichen diente die Jakobsmuschel, die jeder Pilger in Santiago erstehen konnte und deutlich sichtbar an der Kleidung oder Umhängetasche trug.
"Seit einigen Jahren erlebt die Pilgerfahrt eine Renaissance, nicht erst, seit TV-Stars wie Hape Kerkeling sich auf den Weg machten: 2004, also zwei Jahre vor Erscheinen des Bestsellers ¿Ich bin dann mal weg¿, zählte man in Santiago rund 180.000 registrierte Pilger", so LWL-Direktor Kirsch. Im Jahr 2010, ebenfalls einem heiligen Jahr, in dem der 25. Juli auf einen Sonntag fiel, waren es sogar 270.000.
Bereits 1987 hatte der Europarat dazu aufgerufen, die Jakobspilgerwege in Europa zu erforschen. 1993 erklärte die UNESCO den spanischen Teil des Weges, den ¿Camino Francés¿, zum Weltkulturerbe.
Über Jakobspilger, die aus Westfalen stammen, sei insgesamt nur wenig bekannt, so die Forscherin Ulrike Spichal. Bekanntester westfälischer Pilger ist Bischof Anno aus Minden, der sich in den Jahren 1174 und 1175 auf den Weg nach Santiago de Compostela machte, das damals als Pilgerort gleichrangig neben Rom und Jerusalem stand.
Durch eine Pilgerreise konnten Verbrecher auch ihrer Strafe entgehen, wenn ein Gericht sie dazu verurteilte. "Bettler, Räuber und Steuerhinterzieher im Pilgergewand haben zusammen mit den Strafpilgern die Pilgerfahrt im Laufe der Zeit in Verruf gebracht. Jakobsbrüder wurden vielerorts mit Gesindel gleichgestellt. In Herford, einer wichtigen Sammelstation für Pilger in Westfalen, soll die Jakobikirche 1530 wegen der Jakobspilger, die den Status für ihre Zwecke ausgenutzt haben, geschlossen worden sein", erläutert Spichal. Für mittellose Menschen war jedoch eine Pilgerreise oft die einzige Möglichkeit, die Heimat zu verlassen. Wohlhabende konnten das Pilgern auch delegieren und einen Berufspilger mieten.
Internet: http://www.jakobspilger.lwl.org
Pressekontakt:
Frank Tafertshofer, LWL-Pressestelle, Telefon: 0251 591-235
presse@lwl.org
LWL-Einrichtung:
Altertumskommission für Westfalen
An den Speichern 7
48157 Münster Karte und Routenplaner
Der LWL im Überblick:
Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeitet als Kommunalverband mit 20.000 Beschäftigten für die 8,3 Millionen Menschen in der Region. Der LWL betreibt 35 Förderschulen, 21 Krankenhäuser, 18 Museen sowie zwei Besucherzentren und ist einer der größten deutschen Hilfezahler für Menschen mit Behinderung. Er erfüllt damit Aufgaben im sozialen Bereich, in der Behinderten- und Jugendhilfe, in der Psychiatrie und in der Kultur, die sinnvollerweise westfalenweit wahrgenommen werden. Ebenso engagiert er sich für eine inklusive Gesellschaft in allen Lebensbereichen. Die neun kreisfreien Städte und 18 Kreise in Westfalen-Lippe sind die Mitglieder des LWL. Sie tragen und finanzieren den Landschaftsverband, dessen Aufgaben ein Parlament mit 125 Mitgliedern aus den westfälischen Kommunen gestaltet.
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