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Mitteilung vom 16.07.08

Presse-Infos | Kultur

Eine Schlafstätte mit Geschichte

Ausstellung ¿Aufbau West¿ zeigt ausgewählte ¿Spuren des Neubeginns¿

Bewertung:

Lage/Münster (lwl). Auch nach fast 60 Jahren scheint das hölzerne Gestell des amerikanischen Feldbettes noch recht stabil und der Bezug aus olive-farbenem Leinen kräftig. Das sollte auch so sein, denn das Bettlager aus dem Jahr 1948 diente bei Käthe und Fritz Tempel aus Münster viele Jahre als Schlafstätte für Besucher. Derzeit müssen sich Gäste im Hause Tempel aber mit einer anderen Bettstatt begnügen: Das Feldbett ist eines von zahlreichen Objekten, die der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) in der Sonderausstellung ¿Aufbau West¿ über den Neubeginn zwischen Vertreibung und Wirtschaftswunder im LWL-Ziegeleimuseum in Lage (Kreis Lippe) präsentiert.

Im Mittelpunkt dieser Ausstellung stehen die Leistungen und Erfahrungen der Flüchtlinge und Vertriebenen aus dem Osten und der Sowjetischen Besatzungszone, die zwischen 1945 und 1961 mit Arbeitskraft, Know-how und Unternehmergeist zum Wiederaufbau im Westen beitrugen.

Mehrere Hundert Objekte und Fotos ¿ darunter auch das Feldbett ¿ erinnern an den Neubeginn und dokumentieren über 30 Familien- und Betriebsgeschichten.

Der Kauf des Feldbettes 1948 in Hamburg war Ergebnis einer glücklichen Familienzusammenführung. Während des Krieges hatten sich die Tempels aus den Augen verloren, weil Käthe Tempel mit dem gemeinsamen Sohn im Februar 1945 aus dem ostpreußischen Königsberg nach Dänemark floh, während ihr Mann noch als Soldat im Einsatz war.

Zwar hatte die kleine Familie vorab die Wohnung eines Verwandten in Hamburg als gemeinsamen Treffpunkt ¿nach dem Krieg¿ ausgemacht. Hierher schaffte es zunächst aber nur Fritz Tempel, nachdem er im Juni 1945 aus russischer Gefangenschaft entkommen war. Versuchte Kontaktaufnahmen zwischen den Eheleuten über das Rote Kreuz schlugen fehl. Erst 1947 erreichte die Verwandtschaft in Hamburg ein Brief von Käthe Tempel und sogleich konnte Fritz Tempel über die Lebensnachricht von seiner Frau benachrichtigt werden.

Noch ein gutes Jahr lang mussten sich die Eheleute aber mit einem Briefwechsel zufrieden geben, denn es bestand ein Zuzugsverbot für Hamburg. Erst im April 1948 konnten Käthe Tempel und Sohn Joachim das Internierungslager in Dänemark verlassen und nach Hamburg reisen.

Durch die Familienzusammenführung wurde es eng im Behelfsquartier von Fritz Tempel. Weil Platz und Möblierung nicht ausreichten, investierte die junge Familie nach der Währungsreform 1948 ihre ersten D-Mark in ein neues Bett. Für 9,90 DM kaufte sie in Hamburg ein amerikanisches Feldbett, das in den folgenden Jahren als zweites Bett genutzt wurde.

Auch nach dem Umzug nach Appelhülsen/Münster im Jahr 1953 verlor das Feldbett für Käthe und Fritz Tempel nicht an Bedeutung. Immer wieder wurde es als zusätzliches Besucherbett hervorgeholt und damit gleichzeitig die Erinnerung an die glückliche Familienzusammenführung in Hamburg aufgefrischt.

Besucher des LWL-Ziegeleimuseums können das Feldbett noch bis September 2008 in der Sonderausstellung ¿Aufbau West¿ sehen. Hier steht es mit weiteren Exponaten wie einem Etagenbett und einem Ofen in der Nachbildung eine Notunterkunft.

Aufbau West ¿ Neubeginn zwischen Vertreibung und Wirtschaftswunder
bis 21.09.2008
LWL-Industriemuseum
Ziegeleimuseum in Lage
Sprikernheide 77 I 32791 Lage
Geöffnet Di ¿ So 10 ¿ 18 Uhr



Pressekontakt:
Christiane Spänhoff, LWL-Industriemuseum, Telefon: 0231 6961-127 und Frank Tafertshofer, LWL-Pressestelle, Telefon: 0251 591-235
presse@lwl.org




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