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Mitteilung vom 24.11.08

Presse-Infos | Jugend und Schule

LWL-Themenvorschlag: Wenn Mütter selbst noch eine Mutter brauchen

LWL-Einrichtung verhindert, dass Kinder von jungen Eltern getrennt werden

Ibbenbüren (lwl). In der LWL-Einrichtung für Mütter, Väter und ihre Kinder in Ibbenbüren werden vor allem junge Mütter im Alter von 13 bis 17 Jahren betreut, die nicht allein für ihr Neugeborenes sorgen können. So wird verhindert, dass die Jugendlichen ihr Kind in ein Heim oder an Pflegeeltern abgeben müssen.

¿Ja, was hast du denn?¿, fragt die junge Mutter S. und nimmt ihren Sohn vorsichtig auf den Arm. Sie schmiegt ihr Gesicht an den drei Monate alten Säugling und küsst ihn zärtlich auf die Wange. Mit sicherem Griff legt sie ihn wieder auf den Wickeltisch und zieht ihm seinen kleinen Pullunder über den Kopf. Der Kleine schaut aufmerksam aus seinen dunklen Augen, er scheint sich wohl zu fühlen. Die junge Mutter und ihr Sohn sind ein gutes Team, das merkt man sofort, wenn man die beiden in ihrem hellen Zimmer beobachtet ¿ dabei ist die Georgierin selbst noch fast ein Kind. Als sie bemerkt, dass sie ein Baby erwartet, ist sie 16; den Sohn bekommt sie mit 17. Gemeinsam mit ihrem Sohn lebt sie in der LWL-Einrichtung für Mütter, Väter und ihre Kinder in Ibbenbüren.

Dort werden seit September 2006 im Auftrag von Jugendämtern vor allem junge Mütter aufgenommen, denen eine vernünftige Sorge um ihre Kinder aus verschiedenen Gründen nicht allein zugetraut wird. S. wollte wie die meisten Frauen nicht gerne in die Einrichtung, die zum LWL-Jugendheim Tecklenburg (Kreis Steinfurt) gehört. Sie wollte lieber allein leben. ¿Als die Geburt aber immer näher rückte, hatte ich ganz schön Angst vor der Zukunft¿, berichtet sie, die sich selbst als ¿schwieriges Kind während der Pubertät¿ bezeichnet.

Sie brauchte Ruhe, um ihr Kind zur Welt zu bringen und die ersten Monate in einem beschützten Umfeld aufwachsen zu lassen. Zu Hause hätte das nicht funktioniert: Mit ihrer Mutter, die S. auch schon mit 16 Jahren bekam, und ihrem Stiefvater versteht sie sich mittlerweile zwar wieder recht gut. Während der Schwangerschaft und zuvor aber war das Verhältnis nicht so harmonisch. Außerdem arbeiten beide Eltern, sodass eine Betreuung des Kindes kaum möglich schien. Zudem gab es Probleme mit dem Vater des Kindes und dessen Familie.

Das örtliche Jugendamt vermittelte das Mädchen drei Wochen vor der Geburt an die LWL-Einrichtung, in der acht Mädchen und Frauen mit ihren Kindern sowie eine werdende Mutter untergebracht werden können. ¿Das Kindeswohl steht im Vordergrund¿, betont Leiterin Silvia Halstenberg.

Nach einem eigens entwickelten Konzept betreuen die zwölf Mitarbeiterinnen die Mütter zwischen momentan 14 und 46 ¿ auch ältere werden für bis zu anderthalb Jahre aufgenommen, der Schwerpunkt liegt aber bei 13- bis 17-Jährigen. ¿Wir wollen die Mütter in die Lage versetzen, angemessen für ihr Kind zu sorgen¿, erklärt Silvia Halstenberg. Jeweils eine pädagogische Mitarbeiterin kümmert sich um die Mutter, eine Kinderkrankenschwester um das Kind. ¿Damit gewährleisten wir auch, dass es immer zwei Meinungen gibt.¿ Das ist umso wichtiger, wenn es um eine mögliche erzwungene Trennung von Mutter und Kind geht. Eine solche, zum Glück seltene schwerwiegende Entscheidung liege meist nicht an mangelnder Mutterliebe, fügt die 37-jährige Diplom-Pädagogin hinzu. ¿In diesen Fällen sind die Frauen einfach psychisch oder auch intellektuell nicht in der Lage, die Bedürfnisse des Kindes zu erkennen.¿

Bei S. sieht die Prognose hingegen gut aus, sagt ihre Bezugsbetreuerin Nicole Wilhelm. Die Diplom-Pädagogin begleitete die Jugendliche und ihren Sohn rund um die Uhr. ¿Wir haben sie bei der Geburtsvorbereitung unterstützt, mit ihr den Kreißsaal besucht und den Kontakt zur Hebamme aufgebaut¿, schildert sie die Wochen vor der Geburt. Anschließend musste sich die junge Mutter vier Wochen lang bei jedem Schreien, Stillen, Waschen und Wickeln des Kindes melden, um in der Anfangsphase direkt eine vernünftige Routine entwickeln zu können. ¿Sie hat ein großes Einfühlungsvermögen und die Aufgaben sehr natürlich umgesetzt¿, erklärt Nicole Wilhelm. In den weiteren acht Wochen lockerten sich die Kontrollen und die Betreuung.

S. hat die schwierige Aufgabe gut gemeistert. Wenige Monate nach der Geburt hat sie ein Praktikum wiederaufgenommen, das sie während ihrer Schwangerschaft begonnen hatte. Nicole Wilhelm traut ihr den Sprung in den Alltag zu. Die Jugendliche ist davon ebenfalls überzeugt. ¿Ich war früher ein bisschen ängstlich, aber seitdem mein Sohn da ist, traue ich mir viel mehr zu.¿ Sie freut sich auf ihre eigene Wohnung, auf ein Leben mit ihrem Sohn. Außerdem hat sie Pläne für die Zukunft. ¿Ich interessiere mich für Mode, deswegen möchte ich gerne Einzelhandelskauffrau werden und in einem Geschäft arbeiten¿, sagt sie. Zuvor will sie ihren Hauptschulabschluss nachholen. ¿Wenn ich den Kleinen dann regelmäßig zur Betreuung abgeben muss, wird mir das zwar schwer fallen¿, erzählt sie. ¿Aber nach all dem, was ich bisher durchgemacht habe, schaffe ich das auch.¿

Zum Thema:
Die LWL-Einrichtung für Mütter, Väter und ihre Kinder in Ibbenbüren gehört zum LWL-Jugendheim Tecklenburg ¿ eines von drei Heimen, in denen junge Menschen und ihre Familien ambulant, teilstationär und stationär betreut werden. Das LWL-Landesjugendamt, das für die 1,6 Millionen jungen Menschen in Westfalen-Lippe eintritt, unterstützt darüber hinaus Jugendämter und freie Träger der Jugendhilfe wie Verbände, Vereine und Kirchen. Es berät und bildet Beschäftigte und ehrenamtlich engagierte Menschen in der Kinder- und Jugendhilfe fort, finanziert Beratungsstellen und Familienbildungsstätten, Kindergärten und Kindertagesstätten sowie Projekte der Kinder- und Jugendhilfe.

Mehr Infos: http://www.lwl-landesjugendamt.de



Pressekontakt:
Markus Fischer, LWL-Pressestelle, Telefon: 0251 591-235
presse@lwl.org




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Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeitet als Kommunalverband mit 20.000 Beschäftigten für die 8,3 Millionen Menschen in der Region. Der LWL betreibt 35 Förderschulen, 21 Krankenhäuser, 18 Museen sowie zwei Besucherzentren und ist einer der größten deutschen Hilfezahler für Menschen mit Behinderung. Er erfüllt damit Aufgaben im sozialen Bereich, in der Behinderten- und Jugendhilfe, in der Psychiatrie und in der Kultur, die sinnvollerweise westfalenweit wahrgenommen werden. Ebenso engagiert er sich für eine inklusive Gesellschaft in allen Lebensbereichen. Die neun kreisfreien Städte und 18 Kreise in Westfalen-Lippe sind die Mitglieder des LWL. Sie tragen und finanzieren den Landschaftsverband, dessen Aufgaben ein Parlament mit 125 Mitgliedern aus den westfälischen Kommunen gestaltet.


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