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Mitteilung vom 05.08.08

Presse-Infos | Kultur

Ziegel für den Wiederaufbau ¿ die Bauindustrie in der Nachkriegszeit

LWL-Ausstellung in Lage erinnert an Bedeutung einer Schlüsselindustrie

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Lage (lwl). Stunde Null: Die meisten deutschen Großstädte lagen nach Kriegsende in Schutt und Asche. Der Wiederaufbau von Häusern und Industrieanlagen stand jetzt im Zentrum der Anstrengungen. Arbeitskräfte und Know how waren deshalb vor allem in der Baubranche gefragt. Schätzungsweise 160 Milliarden Mauerziegel wurden allein benötigt, um die zerstörten Städte wieder zu aufzubauen. Das Bau- und Baunebengewerbe entwickelte sich folglich zu einer Schlüsselindustrie: 1948 arbeiteten in diesem Bereich schon mehr als eine Million Menschen, darunter viele Flüchtlinge und Vertriebene. Ihren Beitrag zum Wiederaufbau würdigt der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) in der aktuellen Sonderausstellung ¿Aufbau West. Neubeginn zwischen Vertreibung und Wirtschaftswunder¿ in seinem Ziegeleimuseum in Lage.

Die Ingenieurschule in Lage (Technikum) reagierte schnell auf den Fachkräftemangel. Sie nahm als erste Ingenieurschule nach dem Krieg bereits 1948 den Lehrbetrieb wieder auf. Zu den ersten Studenten in Lage gehörten damals Siegfried Winkel und Ulrich Thater, die mit ihren Familien die Heimat in Ostpreußen und Oberschlesien verlassen mussten und im Westen einen Neuanfang wagten.

Ulrich Thater, 1930 als Sohn des Ziegeleibesitzers und Landwirtes Paul Thater in Neudims (Ostpreußen) geboren, floh Anfang 1945 zusammen mit seinem Vater über das Frische Haff nach Danzig und weiter über Stolp und die Insel Fehmarn nach Thüringen. In den ersten Nachkriegsjahren absolvierte er auf Anraten seines Vaters mehrere Praktika in Ziegelwerken, darunter auch bei den Dörentruper Ton- und Sandwerken. Von 1950 bis 1953 studierte er an der Ingenieurschule in Lage im Fachbereich Grobkeramik. Nach seinem Ingenieursexamen wurde er mit der Betriebsleitung der Ziegel- und Betonwerke Lücking in Paderborn beauftragt. 1957 heiratete er in das Unternehmen ein, das unter seiner Führung in den Folgejahren weiter expandierte. Einige Jahre später erwarb Ulrich Thater das Dachziegelwerk in Bonenburg bei Paderborn. 1972 verlegte er die komplette Produktion des Paderborner Stammwerkes nach Bonenburg und erweiterte die Produktpalette um Betonfertigteile. Heute führt sein Sohn den Betrieb weiter.

Auch Siegfried Winkel, 1926 in Eilenburg (Sachsen) geboren, trat in die Fußstapfen seines Vaters, dem Ziegelei-Ingenieur und Betriebsleiter Georg Winkel. Siegfried Winkel wurde 1944 zum Kriegsdienst eingezogen und geriet in Gefangenschaft. Nach seiner Freilassung fand er mit Hilfe des Suchdienstes des Deutschen Roten Kreuzes seine Familie wieder, die - aus ihrer Heimat in Oberschlesien vertrieben - auf einem Bauernhof bei Hamburg untergebracht war. Auch Siegfried Winkel absolvierte einige Praktika auf Ziegeleibetrieben, bevor er 1948 sein Studium in Lage aufnahm. Als frisch gebackener Ingenieur wurde ihm 1951 die Leitung der Ziegelei Flucke in Mielsdorf übertragen, um schon bald darauf die Ziegelei Westerholz in Rotheburg Wümme zu übernehmen. 1960 übernahm er die Betriebsleitung der Ziegelei Steding in Sottrum. ¿Hier konnte ich ein komplettes neues Ziegelwerk planen und realisieren, diese einmalige Chance musste ich ergreifen¿, so Winkel über sein neues Aufgabenfeld. Siegfried Winkel leitete das Werk bis zu seiner Pensionierung im Jahr 1990.

Aufbau West ¿ Neubeginn zwischen Vertreibung und Wirtschaftswunder
bis 21.09.2008
LWL-Industriemuseum
Ziegeleimuseum in Lage
Sprikernheide 77 I 32791 Lage
Geöffnet Di ¿ So 10 ¿ 18 Uhr



Pressekontakt:
Christiane Spänhoff, LWL-Industriemuseum, Tel. 0231 6961-127 und Markus Fischer, LWL-Pressestelle, Tel. 0251 591-235
presse@lwl.org




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Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeitet als Kommunalverband mit 20.000 Beschäftigten für die 8,3 Millionen Menschen in der Region. Der LWL betreibt 35 Förderschulen, 21 Krankenhäuser, 18 Museen sowie zwei Besucherzentren und ist einer der größten deutschen Hilfezahler für Menschen mit Behinderung. Er erfüllt damit Aufgaben im sozialen Bereich, in der Behinderten- und Jugendhilfe, in der Psychiatrie und in der Kultur, die sinnvollerweise westfalenweit wahrgenommen werden. Ebenso engagiert er sich für eine inklusive Gesellschaft in allen Lebensbereichen. Die neun kreisfreien Städte und 18 Kreise in Westfalen-Lippe sind die Mitglieder des LWL. Sie tragen und finanzieren den Landschaftsverband, dessen Aufgaben ein Parlament mit 125 Mitgliedern aus den westfälischen Kommunen gestaltet.


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