LWL-Newsroom

Mitteilung vom 26.03.12

Presse-Infos | Kultur

Mickey Mouse und Co läuten den Abschied aus der Schule ein

LWL-Volkskundler legen Buch zu Abiturbräuchen vor

Westfalen (lwl). ¿Es ist ja ganz schwierig, da noch Unterricht zu machen, wenn man die plötzlich verkleidet als kleine Schweinchen ¿ oder was weiß ich ¿ da so sieht.¿ So kommentiert eine Lehrerin aus Bocholt (Kreis Borken) die Verkleidungsaktionen der angehenden Abiturienten in der sogenannten Mottowoche. Volkskundler des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) sind diesem noch jungen Brauch auf den Grund gegangen.

An den Gymnasien stehen in der letzten regulären Unterrichtswoche, die in diesem Jahr am 26. März beginnt, zwar wie gewohnt Mathe und Englisch, Deutsch und Biologie auf dem Stundenplan, in den Bänken sitzen aber nicht Timo, Anna, Alexander und Lara, sondern die Panzerknacker, Super-Mario, Wesen von einem anderen Stern oder Schneewittchen und Co.. Als Grund für dieses auffällige Kleidungen muss der allmähliche Abschied von der Penne herhalten, der mit der letzten Schulwoche in seine heiße Phase eintritt. ¿Der Schulalltag rückt nun immer weiter in den Hintergrund, von einem neuen Lebensabschnitt trennen die 13er nur noch die Abiturprüfungen. Da mag es durchaus angebracht erscheinen, diese Übergangszeit sich selbst und anderen eindrucksvoll vor Augen zu führen: in Form von schrillen Verkleidungen und improvisierten Aktionen wie Polonaisen durch die Schule, Musikdarbietungen in der Pause oder einfach durch immer wieder dazwischen geschobene ¿Foto-Shootings`, die dazu dienen sollen, die einfallsreichen Kostümierungen der Mitschüler für die Ewigkeit festzuhalten¿, haben die Volkskundler des LWL beobachtet.

Nicht selten steht jeder einzelne Tag der letzten Schulwoche unter einem bestimmten Motto. Beliebte Mottos sind beispielsweise die Hippie-Zeit, Gangster, Black & White, Disneyland, Geschlechtertausch oder Bad taste (Schlechter Geschmack). ¿Von manchen Leuten hätte man echt nie gedacht, dass die sich so verkleiden. Die hatten einen Tag nach dem anderen immer eine super Verkleidung¿, erzählt eine Abiturientin aus Bocholt.

¿Die sogenannte Motto-Woche ist das jüngste Element im Reigen der Abiturbräuche¿, betont LWL-Volkskundler Dr. Peter Höher. ¿Um die Mitte der 2000er Jahre hat sich dieser Brauch in ganz Deutschland verbreitet. Bereits Mitte der 1980er Jahren führten einige Abiturjahrgangsstufen die Mottos ein. 1987 konnte man dann beispielsweise auf dem münsterschen Domplatz beobachten, dass einige der Schüler, die sich hier am letzten regulären Schultag trafen, verkleidet waren. Und schaut man einmal über den nationalen Tellerrand hinweg, dann fallen natürlich deutliche Parallelen zur amerikanischen ¿Spirit-Week¿ auf, in der Kostümierungen auch eine nicht unerhebliche Rolle spielen.¿

Nach der Funktion dieses noch sehr jungen Brauches mussten die LWL-Volkskundler nicht allzu lange forschen: ¿Bei der Motto-Woche stehen Gemeinschaftserlebnis und ein Gefühl des bevorstehenden Abschiednehmens im Vordergrund: ¿Vor dem endgültigen Auseinandergehen versichern sich die Abiturienten durch eine gemeinsame Aktion ihrer gegenseitigen Verbundenheit. Durch Rollenwechsel und Maskerade wird die den einen oder anderen beschleichende Unsicherheit überspielt¿, so Höher.

Das Buch zum Brauch
Mehr über die Feste, Bräuche und Riutale rund ums Abitur erfahren Interessierte, in dem Buch ¿Mit Wasserpistole und Ballkleid¿, das im Ardey-Verlag erschienen ist. ¿Dieses Buch ist das Ergebnis einer volkskundlichen Feldstudie. Wir haben uns an die Fersen von fünf Abiturjahrgängen in Mettingen, Rheine, Iserlohn-Letmathe, Bocholt und Bünde geheftet und versucht herauszufinden, wie heute Abitur gefeiert wird¿, erläutert Christiane Cantauw, Geschäftsführerin der Volkskundlichen Kommission für Westfalen. ¿Wir haben nicht nur heutige Bräuche und Rituale untersucht, sondern auch einen Blick in die Geschichte gewagt, um Entwicklungen und Veränderungen zu beleuchten.¿
Das 151 Seiten starke Buch ist mit zahlreichen historischen und aktuellen Fotos angereichert. Es ist zum Preis von Euro 19,90 im Buchhandel erhältlich (ISBN 978-3-87023-267-2).



Pressekontakt:
Markus Fischer, LWL-Pressestelle, Telefon: 0251 591-235
presse@lwl.org



LWL-Einrichtung:
LWL-Kommission Alltagskulturforschung für Westfalen
Scharnhorststr. 100
48151 Münster
Karte und Routenplaner



Der LWL im Überblick:
Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeitet als Kommunalverband mit 20.000 Beschäftigten für die 8,3 Millionen Menschen in der Region. Der LWL betreibt 35 Förderschulen, 21 Krankenhäuser, 18 Museen sowie zwei Besucherzentren und ist einer der größten deutschen Hilfezahler für Menschen mit Behinderung. Er erfüllt damit Aufgaben im sozialen Bereich, in der Behinderten- und Jugendhilfe, in der Psychiatrie und in der Kultur, die sinnvollerweise westfalenweit wahrgenommen werden. Ebenso engagiert er sich für eine inklusive Gesellschaft in allen Lebensbereichen. Die neun kreisfreien Städte und 18 Kreise in Westfalen-Lippe sind die Mitglieder des LWL. Sie tragen und finanzieren den Landschaftsverband, dessen Aufgaben ein Parlament mit 125 Mitgliedern aus den westfälischen Kommunen gestaltet.


Der LWL auf Facebook:
https://www.facebook.com/LWL2.0




zur Druckansicht dieser Seite

zu den aktuellen Presse-Infos