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Mitteilung vom 01.12.06

Presse-Infos | Der LWL

Verborgener Heiliger, Totentanz und spätbarocke Graffiti:
LWL gibt Buch über die Kirche St. Johannes Baptist in Warburg heraus

Bewertung:

Warburg (lwl). Als die Kirchengemeinde St. Johannes Baptist in Warburg (Kreis Höxter) 2004 das Dach der alten Sakristei ihrer mittelalterlichen Pfarrkirche reparieren und den Innenanstrich des Chorraums erneuern lassen wollte, sah alles nach denkmalpflegerischer Routine aus. Doch hinter dem Chorgestühl machten die Denkmalpfleger des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) eine spektakuläre Entdeckung: Sie fanden eine gemalte Darstellung des heiligen Christophorus und Fragmente eines gedruckten Totentanzes. Schnell wurde ihnen klar, dass die Funde aus dem 15. Jahrhundert überregionale Bedeutung haben. Deshalb gründeten sie eine Arbeitsgruppe aus Bauforschern, Kunsthistorikern, Restauratoren, einer Historikerin und einer Germanistin, um den Fund zu erforschen. Die Ergebnisse dieser zweijährigen Arbeit hat der LWL jetzt in Form eines Buches herausgegeben, das sich nicht nur an Wissenschaftler, sondern auch an interessierte Laien und Kirchenbesucher richtet.

¿Zur denkmalpflegerischen Arbeit gehört es nicht nur zu restaurieren. Eine wichtige Aufgabe ist es auch, zu forschen und die Ergebnisse zu veröffentlichen. Das gilt umso mehr, wenn das Denkmal bisher unbekannt gewesen ist, wie das spätgotische Wandgemälde in der Kirche St. Johannes Baptist¿, erklärte LWL-Kulturdezernent Prof. Dr. Karl Teppe bei der Buchvorstellung am Freitag (01.12.) in Warburg.

Dass die Wandgemälde entdeckt worden sind, ist ein Zufall, denn bei den Restaurierungsarbeiten ging es eigentlich um einen neuen Anstrich. Als das Chorgestühl einem Gerüst weichen musste, fanden die Restauratoren dahinter ¿ein überaus farbfrisches Wandgemälde des heiligen Christophorus, das eines der am besten erhaltenen Zeugnisse spätgotischer Wandmalerei in Westfalen ist¿ wie Dr. Ursula Quednau, kommissarische Leiterin des LWL-Amtes für Denkmalpflege in Westfalen, betonte. Außerdem kamen kolorierte Holzschnitt-Fragmente eines Totentanzzyklus, die im 15. Jahrhundert auf den Putz der Chorwand geklebt worden waren, zum Vorschein. Dabei handelt es sich um den Heidelberger Totentanz von 1485/88, jedoch nicht um den bekannten doppelseitigen Buchdruck, sondern um bisher völlig unbekannte Einblattdrucke.

Die dritte Überraschung erlebten die LWL-Denkmalpfleger auf dem Dachboden: Sie stellten fest, dass über der alten Sakristei schon früher genutztes Bauholz wiederverwendet worden war. ¿So wissen wir jetzt mehr über die Abfolge und die sich mit der Zeit wandelnde Gestalt des Kirchendaches und damit über die Baugeschichte der Kirche¿, so Quednau.

Diese drei Neuentdeckungen stehen im Mittelpunkt des 185 Seiten starken Buches im DIN A4-Format, das sich nicht nur an Fachleute, sondern auch an kunsthistorisch interessierte Laien und Kirchenbesucher richtet. Die Beiträge in dem Buch, die zum großen Teil von LWL-Denkmalpflegern geschrieben worden sind, beschäftigen sich auch mit der Entstehungsgeschichte der Neustadtpfarrei und der Kirche St. Johannes Baptist. Weitere Schwerpunkte sind die Skulpturen im Chorraum, die Quednau zu den Hauptwerken der Plastik in Westfalen im 15. und frühen 16. Jahrhundert zählt, das 1524 entstandene Chorgestühl und die gestalterischen Leistungen des 19. Jahrhunderts, zu denen die Farbverglasungen der hohen Chorfenster gehören. Dass die heute allgegenwärtigen Graffiti bereits eine lange Tradition haben, zeigt der Beitrag von Dr. Helga Giersiepen von der Arbeitsstelle Inschriften der nordrhein-westfälischen Akademie der Wissenschaften. Sie hat die zahllosen Graffiti des 15. und 16. Jahrhundert an den Chorwänden und des 16. bis 19. Jahrhundert am Chorgestühl ausgewertet.

¿Den Druck des Buches haben das NRW-Bauministerium, der Museumsverein Warburg, die Stadt Warburg und die katholische Kirchengemeinde St. Johannes Baptist sowie der LWL finanziell ermöglicht. Der LWL hat außerdem die gesamten Personalkosten getragen, die Autoren der externen Beiträge haben auf ein Honorar verzichtet. Deshalb können Interessierte das Buch kostenlos bei der Kirchengemeinde, im Stadtmuseum sowie beim LWL-Amt für Denkmalpflege (Tel.: 0251/591 4061 oder 4067) bekommen. Sie werden jedoch um eine freiwillige Spende für kulturelle Zwecke gebeten¿, so Teppe.



Pressekontakt:
Markus Fischer, Tel. 0251 591-235
presse@lwl.org




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