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Mitteilung vom 27.03.12

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Telemach und Inkas in Warendorf

LWL zeichnet restaurierte Panoramatapeten eines Bürgerhauses als Denkmal des Monats aus

Bewertung:

Warendorf. (lwl). Der Zahn der Zeit hatte an den Panoramatapeten aus dem Jahr 1824 eines Bürgerhauses an der Klosterstraße 7 in Warendorf genagt, ein Wasserschaden hatte zudem zu Flecken geführt. Nachdem die seltenen Tapeten restauriert wurden, strahlen sie jetzt wieder ihre ursprüngliche Wirkung aus. Deshalb hat der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) die historischen Tapeten als Denkmal des Monats März ausgezeichnet.

¿Trotz einiger Schäden haben die Warendorfer Tapeten die vergangenen zwei Jahrhunderte besser und vollständiger überstanden als die meisten vergleichbaren Tapeten aus jener Zeit, die noch an Ort und Stelle erhalten sind. Die Restaurierung hat die Gesamterscheinung beruhigt, die Darstellungen lassen sich im Ganzen besser ablesen¿, lobte LWL- Restauratorin Anke Dreyer.

Hintergrund
Panorama-Tapeten waren ab 1800 in vielen Herren- und Bürgerhäusern anzutreffen. Ein führender Hersteller war die Pariser Firma ¿Dufour und Leroy¿, von der auch die Bildtapeten in der Klosterstraße stammen. Der spätere Hofrat Dr. Franz Katzenberger bestellte gleich zwei verschiedene vielfarbige Panoramtapeten, die um 1824 im Bürgerhaus an der Klosterstraße angebracht wurden. Die Tapeten zeigen ¿Die Reisen des Telemach¿ (griechische Sagengestalt) im Salon sowie ¿Die Inkas und die Zerstörung des Reiches von Peru¿ im Gartensaal.

¿Der Bauherr muss so sehr von dem Inkatempel begeistert gewesen sein, dass er sich vom ortsansässigen Schreinermeister Budde ein Portal für die Eingangstür im Gartensaal in Anlehnung an die Darstellung der Tapete anfertigen ließ¿, so Dreyer. Die beiden Bildzyklen umfassen jeweils 25 Tapetenbahnen aus handgeschöpften Papierblättern. Beim Handdruckverfahren kamen geschnitzte hölzerne sogenannte Druckmodel zum Einsatz, mit denen das Motiv auf das Papier gedruckt wurde. Dafür wurden pro Tapete mehr als 2000 verschiedene Holzmodel angefertigt. Zur Montage überklebte man die Wände mit Papier. Um Kosten zu sparen, verwendete man gerne Papierreste ¿ in diesem Fall vorgedruckte Zollzettel-Passierscheine aus Warendorf. Auf diese Kaschierungen wurden dann die Tapeten geklebt.

Anfang der 1980er Jahre hatten sich die Tapetenbahnen teilweise von der Wand gelöst und Beulen und Falten gebildet. Im Bereich der Ofenrohre war die Tapete zerrissen und der Putz löste sich aus der Wand. An einigen Stellen waren die Tapete und die Leinwandunterspannung durchstoßen. Ein Wasserschaden hatte zu Flecken und Schimmelpilzbildung geführt. An einigen Stellen war die Farbschicht locker geworden, Lichteinwirkung hatte die Farben ausbleichen lassen. ¿Zwischen 1983 und 1990 wurden in einer ersten Restaurierungskampagne hauptsächlich erhaltende Maßnahmen durchgeführt. Die Restaurierung konnte jedoch nicht abgeschlossen werden¿, so Dreyer.

Da seit der letzten Aktion mehr als 20 Jahre vergangen waren, zeigten sich zusätzlich kleinere neue Schäden. Die Restauratoren besserten jetzt den Putz aus, sie ergänzten Teile der Leinwand-kaschierung, festigten die Druckfarben, verklebten gelöste Papierbereiche neu und befreiten die Tapeten von Staub und Pilzmyzelen. Danach wurden Fehlstellen geschlossen. Die nachfolgende Retusche betraf sowohl die Fehlstellen als auch verschiedene Flecken. Zum bestmöglichen Erhalt der Tapeten wurde eine Sockelleistenheizung eingebaut, deren Raumluftströmungen sich zum Rauminneren richten. Mit diesem Heizsystem werden gleich mehrere Schadensquellen ausgeschaltet: das Feuchtwerden der Wände und das Ablagern von Staub auf den Tapeten. Gegen ein Ausbleichen der Farben durch einfallendes Tageslicht sollen noch UV-Schutz-Folien an den Fenstern angebracht werden.

Der Arzt und spätere Hofrat Dr. Franz Josef Katzenberger ließ 1812 auf einem Grundstück an der Ems seinen Wohnsitz errichten. Das Bürgerhaus, ein klassizistischer siebenachsiger Bau, enthält sowohl Wohn- als auch repräsentative Räume. Über einen vestibülartigen Mittelflur gelangt man in den rückwärtig gelegenen Gartensaal mit Blick auf die Ems. Vom Gartensaal aus führt eine Doppeltür in den sich östlich anschließenden Salon. Beide Räume wurden zunächst mit einer Papiertapete in pompejanischem Rot ausgestattet, die einige Jahre später durch die Panorama-Bild-Tapeten ersetzt wurde.



Pressekontakt:
Markus Fischer, LWL-Pressestelle, Telefon: 0251 591-235
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