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Mitteilung vom 09.04.08

Presse-Infos | Kultur

Kirchturm als expressionistisches Bollwerk

¿Alles wird Kunst sein ...¿: 100 Jahre LWL-Landesmuseum

Münster (lwl). In einer umfassenden Jubiläumsausstellung präsentiert das LWL-Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte in Münster bis zum 15. Juni ein Jahrhundert seiner ereignisreichen Geschichte. Die Ausstellung "Alles wird Kunst sein ..." im Museum des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) spiegelt anhand von bedeutenden Gemälden wider, wie sich die Sammlung von 1908 bis heute entwickelt hat: von Werken des Mittelalters über Renaissance und Barock bis hin zur Kunst der Moderne und Gegenwart. In einer Serie stellt der LWL ausgewählte Exponate der Ausstellung vor.

¿Schmale Gassen, alte Fachwerkhäuser und monumentale Kirchen - Soest galt zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Künstlerkreisen als der Prototyp einer mittelalterlichen Stadt¿, sagt der Kurator der Sonderausstellung, Dr. Gerd Dethlefs. Daher sei es nicht verwunderlich, dass auch der Mitbegründer der expressionistischen Künstlergruppe ¿Brücke¿, Karl Schmidt-Rottluff (1884 - 1976), 1921 in die westfälische Provinzstadt reiste. Ein Ergebnis dieses Aufenthaltes ist sein ¿Patroklusturm¿ von 1922. Das Gemälde hängt im so genannten ¿Raum der Superlative¿: Dort wird eine Auswahl der schönsten und wichtigsten Gemälde der Sammlung gezeigt - vom Meister von Liesborn über Ludger tom Ring bis hin zu Max Liebermann und Morris Louis.

In dem Werk ¿Patroklusturm¿ reduziert Karl Schmidt-Rottluff den romanischen Kirchenbau St. Patrokli auf seinen massiven Westbau mit Turm. Dunkelrote und blaue Farbareale umschließen von außen den mächtigen Domturm, der wuchtig in den Himmel ragt. Fast jeder einzelne Pinselstrich ist bei dem Bild herauszulesen. Jedoch entsteht dadurch nicht die für Künstler der ¿Brücke¿ typische Dynamik, vielmehr führen die Bewegungen hier zu einer Schließung. ¿Der Turm wird zu einem Bollwerk, das die Außenwelt abschirmt. Dieser Ausdruck der Geschlossenheit lehnt sich an mittelalterliche Darstellungen an, von denen Schmidt-Rottluff bei seinem Soest-Aufenthalt umgeben war¿, so Dr. Erich Franz, der am Landesmuseum die Kunst der Klassischen Moderne betreut.

Schmidt-Rottluff verstärkt die Massivität des Turms, indem er ihn nach oben hin - entgegen der Regeln der Perspektive - leicht verbreitert und einen engen Bildausschnitt wählt. Die groben, gelb-braunfarbigen Schraffuren des Gebäudes betonen zudem seine Wuchtigkeit. Unterschiedliche Lichtquellen von der rechten und linken Seite scheinen den Patroklusturm anzustrahlen, während bei den umstehenden Gebäuden jegliche Strukturmerkmale fehlen. Dadurch wird die Domkirche weitgehend aus der innerstädtischen Situation isoliert.

Eine besondere Anziehungskraft übte die älteste Grünsandstein-Kirche Soests nicht nur auf Schmidt-Rottluff aus: Schon andere Künstlerkollegen wie Christian Rohlfs und Emil Nolde, hatten das Motiv zuvor für sich entdeckt. Schmidt-Rottluffs Westfalen-Reise führte ihn neben Soest auch nach Paderborn und ins Sauerland. Zu den Erträgen gehören Gemälde, wie das 1955 vom LWL-Landesmuseum erworbene Werk ¿Patroklusturm¿, aber auch mehrere Aquarelle und großformatige Holzschnitte.



Pressekontakt:
Christina Henneke, Telefon 0251 5907-209, christina.henneke@lwl.org und Frank Tafertshofer, Telefon 0251 591-235
presse@lwl.org




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