Mitteilung vom 16.11.09
Presse-Infos | Jugend und Schule
Indianer kennt doch Schmerz
Suchthelfer rücken Gesundheit von Männern ins Blickfeld
Münster (lwl). Männer sind kränker. Das belegen viele Zahlen. Wie dazu die Befunde von Suchthilfe-Profis lauten und was sie tun, um zumeist noch mannhaft verdrängte Probleme bewusst zu machen, erklärt Hans Meyer, Fachdezernent des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL).
Was diagnostizieren die Suchthilfe-Profis?
Meyer: Im Schlagwortkanon von ¿Identitätskrise¿, ¿Männerdämmerung¿ und ¿Männergesundheit¿ ist das Thema ¿Männlichkeit und Sucht¿ noch relativ jung. Doch Fachleute wissen, dass Männer zum Beispiel mehr rauchen und Alkohol trinken als Frauen. Männer essen auch weniger gesundheitsbewusst und gehen seltener zu Früherkennungsuntersuchungen. Sie leiden zweieinhalb Mal häufiger als Frauen an psychischen und Verhaltensstörungen, etwa durch Drogenkonsum. Bei einem so risikoträchtigen Lebenswandel wundert es meine Mitarbeiter von der LWL-Koordinationsstelle Sucht und mich kaum mehr, dass Männer im Schnitt sechs Jahre früher sterben als Frauen.
Was ist zu tun?
Meyer: Wir müssen auch in der Suchthilfe einen planvollen Umgang mit dem Thema ¿Geschlecht und Gesundheit¿ finden. Vor allem ¿ wie die eben genannten Vergleiche zeigen ¿ mit der Männergesundheit. Suchthilfeangebote müssen männerspezifischer, männergerechter werden. Zum Beispiel brauchen wir im ambulanten Bereich reine Männergruppen und im stationären Setting Einrichtungen mit Einheiten, die nur Männern vorbehalten sind.
Warum? Wollen Sie den mühsam realisierten Gleichberechtigungsgedanken wieder aushebeln?
Meyer: Nein. Es geht in der Suchtbehandlung um ein anderes, ein neu ausbalanciertes Mannsein. Männer sollten ihre Risikoeinsicht bewusst einüben, wie etwa die Sorge um sich selbst, Nachdenklichkeit, Entspannung und gezielte Grenzziehungen. Sie brauchen eine Neuausrichtung ihrer Rolle, sie brauchen die kritische Auseinandersetzung mit althergebrachten Anforderungen an das Mannsein: Das so genannte ¿starke Geschlecht¿ darf auch Schwäche zeigen, der Indianer kennt doch einen Schmerz. Bei diesem Umdenken, so zeigen uns Erfahrungen hierzulande und aus Nachbarländern wie etwa der Schweiz, kommen Hemmnisse und Probleme am nachhaltigsten zur Sprache unter seinesgleichen, in reinen Männergruppen eben.
Was tun Sie konkret?
Meyer: Im vergangenen Frühjahr haben wir für die Suchthilfelandschaft ¿ hier vor allem für unsere 850 ambulanten und stationären Suchthilfeeinrichtungen und ¿dienste in Westfalen-Lippe ¿ das bundesweit erste Handbuch mit dem Titel ¿Männlichkeiten und Sucht¿ herausgegeben. Mit dieser Arbeitshilfe, diesem Werkzeug können Suchttherapeuten Betroffenen helfen, ihr krank machendes Zerrbild von Männlichkeit zu überwinden. Jetzt setzen wir auf den elf Modulen dieses Handbuchs auf und erinnern unsere Kooperationspartner mit einer DIN-A-5-Karten- und Posterserie an diese vielbeachtete Richtschnur. Wir freuen uns, dass der renommierte Kommunikationsdesigner Rainer Stock, der Filme wie ¿Das Parfum¿ oder ¿Der Baader-Meinhof-Komplex¿ mitgestaltete, für uns elf ausdrucksstarke Grafiken kreiert hat ¿ etwa zu Aspekten wie ¿Lust und Frust der Männerrolle¿, ¿Cool und trinkfest¿, ¿Neue Väter braucht das Land¿ oder ¿Männerfreundschaften¿.
Mehr Infos/Bestellungen: http://www.maennersache-sucht.de
Pressekontakt:
Karl G. Donath, LWL-Pressestelle, Telefon: 0251 591-235
presse@lwl.org
Der LWL im Überblick:
Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeitet als Kommunalverband mit 20.000 Beschäftigten für die 8,3 Millionen Menschen in der Region. Der LWL betreibt 35 Förderschulen, 21 Krankenhäuser, 18 Museen sowie zwei Besucherzentren und ist einer der größten deutschen Hilfezahler für Menschen mit Behinderung. Er erfüllt damit Aufgaben im sozialen Bereich, in der Behinderten- und Jugendhilfe, in der Psychiatrie und in der Kultur, die sinnvollerweise westfalenweit wahrgenommen werden. Ebenso engagiert er sich für eine inklusive Gesellschaft in allen Lebensbereichen. Die neun kreisfreien Städte und 18 Kreise in Westfalen-Lippe sind die Mitglieder des LWL. Sie tragen und finanzieren den Landschaftsverband, dessen Aufgaben ein Parlament mit 125 Mitgliedern aus den westfälischen Kommunen gestaltet.
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