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Mitteilung vom 27.06.08

Presse-Infos | Kultur

Neue Erkenntnisse über das ehemalige Kloster Vallis Dei

LWL veröffentlicht eine interdisziplinäre Publikation

Bewertung:

Höxter (lwl). Sechs Jahre lang hat ein Grabungsteam des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) das ehemalige Zisterzienserinnenkloster Vallis Dei in Höxter-Brenkhausen (Kreis Höxter) archäologisch untersucht. Jetzt legt die LWL-Archäologie für Westfalen die umfassende Auswertung der Grabungsergebnisse in dem Buch (¿Das ehemalige Zisterzienserinnenkloster Vallis Dei in Brenkhausen im 13. und 14. Jahrhundert¿) vor.

¿Brenkhausen steht in Verbindung mit einer monastischen Entwicklung, die seit dem zweiten Viertel des 13. Jahrhunderts in Westfalen zu beobachten ist¿, erklärt die Direktorin der LWL-Archäologie, Dr. Gabriele Isenberg. ¿In rascher Folge entstanden unter der Förderung geistlicher Territorialherren zahlreiche Zisterzienserinnenklöster für die Töchter der vor allem in den Städten ansässigen minderen Adels- und Bürgerfamilien.¿

¿Der Bedarf an einem solchen Frauenkloster war auch in Höxter groß, da diese Stadt stark wuchs und in ihr die Gruppe der Bürger und niederen Adeligen. Die bestehenden Frauenstifte und Klöster der Region waren jedoch dem Hochadel vorbehalten¿, ergänzt die Archäologin und Autorin Dr. Margit Mersch.

Das 1246 erstmals erwähnte Zisterzienserinnenkloster Vallis Dei wurde vom Corveyer Abt als geistlichem Territorial- und Stadtherren ins Leben gerufen. Es war die jüngste Einrichtung der Reichsabtei Corvey. Von dem heutigen Gebäudekomplex stammen die Kirche und der Ostflügel des Klausurgebäudes im Wesentlichen noch aus der Gründungszeit im 13. Jahrhundert, was eine Seltenheit ist. Die übrigen Teile des Klosters sind aus dem 18. Jahrhundert.

Hintergrundinformationen
Architektur


In zehn Grabungskampagnen zwischen 1989 und 1995 untersuchte Dr. Margit Mersch den ursprünglichen mittelalterlichen Baubestand des Klosters. Besonders auffällig, weil im 13. Jahrhundert altertümlich wirkend, ist die dreischiffige romanische Kirche. Vergleichbare Nonnenklöster verfügten über einschiffige Saalkirchen im gotischen Stil. Das Äußere der Kirche wirkt streng und schlicht. Der Innenraum ist von großen ungeschmückten Wandflächen, schlichten Arkaden und sehr wenig Bauschmuck geprägt. ¿Auf diese Weise wirkt er erhaben und zugleich karg. Jeder Gläubige sollte die Kirche aufgrund dieser Architektur sofort als zisterziensisch erkennen. In einer Phase, in der überall Frauenkonvente von unterschiedlicher religiöser und sozialer Ausrichtung und Anbindung entstanden, demonstrierte die Klosterkirche in Brenkhausen durch ihre Architektur also bewusst ihre Ordenszugehörigkeit¿, bewertet Mersch diesen Befund. Bezeichnender Weise wurden nicht nur die Kirche, sondern auch Teile des Klausurgebäudes einem Zisterziensermönchskloster nachgebildet. Wohn- und Arbeitsgebäude waren als zwei- bis dreiflügelige Anlage um einen exakt quadratischen Kreuzgang geplant worden. Aufgrund von zwei aufeinander folgenden Bränden kam es zu kleineren Planänderungen, und weil zunächst wohl nur wenige Laienschwestern im Kloster lebten, erhielt Vallis Dei anfänglich keinen Westflügel. Erst um 1320 wurde ein Westflügel errichtet, der sich in seiner Bauweise von den übrigen Gebäuden unterscheidet.

Gründung des Klosters und Herkunft der Nonnen
Die Autorin Margit Mersch hat neben den Funden und Befunden aus den Ausgrabungen rund 300 mittelalterliche Urkunden und Akten zu Rate gezogen, um die Gründungsumstände und das soziale Umfeld des Konvents zu klären.
Demnach ist das Kloster in Brenkhausen aus sozialpolitischen und religionspolitischen Motiven von geistlichen Herren entstanden. Sie gründeten es in enger Zusammenarbeit mit dem Zisterzienserorden.
Den Anstoß zu der sich über zwölf Jahre hinziehenden Klostergründung gab eine Kalandsbruderschaft. Diese religiöse Vereinigung aus Geistlichen und Laien wollte ihr Ottbergener Hospital in ein Zisterzienserinnenkloster umwandeln, um den Töchtern der städtischen Oberschichten Ausbildungs- und Konventsplätze zu bieten. Ohne deren Stiftung wäre die Klostergründung nicht möglich gewesen, da die Eintrittsschenkungen der Nonnen hierfür nicht ausgereicht hätten.

Ein sehr großes Mitspracherecht im Kloster Vallis Dei hatte sein Mitgründer, Abt Hermann von Corvey. Durch die Gründung für die Töchter der Bürger seines Herrschaftsbereiches versuchte er die Familien jener Frauen sowohl religiös als auch politisch an sich zu binden.
Das Kloster war ursprünglich für 30 bis 40 Nonnen angelegt. Da in den ersten Jahren Zisterzienserinnen aus einem bereits etablierten Kloster die wichtigsten Ämter besetzten blieben noch mindestens 20 Plätze für Frauen aus den einheimischen Familien. Im 16. Jahrhundert gab es nur noch sieben Nonnen hier. 1601 wurde das Zisterzienserinnenkloster in ein Benediktinerinnenkloster umgewandelt.

Margit Mersch, Das ehemalige Zisterzienserinnenkloster Vallis Dei in Brenkhausen im 13. und 14. Jahrhundert. Denkmalpflege und Forschung in Westfalen 45 (Mainz 2007). 350 S. mit 184 Abb. und 1 Beilage. ISBN 978-3-8053-3884-4. 35 ¿.



Pressekontakt:
Stefanie Mosch, LWL-Museum für Archäologie, Tel.: 0251 5907-264 und Frank Tafertshofer, LWL-Pressestelle, Telefon: 0251 591-235
presse@lwl.org




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