Mitteilung vom 09.11.09
Presse-Infos | Psychiatrie
Hände weg vom Lenkrad?
LWL-Experte: ¿Nachlassende Hirnleistung vermindert Fahrtauglichkeit¿
Münster (lwl). Freie Fahrt für freie Bürger? Ohne Ende? Selbst wenn sie schon hochbetagt und vielleicht nur noch eingeschränkt fahrtüchtig sind? Sei es wegen altersbedingt ¿normaler¿ Handicaps oder gar wegen einer ¿ meist schleichend beginnenden ¿ Demenz? Die demografische Alterung verlangt Antworten auf ein zunehmendes Autoverkehrsproblem. Dr. Tilman Fey, Neuropsychologe und gerontopsychiatrischer Chefarzt in der Klinik Münster des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) skizziert Ausmaße und Lösungswege:
?: Herr Dr. Fey, junge unerfahrene Autofahrer gelten bekanntlich als Risikogruppe. Was ist mit den Senioren?
Dr. Tilman Fey: Ältere Menschen ab 65 Jahren sind statistisch seltener in Verkehrsunfälle verwickelt als Menschen anderer Altersgruppen, weil sie wohl weniger und überwiegend passiver fahren. Wenn sie betroffen sind, sind die Folgen für sie aber oft gravierender. Das Risiko, tödlich zu verunglücken, ist größer. Die Unfallstatistik zeigt uns auch, dass Pkw fahrenden Senioren besonders häufig die Hauptschuld zukommt, wenn es gekracht hat.
?: Körperliche oder auch Sucht-Beeinträchtigungen werden durch medizinische Tests schnell offensichtlich. Wie steht es um geistige Veränderungen im Alter, etwa eine beginnende Demenz?
Dr. Tilman Fey: Um eine veränderte Hirnleistung zu erkennen, verwenden wir psychometrische Testverfahren zur Persönlichkeitsbeurteilung. Dies geschieht in Verbindung mit einem ausführlichen Patientengespräch zur Vorgeschichte, einer klinischen Untersuchung, bildgebenden Verfahren und ergänzenden Laboruntersuchungen. So lässt sich mit einer hohen Genauigkeit die Diagnose einer Demenz feststellen oder ausschließen. Für solche Demenzuntersuchungen gibt es spezialisierte Praxen oder Ambulanzen. Außerdem gibt es auch Testverfahren, die nicht die geistige Leistungsfähigkeit im Allgemeinen, sondern die Fahrtauglichkeit im Speziellen testen.
?: Wann sollte ein Demenzkranker nicht mehr hinter das Steuer?
Dr. Tilman Fey: Mittel- oder höhergradig an einer Demenz erkrankte Menschen sind sicher überhaupt nicht mehr fahrtauglich. Bei einer gerade beginnenden demenziellen Beeinträchtigung muss das noch nicht sein. Der Betroffene kann unter Beachtung bestimmter Verhaltensregeln weiter in der Lage sein, Auto zu fahren. Er sollte dann zum Beispiel nur am Tag und auf vertrauten Strecken fahren oder in Begleitung eines anderen. Das muss aber im Einzelfall sehr genau geprüft werden.
?: Wer prüft in diesem Fall?
Dr. Tilman Fey: Zur Überprüfung der eigenen Fahrtauglichkeit kann man sich an die verkehrsberatenden Stellen der örtlichen Polizei wenden, den TÜV oder an eine hierfür spezialisierte Fahrschule.
?: Was ist, wenn Betroffene das Problem nicht einsehen?
Dr. Tilman Fey: Mitmenschen, die offensichtlich nicht mehr sicher ein Auto fahren können, gleichzeitig wegen ihrer beeinträchtigten Hirnleistung diese Einschränkung für sich aber auch nicht einsehen können, hilft es oft wenig, wenn man sie wieder und wieder vorwurfsvoll mit den Problemen konfrontiert. Hier kann man sich übergangsweise verschiedener Kniffs bedienen: Womöglich ist der Schlüssel des Autos oder der Garage verloren gegangen und lässt sich auch unter Mithilfe aller nicht wiederfinden. Oder der Wagen lässt sich nicht starten, weil der Zweitschlüssel die Wegfahrsperre nicht überwinden kann. Als letzte Möglichkeit bleibt immer, sich an die Verkehrsaufsichtsbehörde zu wenden.
Pressekontakt:
Martin Holzhause, LWL-Pressestelle, Telefon: 0251 591-235
presse@lwl.org
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Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeitet als Kommunalverband mit 20.000 Beschäftigten für die 8,3 Millionen Menschen in der Region. Der LWL betreibt 35 Förderschulen, 21 Krankenhäuser, 18 Museen sowie zwei Besucherzentren und ist einer der größten deutschen Hilfezahler für Menschen mit Behinderung. Er erfüllt damit Aufgaben im sozialen Bereich, in der Behinderten- und Jugendhilfe, in der Psychiatrie und in der Kultur, die sinnvollerweise westfalenweit wahrgenommen werden. Ebenso engagiert er sich für eine inklusive Gesellschaft in allen Lebensbereichen. Die neun kreisfreien Städte und 18 Kreise in Westfalen-Lippe sind die Mitglieder des LWL. Sie tragen und finanzieren den Landschaftsverband, dessen Aufgaben ein Parlament mit 125 Mitgliedern aus den westfälischen Kommunen gestaltet.
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