LWL-Newsroom
Mitteilung vom 15.07.10
Presse-Infos | Der LWL
Grußwort des Vorsitzenden der Landschaftsversammlung im Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL), Herrn Dieter Gebhard,
anlässlich der Eröffnung der Ausstellung ¿Kumpel Anton, St. Barbara und die Beatles¿
Es gilt das gesprochene Wort
Achtung Redaktionen: Freigabe am 15.07.2010 um 19:00 Uhr
Grußwort des Vorsitzenden der Landschaftsversammlung im Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL), Herrn Dieter Gebhard, anlässlich der Eröffnung der Ausstellung ¿Kumpel Anton, St. Barbara und die Beatles¿ am 15.07.2010, um 19 Uhr in dem LWL-Industriemuseum Zeche Hannover
Sehr geehrte Damen und Herren,
herzlich willkommen auf der Zeche Hannover.
Als Vorsitzender der Landschaftsversammlung Westfalen-Lippe begrüße ich Sie im Namen des LWL herzlich zur Eröffnung der Ausstellung ¿Kumpel Anton, St. Barbara und die Beatles. ¿Helden¿ und andere Leitbilder im Ruhrrevier nach 1945¿.
Man fragt sich schon, was die heilige Barbara mit den Pilzköpfen aus Liverpool zu tun hat.
Ich will damit sagen:
Der Titel der Ausstellung verspricht eine bunte und spannende Mischung. Wir dürfen uns auf den Vortrag der Ausstellungsleiterin Frau Dr. Dagmar Kift freuen, die uns gleich eine umfassende Einführung in die Ausstellung geben wird.
Die offenkundige Vielfalt ist symptomatisch für das Gesamtkonzept des Heldenprojektes beim LWL. Wir eröffnen heute eine Begleitschau des LWL-Industriemuseums zu seiner Großausstellung ¿Helden. Von der Sehnsucht nach dem Besonderen¿ in der Henrichshütte Hattingen.
Wie bestimmt viele von Ihnen sicher wissen,
meine Damen und Herren,
ist die große Heldenausstellung in Hattingen - neben ¿AUFRUHR¿ im LWL-Archäologiemuseum Herne - eines der beiden wichtigsten Projekte des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe für die Kulturhauptstadt RUHR 2010.
Mit über 800 Exponaten aus aller Welt wirft sie einen historisch-kritischen Blick auf die Entwicklung von Helden-Bildern und Helden-Verehrung von der Antike bis zur Gegenwart. Die Schau fragt danach, wie Helden gemacht werden, welchem Zweck Helden dienten, und wozu wir Helden heute eigentlich noch brauchen.
Die große Ausstellung in Hattingen wird ergänzt durch Begleitausstellungen, die sich in den sieben weiteren Standorten des LWL-Industriemuseums dem Phänomen ¿Helden¿ auf unterschiedlichste Weise nähern und dabei meist einen Bezug zu der ¿Branche¿ des jeweiligen Museums-Standorts aufweisen.
So blickt die Zeche Nachtigall in Witten an ihrem ehemaligen Schacht ¿Hercules¿ auf Kult und Kitsch der Herkules-Verehrung im Wandel der Zeit.
Das Textilmuseum in Bocholt widmet sich mit seiner Ausstellung ¿Stroh zu Gold¿ den Helden in Märchen.
Die Zeche Zollern präsentiert Denkmale für Bergleute als ¿Helden im Zeichen von Schlägel und Eisen¿.
Das Schiffshebewerk Henrichenburg stellt unter der Frage ¿Industriepionier oder Held der Technik?¿ den Ingenieur Rudolph Haack vor.
Im Ziegeleimuseum Lage und in der Glashütte Gernheim ¿ beides Standorte in Ostwestfalen-Lippe - stehen die Fotografien von Arbeitern der Textil-, Ziegel- und Glasindustrie im Mittelpunkt.
Auf der Zeche Hannover in Bochum,
meine Damen und Herren,
ist ¿Kumpel Anton, St. Barbara und die Beatles¿ die Begleitausstellung. Eingebettet in die Kulturgeschichte der Region thematisiert die Ausstellung die Abkehr von überkommenen Heldenfiguren und die Suche nach neuen Leitbildern und Idolen im Ruhrgebiet der Nachkriegszeit.
Jede Epoche hat ihre eigenen Helden, ihre Leitbilder, ihre Idole. Welche Helden sich Kinder und Jugendliche heutzutage schaffen, können wir übrigens auch in der Henrichshütte Hattingen, in der sogenannten ¿Heldenwerkstatt¿ sehen.
Dort finden wir die Ergebnisse eines Projektes, an dem sich in den letzten Wochen und Monaten über 40 Schulen mit eigenen Arbeiten beteiligt haben.
Es liegt auf der Hand ¿ Kumpel Anton, St. Barbara und die Beatles stehen für die 50-er und 60-er Jahre des 20. Jahrhunderts, an die sich Jüngere aus eigenem Erleben nicht werden erinnern können, ich dagegen sehr wohl.
¿Kumpel Anton" erblickte am Barbaratag 1954 in einer Kolumne der WAZ das Licht der Welt und meldete sich danach etwa 25 Jahre lang in der Wochenendausgabe der Zeitung zu Wort. Es gab viele Leserinnen und Leser, die sich auf die wöchentliche Kolumne freuten. Die Figur ¿ Kumpel Anton - erreichte Kultstatus und wurde zu einer Symbolfigur des Reviers:
Sie steht für den bodenständigen und unprätentiösen, aber gleichwohl selbstbewussten Bergmann.
Für den Bergbau steht auch die zweite Titelheldin der Ausstellung, die Heilige Barbara. ¿Zugewandert¿ mit den Vertriebenen aus Oberschlesien machten dem Bergbau verbundene Kulturpolitiker in den 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts aus der katholischen Heiligen eine überkonfessionelle Schutzpatronin für alle Beschäftigten des Bergbaus.
Als Identifikationsangebot sollte sie Einheimische, Flüchtlinge und Vertriebene sowie Zuwanderer aus anderen Bundesländern auf der Grundlage einer gemeinsamen Kultur zusammenführen. Das hat, wie wir alle wissen, sehr gut funktioniert.
In den 60-er Jahren begann das große Zechensterben im Ruhrgebiet. 1966 machte beispielsweise der das gesamte Leben in meinem Stadtteil Gelsenkirchen-Erle bestimmende Pütt Graf Bismarck in dicht. Die Bedeutung der Heiligen Barbara trat damit hier wie anderswo in den Hintergrund. Zeitgleich betraten Rockmusiker die Bühne, die eine neue, für die damals ältere Bevölkerung ¿schockierende¿ Musik machten. Allein dadurch war die Musik für junge Menschen geeignet , sich von ihren Eltern und Ausbildern sowie deren ¿Helden¿ abzugrenzen.
Die Beatles stehen also stellvertretend für die große Gruppe der für Protest stehenden Musik- und Filmikonen Elvis Presley, James Dean, Rolling Stones ¿ um nur einige wenige zu nennen.
Die Titelhelden der Ausstellung ¿ Symbolfiguren, Identitätsangebote und neue Vorbilder ¿ markieren bestimmte Eckpunkte in der Kulturgeschichte des Ruhrgebiets.
Im Mittelpunkt der Schau stehen jedoch die Protagonisten dieser Kulturgeschichte:
Kulturschaffende aus dem Ruhrgebiet - Laienkünstler und Hobbysänger, Maler und Schriftsteller des Reviers.
Aber auch eine Reihe von Kulturpolitikern aus Bergbau, Gewerkschaften und aus den Kommunen des Ruhrgebiets.
Sie haben sich nicht als Helden verstanden ¿ und dennoch Außerordentliches geleistet.
Denn:
Sie haben dem bislang als kulturlos geltenden Industrierevier eine eigene, unverwechselbare kulturelle Identität gegeben. Das zeigt sich an der künstlerischen Aufwertung des Bergbaus, der sich die großen
¿ Zechengesellschaften verschrieben hatten, aber in besonderer Weise auch die in Bochum angesiedelte
¿ ¿Vereinigung der Freunde von Kunst und Kultur im Bergbau e.V.¿.
Es wird deutlich an der nachhaltigen Einführung des Themas ¿Arbeitswelt¿ in die Literatur, wie das die
¿ Dortmunder Gruppe 61 erreicht hat.
Auch die Maler der Gruppe
¿ ¿junger westen¿
entdeckten für sich die Industriekultur als Motiv.
Sie sehen,
meine Damen und Herren,
nicht nur der Titel der Ausstellung verspricht eine bunte Mischung; der Inhalt tut es auch. Ich erwähnte es bereits:
Wir dürfen auf den Vortrag von Dr. Dagmar Kift gespannt sein.
Mein besonderer Dank gilt den Gestalterinnen Anne Schäfer und Leona Ulikowski für die Umsetzung des Ausstellungskonzepts und für die Erstellung des Ausstellungskatalogs - sowie allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des LWL-Industriemuseums, die an der Realisierung beteiligt waren.
Ich möchte es auch nicht versäumen, mich im Namen des LWL ganz herzlich bei den zahlreichen Leihgebern zu bedanken, deren Objekte uns allen gleich einen überaus vielschichtigen Einblick in die Kulturgeschichte der Region vermitteln werden.
Abschließend ein herzliches Dankeschön für die musikalische Begleitung an die Mitglieder des ehemaligen Werksorchesters der Zechen Hannover-Hannibal.
Uns allen wünsche ich einen angenehmen Abend und viel Freude an der Ausstellung. Ich bedanke mich für ihre Aufmerksamkeit.
Ihnen und der Ausstellung ein herzliches Glückauf.
Pressekontakt:
Markus Fischer, LWL-Pressestelle, Telefon: 0251 591-235
presse@lwl.org
Der LWL im Überblick:
Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeitet als Kommunalverband mit 20.000 Beschäftigten für die 8,3 Millionen Menschen in der Region. Der LWL betreibt 35 Förderschulen, 21 Krankenhäuser, 18 Museen sowie zwei Besucherzentren und ist einer der größten deutschen Hilfezahler für Menschen mit Behinderung. Er erfüllt damit Aufgaben im sozialen Bereich, in der Behinderten- und Jugendhilfe, in der Psychiatrie und in der Kultur, die sinnvollerweise westfalenweit wahrgenommen werden. Ebenso engagiert er sich für eine inklusive Gesellschaft in allen Lebensbereichen. Die neun kreisfreien Städte und 18 Kreise in Westfalen-Lippe sind die Mitglieder des LWL. Sie tragen und finanzieren den Landschaftsverband, dessen Aufgaben ein Parlament mit 125 Mitgliedern aus den westfälischen Kommunen gestaltet.
Der LWL auf Facebook:
https://www.facebook.com/LWL2.0
zur Druckansicht dieser Seite
zu den aktuellen Presse-Infos