LWL-Newsroom

Mitteilung vom 07.05.08

Presse-Infos | Kultur

Verspotten und feiern:

Pfingstbräuche in Westfalen

Bewertung:

Westfalen (lwl). War Pfingsten früher in einigen Teilen Westfalens ein frohes Fest mit einem Umzug, wurden in anderen westfälischen Gegenden die "Spätaufsteher" unter Mägden, Knechten und sogar Kühen verspottet. Das kirchliche Fest zum Ende der Osterzeit, das vielerorts auch mit Prozessionen gefeiert wurde, war von sehr unterschiedlichen Bräuchen begleitet, wie Sonja Böder, Volkskundlerin beim Landschaftsverband Westfalen-Lippe
(LWL) berichtet.

Im Siegerland und im Wittgensteiner Land gab es einen "Heischebrauch", bei dem einer der Jungen als "Pfingstlümmel" eine wichtige Rolle spielte: Er wurde so in Buchenlaub eingebunden, dass er nichts mehr sehen konnte und von zwei anderen Jungen geführt werden musste. Außenstehende sollten den "Pfingstlümmel" nicht erkennen. Seine beiden Begleiter trugen mächtige Knüppel und sagten "Wir kommen gegangen, mit Stangen und Brangen. Und haben einen wilden Mann gefangen, der nicht gut gehen kann. Drum gebt ihm eine kleine Gabe, woran er sich labe." Der "Pfingstlümmel" wurde wie ein Tanzbär herumgeführt und musste obendrein noch Kunststückchen machen.

Spätaufsteher hatten in der Gegend um Lüdenscheid (Märkischer Kreis) an Pfingsten wenig zu lachen: "Das Mädchen, das am Pfingstmorgen zuletzt das Vieh aus dem Stall trieb, wurde als 'Pinkesbrut' verlacht: Wo sie sich an den Pfingsttagen auch zeigte, war sie dem Gespött der Jugendlichen ausgesetzt", nennt Böder einen der Bräuche, die von Faulheit abhalten sollten. Die Expertin von der Volkskundlichen Kommission des LWL zitiert einen der Sprüche, den sich die Leidtragende anhören musste: "Pinkesbrut, fule Hut, kom'st nit ut diäm Berre rut, wär'st du frögger opestoahn, wöü'ert di jetz biäter goahn!" (Pfingstbraut, faule Haut, kommst nicht aus dem Bett heraus, wärst du früher aufgestanden, würde es dir jetzt besser gehen). Den Langschläfern unter den Knechten erging es nicht besser: Sie wurden "Pinkesvoß" oder "Pinkelhammel" genannt. Sogar die Kühe und Ochsen, die zuletzt auf der Weide ankamen wurden das ganze Jahr "Pinkeskauh" und "Pinkesosse" gerufen.

Im südwestlichen Münsterland war es dagegen eine
besondere Auszeichnung, als "Pfingstbraut" den Pfingstumzug der Kinder anzuführen: "Zwischen Bocholt und Lüdinghausen zogen die Kinder als Hochzeitsgesellschaft durch die Straßen. Dabei gingen meist ein Mädchen als Braut und ein Junge als Bräutigam unter einem Blumenbogen vor ihrem großen Gefolge durch die Nachbarschaft", schildert Böder einen weiteren Pfingstbrauch. Dieser Brauch, bei dem die Kinder um Süßigkeiten heischten, war in den Baumbergen (im Münsterland) und im Tecklenburger Land unter dem Namen "Pingstebloom" bekannt.

Ähnliche Heischegänge gab es in ganz Westfalen: Im Mindener Raum trugen die Kinder dabei einen Pfingstkranz, der nicht nur mit Blumen und bunten Papierstreifen, sondern auch mit angemalten Eiern und einem Hahn geschmückt war.

In Ravensberg und Lippe nannte man diesen Umzug deshalb auch "Eiersingen". In Willebadessen-Borlinghausen (Kreis Höxter) zogen Mädchen und Jungen getrennt als "Nünneken" (Nönnechen) und "Pötterken" (Päterchen).



Pressekontakt:
Markus Fischer, LWL-Pressestelle, Telefon: 0251 591-235
presse@lwl.org




Der LWL im Überblick:
Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeitet als Kommunalverband mit 20.000 Beschäftigten für die 8,3 Millionen Menschen in der Region. Der LWL betreibt 35 Förderschulen, 21 Krankenhäuser, 18 Museen sowie zwei Besucherzentren und ist einer der größten deutschen Hilfezahler für Menschen mit Behinderung. Er erfüllt damit Aufgaben im sozialen Bereich, in der Behinderten- und Jugendhilfe, in der Psychiatrie und in der Kultur, die sinnvollerweise westfalenweit wahrgenommen werden. Ebenso engagiert er sich für eine inklusive Gesellschaft in allen Lebensbereichen. Die neun kreisfreien Städte und 18 Kreise in Westfalen-Lippe sind die Mitglieder des LWL. Sie tragen und finanzieren den Landschaftsverband, dessen Aufgaben ein Parlament mit 125 Mitgliedern aus den westfälischen Kommunen gestaltet.


Der LWL auf Facebook:
https://www.facebook.com/LWL2.0






Ihr Kommentar




zur Druckansicht dieser Seite

zu den aktuellen Presse-Infos